Wie der neue Robin-Hood-Film versucht den Mythos besser auszuleuchten
Was war er denn nun? Selbstverliebte Grinse-Tucke in Strumpfhöschen wie im Eroll-Flynn-Streifen „Robin Hood, König der Vagabunden“ von 1938? Oder eher ein Fuchs? Oder aber smarter Samariter und Negerfreund wie von Kevin Costner 1991 verkörpert? Oder doch wieder mit zarter Nylonummantelung nur zwei Jahre später, dann gänzlich von Mel Brooks verballhornt? Fragen, die im Raum stehen bleiben müssen, da die Existenz eines historischen Robin Hoods nicht belegt werden kann. Fakt ist, dass der Mythos im letzten Jahrhundert zu Dutzenden durch Filmfabriken gejagt und verwurstet wurde, was nicht immer Feinkost auf die Theke brachte. Nun versucht der neue Film von „Alien“-Regisseur Ridley Scott, der als Eröffnungsfilm beim Filmfestival von Cannes am 12. Mai sein Debüt gab, die Vorgeschichte zur Story des Königs der Diebe zu erzählen. Dabei präsentiert sich der Film eher als grobe, aber gute Hausmacherleberwurst als eine aalglatte Hollywood-Reste-Schlachtplatte.
Robin Longstride (Scott-Film-Dauergast Russell Crowe) befindet sich als Söldner im Heer von Richard Löwenherz, das sich auf dem Heimweg vom Kreuzzug durch Frankreich plündert. Als der König bei der letzten Belagerung stirbt, überbringt Robin dem tyrannischen Prinz John die Krone, der bald rebellischen Baronen aus dem Norden gegenübersteht. Doch alle müssen vereint werden, wenn das Königreich den drohenden Gegenschlag Frankreichs abwehren will…
Der Film schafft es dem Zuschauer eine perfekte Illusion des Mittelalters zu präsentieren – zumindest für den Laien. Erneut scheint Authentizität eine wichtige Intention von Scotts drittem Historienfilm nach „Gladiator“ und „Königreich der Himmel“ in einer Dekade zu sein. Gestützt vom glaubwürdigen Szenenbild harmoniert die dreckige Atmosphäre perfekt mit den großartigen Kostümen und den wilden Schlachtengetümmeln. Zu weiten Teilen liegt die Ästhetik an der großartigen Kamerarbeit von John Mathieson, die auch in ruhigen Momenten mit interessanten Ausschnitten und wundervollen Landschaftsbildern bei der Stange hält und natürlich die wilden Kämpfe atemberaubend dynamisch einfängt.
Ein weiterer Versuch ein Stück näher an eine mögliche Wahrheit um Robin Hood heranzukommen macht sich durch das Drehbuch von „Ritter aus Leidenschaft“-Regisseur Brian Helgeland deutlich. Wider erwarten wird kein simpler Edler-Rächer-Aufguss fabriziert, sondern es wird die Geschichte erzählt, wie Hood nach Nottingham kommt und die Voraussetzungen für die schon gedrehten Filme liefert – Sozusagen ein Prequel ohne vorangegangen Bezugsfilm. Zudem wird sich bemüht mehr historische Korrektheit – soweit möglich – hineinfließen zu lassen, so wird im Gegensatz zum Abenteuerfilm „Robin Hood – König der Diebe“ zum Beispiel der Tod Richard I. einbezogen.
Bei der Geschichte liegt dennoch eines der Probleme: Es ist durchaus interessant die Entwicklungen zu betrachten, die letztendlich zur eigentlichen Robin-Hood-Geschichte führen und wie sich nach und nach die für den Zuschauer schon bekannten Figuren um und gegen Robin scharen. Dies ist simpel und raffiniert, gleichzeitig aber auch fast der einzige Interessenpunkt, der den Zuschauer zieht: Wird nun eine komplett neue Geschichte erzählt oder nur der Vorläufer? Doch letztendlich passiert dramaturgisch zu wenig, die Figuren ziehen eher weniger in den Bann, obwohl glaubwürdig durch die Darsteller verkörpert (dabei wurde aber bei der deutschen Synchronisation oft ins falsche Gewürzregal gegriffen). Die Charaktere wirken nicht vollkommen eindimensional. Robin Hood ist ein Soldat, müde von Ungerechtigkeit und sinnlosem Abschlachten, Prinz John ein doppelzüngiger Ekel und dennoch empfindlich für Schmerz und Sorge.
Gerade in der Filmmitte sind einige Längen spürbar, jedoch nie bis zur Langeweile, was nicht jeder so empfinden wird. Alles plätschert im nicht negativen Sinne vor sich hin, Unterhaltung stellt sich ein, wenn auch keine großartige. Wirkliche Tiefe oder Spannung kann nicht geboten werden, dafür aber ein mehr als annehmbarer Zeitvertreib – Nicht weniger, aber auch nicht sonderlich mehr.
Zumindest zeigt Hollywood mal wieder etwas Abwechslung in der Speisekarte mit einem etwas faden, üppigen Hauptgericht, aber mit originalen Zutaten. Letzter leicht bitterer Nachgeschmack ist, dass immer noch niemand schlauer ist, ob dieser gutmütige Robin nun Nylon trug oder nicht.
Liebend gerne!
Der Punkt ist, dass im Gegensatz zu den anderen Robin-Hood-Geschichten nur im „König der Diebe“ mit K. Costner die Figur des Azeem (von Morgan Freeman dargestellt) auftaucht, die Hood als kulturell offenen Charakter skizziert, es im historisch-kulturellen Kontext jedoch enorm unglaubwürdig erscheint, dass er sich zu dieser Zeit während des Kreuzzuges mit einem dunkelhäutigen Krieger anfreundet – natürlich ist Film Konstruktion, dennoch erscheint es wenig glaubhaft. Der Begriff persifliert diese künstlerische Entscheidung der Verantwortlichen des Films und damit auch die von Costner verkörperte Hood-Figur – genauso wie auch der Strumpfhosenmythos belächelt wird. Das Wort unterstützt die These, dass der Robin-Hood-Mythos durch all die Jahre von den Filmfirmen verwurstet wurde, wobei immerwieder bemüht Neuerungen für den Stoff geschnitzt wurden, im Paradigma des Costner-Films leider nur wenig einfallsreich durch einen Mauren-Gefährten von Robin ausgefüllt. Die Härte des Wortes unterstreicht nur den satirischen Charakter, der in folgenden Sätzen des Artikels durch humoristische Feinkost-Vergleiche weiterhin aufblitzt.
Zudem nimmt es das Hollywood-Blockbuster-Klischee des „Quoten-Negers“ auf die Schippe, dass Hollywood im Laufe der Jahre nicht gänzlich abschütteln konnte (und teils einfach mit anderen Ethnologien besetzt hat, wobei hier die Figur des Azeem keine degradierende Rolle innehat, aber dennoch nur eine Nebenfigur ist). Außerdem ist es eine Anspielung auf die Robin-Hood-Satire von Harald Schmidt.
Somit stelle ich den Antrag hinsichtlich künstlerischer Freiheit das Wort behalten zu dürfen.
Angesichts der Steilvorlage gibt es hier eine kleine Übung für den Autor: Rechtfertigen Sie den Gebrauch des Wortes »Negerfreund«. Falls es Ihnen gelingt, können Sie es behalten, ansonsten müssen Sie es ändern.