Die Pandemie hat viele Sachen in unserer Welt komplizierter gemacht, vor allem große Menschenansammlungen. Für Großveranstaltungen wie Festivals und Messen war das eine Katastrophe und einige haben damit sicher auch ihr Ende gefunden. Auch im Gaming-Business sind die Veranstaltungen nicht verschont geblieben. Die Gamescom in Köln ist nach den Besucherzahlen immer als größte Videospielmesse der Welt betitelt. Daher war es logisch, dass sich hier wahrscheinlich etwas ändern muss, wenn sie 2022 wieder stattfindet. Abgesehen von einem kleinen Rückgang der BesucherInnen und einigen Leuten mit Masken, war davon aber nicht viel zu merken. Ich war für das Dispositiv bei der Messe und im Vergleich zu 2019 hat sich tatsächlich wenig geändert. Es hat sich so wie vorher angefühlt oder jedenfalls so ähnlich. Was ich genau damit meine, wie ich die Messe empfand und was meine (Gaming-)Highlights waren, erfahrt ihr im Folgenden.

2019 war ich ebenfalls für das Dispositiv mit einem Presseausweis für die Gamescom akkreditiert. Da ich dieses Jahr aber nicht allein angereist bin, habe ich mich aus Solidarität dazu entschieden, die Messe trotzdem wie ein normaler Besucher zu erleben. Ich stand also auch in Schlangen für Spiele an und habe die laufenden Massen immer mitbekommen. Obwohl es zwar im Vergleich zu vor drei Jahren etwas weniger BesucherInnen waren, waren manche Hallen doch sehr gut gefüllt. Vor allem am Wochenende und in der Merchandise Halle war der Andrang groß. Mit zwei Etagen und Gaming-, aber meist Anime- und Mangaprodukten haben mich die Stände auch sehr interessiert. Es hat sich wieder wie ein kleines Wunderland angefühlt, das das Weebherz höher schlagen und den Geldbeutel bluten lässt. Nachdem ich alles durchforstet habe und mit dem eingedeckt war, was ich wollte, konnte ich mich vollkommen auf die Hauptsache der Gamescom konzentrieren: Die Games.

Einer der vielen Merchandise Stände aus Halle 5

Und schon im Vorfeld war leider klar, dass bei den Games dieses Jahr etwas anders ist als bei sonstigen Gamescom Messen. Schon früh haben einige große Publisher und Entwickler, wie Sony, Nintendo, Square Enix oder Electronic Arts (EA), komplett abgesagt. Daran gingen bestimmt auch einige Ticketkäufe verloren. Aber auch, wenn alle Spiele dieser großen Namen auf der Messe fehlten, gab es immer noch genug, die man anspielen und ausprobieren konnte. Xbox füllte einen Großteil seiner Halle und hat viele Anspielstationen für alle möglichen aktuellen und kommenden Game Pass-Spiele bereitgestellt. Sega hat vor allem ihre wohl bekannteste Marke – Sonic – mit dem neuen Open-World Ableger Frontiers vorgestellt. Und Bandai Namco hat mit One Piece Odyssey wieder ein Animespiel am Start gehabt. Um im Genre zu bleiben, waren auch Genshin Impact und sein neuer Gacha-Game-Konkurrent Tower of Fantasy vertreten. Des Weiteren gab es aufgrund der Abwesenheit von einigen Big Playern auch massig Indie Games, die somit mehr das Rampenlicht genießen konnten. Für eine detaillierte Liste aller ausgestellten Spiele, könnt ihr hier mal vorbeischauen.

Der One Piece Odyssey Stand

Jetzt geht es mal zu den Spielen, die ich anspielen konnte. Zum einen hab ich One Piece ausprobiert und fasse mich hier mal kurz. Auch wenn mit einem rundenbasierten JRPG-Ansatz mal was komplett anderes mit der größten Manga-IP aller Zeiten versucht wird, fühlt es sich leider doch wieder wie ein halbgares Animespiel aus dem Hause Bamco an. Ein Schicksal, dass traurigerweise viele Anime-Games trifft und sie etwas herzlos wirken lässt. Bis auf die typisch makellose japanische Synchro und einem sich etwas frisch anfühlenden Kampfsystem für One Piece, war hier leider nicht viel beeindruckendes zu sehen. Positiver hat mich hier jedoch der Tik Tok-Stand überrascht. Und das nicht wegen Tik Tok, aber aus irgendeinem Grund waren hier viele Gaming-Stationen mit allerlei Spielen, bei denen man an den Hauptständen für die gleichen Spieldemos viel länger hätte anstehen müssen. Und einige Spiele gab es tatsächlich nur hier zu spielen. So zum Beispiel auch ein Must-Play für mich: Street Fighter 6. Zu spielen gab es den VS-Modus gegen entweder den Computer oder einen anderen Spieler. Da die Natur von Gaming-Stationen bei Messen aber leider auf schnelles Anspielen und dann Weitergehen basiert, konnte ich die Charaktere und neuen Mechaniken auf die Schnelle schlecht so ausprobieren, wie ich wollte. Was aber jedoch sofort bemerkbar war, war das SF6 audiovisuell wirklich überzeugt! Seit Street Fighter 3 Third Strike gab es keinen Hip-Hop Style und Soundtrack mehr und daher fühlt es sich beim sechsten Teil total erfrischend an. Viele poppige Farben, Graffitis und Farbkleckse bei Counter Hits lassen den Vorgänger total alt gegen Street Fighter 6 aussehen. Zudem spielt es sich verdammt flüssig und fühlt sich einfach gut an. Das ist etwas, dass ein Fighting Game entweder hat oder nicht. Und mit all den neuen Designs der Charaktere, die allesamt gut ankommen, freue ich mich schon riesig darauf, wieder ein paar Hadokens und Shoryukens zu verteilen.

Einer der optionalen Cyber Space Missionen in Sonic Frontiers

© SEGA® Europe Ltd., Sonic Team

Mein zweites Spiel am Tik Tok-Stand hat mich so positiv überrascht, dass es für mich wahrscheinlich das Highlight der Messe war. Sonic Frontiers ist der erste Teil der Traditionsreihe, der einen Open-World bzw. Open-Zone Ansatz versucht und hat mit bisherigen Trailern und Stimmen Online eher Sorgen anstatt Freude bereitet. Als Sonic Fan macht man seit der Playstation 2 Ära echt einiges mit und bei Frontiers war die Erwartung groß. Dass die Fans sich einfach nur ein gutes Sonic Spiel wünschen und nicht nur stumpf haten, zeigt auch die Bewegung #DelaySonicFrontiers. Hiermit haben die Fans Sega dazu aufgefordert das nächste Spiel ihrer größten Marke doch bitte nach hinten zu verschieben, um es noch etwas zu verbessern. Nach den ersten Trailern und Gameplays kann man es ihnen auch nicht verdenken. Daher war ich zur Gamescom zwar neugierig, aber auch negativ voreingenommen. Vielleicht liegt es auch nur daran, aber als ich dann Frontiers anspielen konnte, hatte ich einfach nur Riesenspaß! Zu spielen gab es eine Cyber Space Mission und eine Open-Schlauch-Sektion, die wie ein Tutorial war. Cyber Space Missionen sind optionale Level, die Oldschool Sonic Stages nachempfunden sind und das typische Gameplay Erlebnis in neuem Glanz bieten. Eine schöne Alternative, wenn man das der neuen Open-World doch noch vorzieht. Aber auch die neuen Elemente konnten mich überzeugen. Es gab immer zwei oder mehr Wege, um bei den Jump’n Run Passagen voranzukommen und es hat einfach geflowed. Kleine Details im Sprung und Steuerungsverhalten sind mir sofort aufgefallen und machen Frontiers zu einem echt tollen Spielerlebnis. Des Weiteren gibt es nun ein Kampf- und Skilltreesystem für Sonic. Und auch wenn die Gegnerdesigns, wie Playstation 1 Polygonfiguren aussehen, bin ich mit einem sehr positiven Gefühl vom Stand gegangen und hätte am liebsten sofort weitergespielt!

© Prime Matter, Plaion, Iggymob

Eigentlich habe ich noch ein paar andere Spiele gespielt, aber ich möchte lieber noch einen Nischentitel erwähnen. Die Rede ist von Gungrave G.O.R.E. Zuletzt noch in der Playstation 2 Ära war die Reihe lange für tot geglaubt. Doch im nächsten Jahr soll sie endlich zurückkehren! Um Gungrave mal kurz zusammenzufassen, kann man die Spiele als ein Hack’n Slay Action Spiel bezeichnen, das aber den Schwerpunkt auf Schusswaffen setzt. Denkt euch Devil May Cry, aber es wird zu 90% nur geballert und ist ähnlich edgy, japanisch übertrieben designed. Der einzigartige Stil ist dem Mangaautoren Yasuhiro Nightow zuzuschreiben. Dieser ist manchen vielleicht als Autor des beliebten 90s Manga und Anime Trigun bekannt. Ganz nach diesem Vorbild hat auch Gungrave einen ausgeflippten, düsteren Cowboy-Western-Style, der echt erfrischend wirkt. Passenderweise gab es auch eine Animeadaption von Gungrave. Nun aber zum neuen Ableger G.O.R.E. Wie der Name schon vermuten lässt, geht es recht brutal zu. Man läuft durch schlauchige Räume und zerballert die Gegner, bevor sie es einem gleich tun. Ähnlich wie bei anderen Genreveteranen á la Devil May Cry gibt es auch Bewertungen der coolen Combos, die man macht und es werden auch alle Schüsse und Moves berücksichtigt. Das Spiel war für mich nochmal besonderer, da es sich nicht nur technisch und optisch, sondern auch vom Spielgefühl, wie ein Game der vorletzten Generation angefühlt hat. Und das meine ich im möglichst positiven Sinne. Ich war auf einmal wieder 15 Jahre jünger und so fühlen sich Spiele heute einfach nicht mehr an. Da ich Character Action Games, also Hack’n Slays, sowieso liebe, freue ich mich echt auf Gungrave G.O.R.E. und dieses neue-alte Spielgefühl wieder zu erleben.

Das Rhythm Game Wacca und Tekken 2 auf der Playstation 1

Soviel mal zu den Spielen, die ich euch etwas vorstellen wollte. Insgesamt habe ich mich bei dieser Gamescom aber wirklich mehr auf das Event als solches konzentrieren wollen. Es gab die Retro-Games Halle, in der man neben Oldschool Arcade Automaten auch auf Röhrenfernsehern alle möglichen Klassiker mit Freunden spielen konnte. Und auch die Tanz- und Rhythm Games, wie Wacca oder Dance Dance Revolution-Nachahmer, habe ich sehr genossen. In jeder der Haupthallen gab es auch alle möglichen Hardware-Hersteller oder andere große Firmen, die mit Events und Preisen gelockt haben. Auch wenn schon seit einer Weile viele die Sorge haben, dass die Gamescom immer mehr die Nebensachen in den Fokus rückt, trägt es doch ungemein zur Atmosphäre bei und macht es zu einem richtigen Großevent. Dieses Feeling und auch die vielen CosplayerInnen konnten echt begeistern. Passend zu einer Gaming Messe gab es wieder viele schöne, coole Cosplays in den Massen zu finden. Egal ob Comic, Manga, Anime, Gaming, Filme oder sonst was. Es kamen alle möglichen Nerd-Communitys zusammen und im Cosplay-Village war der Treffpunkt für die Fans, aber auch die CosplayerInnen, falls sie etwas an ihrem Kostüm reparieren müssen.

Einige One Piece Cosplays und CosplayerInnen auf der Genshin

Impact Bühne

Auch wenn wahrscheinlich einige ihre Bedenken hatten, ob die Gamescom sich groß ändern wird und wie es nach den paar Jahren Pause so sein wird, war ich doch sehr positiv überrascht. Es war eigentlich alles so wie immer. Nach der Pause habe ich aber echt das Gefühl gehabt, dass viele nochmal mehr Spaß an der Messe hatten und sie auch vermissten. Jedenfalls ging es so allen mit denen ich gesprochen habe. Nur das Loch an entwickelten Videospielen, dass wahrscheinlich der Pandemie zuzuschreiben ist, kann man jetzt doch etwas spüren. Jetzt kommen eben so langsam die Spiele, die damals angefangen wurden, entwickelt zu werden. Und das sind nicht so viele bzw. brauchen da einige noch Zeit bis man mehr von ihnen sehen kann. Abgesehen von dem Management der Menschenmassen und der Laufwege, gibt es echt wenig zu meckern. Ach und natürlich die Preise könnte man etwas senken. Aber ich denke, dieser Wunsch wird immer bleiben. Also dann bis zur Gamescom 2023!