Nach zweijähriger, pandemiebedingter Zwangspause öffnete die AnimagiC vom 5 – bis 7. August endlich wieder ihre Tore und lockte zahlreiche Anime-, Manga- und Japanfans unter dem Motto „united again“ in das mannheimer Conventioncenter Rosengarten.
Hachja, die AnimagiC. 2015, als sie noch Bonn stattfand, war sie meine erste, deutsche Anime-Convention. Mein Eindruck damals war gut, obwohl sie irgendwie recht klein und nicht ganz das war, was ich erwartet hatte (Ich war zu diesem Zeitpunkt Conventions gewohnt, die in erster Linie aus einer Artist Alley bestehen). Nachdem zwischenzeitlich andere Events, wie die Gamescom oder Dokomi, für mich interessanter waren und es zeitlich auch nie so recht passen wollte, blieb es auch erstmal bei diesem einen Besuch und ich verlor die Convention aus den Augen. Das sollte sich aber ändern, als im Frühjahr 2021 auf meiner Twitter-Timeline ein Tweet auftauchte, der Sängerin und Songwriterin LMYK als Ehrengast angekündigte. LMYK singt das Ending “Zero” des ersten Cours der Anime-Adaption zu The Case Study of Vanitas von Jun Mochizuki, meinem absoluten Lieblingsmanga. Die Anime-Adaption an sich war zwar meiner Meinung nach nicht gut, aber die musikalische Untermalung – und insbesondere das Ending von LMYK – waren definitiv ein Highlight und naja, sagen wir es so, der Song war mein meistgehörtes Lied in 2021. Also war für mich klar, dass ich mir diese vielleicht einmalige Chance, sie live zu sehen, nicht entgehen lassen konnte und fand mich so auf der AnimagiC 2022 wieder.
Die AnimagiC ist zwar nicht die größte Anime-Convention in Deutschland, aber mit ihrem Bestehen seit 1999 mit Sicherheit die traditionsreichste. Das Hauptaugenmerk der Veranstaltung liegt dabei eindeutig auf den (japanischen) Ehrengästen und dem vielseitigen Bühnenprogramm, bei dem vom Cosplay-Wettbewerb über deutschsprachige Showgruppen, Anime-Orchestern, Q&A-Panels, Workshops, berühmten japanischen Sänger*innen und vielem Weiterem jede Menge Unterhaltung geboten wird. Dazu später aber mehr.
Neben dem Programm gab es auch jede Menge Shoppingmöglichkeiten vor Ort: So waren alle namhaften, deutschen Mangaverlage und Animepublisher vertreten, die mit Aktionen, exklusiven Werbegeschenken, Sondereditionen und Messerabatten lockten. Außerdem waren jede Menge Händlerstände mit offiziellem Merchandise, teilweise seltene Stücke importiert aus Japan, da, die das Fanherz höher schlagen und den Geldbeutel leichter werden ließen. Wer es bevorzugt, abseits des Mainstreams zu shoppen und kleinere, deutsche Künstler*innen zu unterstützen, auf den wartete eine Handvoll unabhängiger Künstler*innen auf dem Künstlermarkt, die dort ihre Originalkreationen zum Kauf anboten. Anders als auf der Dokomi gibt es hier kein Fanart, aber es war dennoch schön zumindest eine kleine Artist Alley zu haben. Die gab es bei meinem letzten Besuch nicht. Für Schnäppchenjäger*innen und alle, die zu Hause noch ungeliebte Manga, Anime, Cosplay oder Merchandise rumliegen hatten, gab es die Bring & Buy-Ecke, eine Art Flohmarkt, auf der Gebrauchtware neue Besitzer*innen finden konnte.
Auch für das leibliche Wohl war bestens gesorgt: Neben messetypischem Catering gab es eine Auswahl an japanischen Speisen und Snacks. Für alle, die vor Ort nicht fündig wurden oder einfach eine Pause vom Messetrubel benötigten, auf die wartet eine große Auswahl an Restaurants in der Mannheimer Innenstadt und die benachbarte, wunderschöne Parkanlage des Wasserturms, die zum Entspannen und Krafttanken einlud. Das Verlassen des Messegeländes war hierbei kein Problem, man konnte es durch Festivalbändchen während der Öffnungszeiten immer wieder problemlos betreten.
Und Pausen sind auch dringend nötig bei dem vollgepackten Programm: Animefilme und -Serien wurden freitags und samstags bis spät in die Nacht gezeigt, das Kinoprogramm war dabei sehr vielseitig und wartete mit alten und neuen Klassikern wie Your Name. – Gestern, heute und für immer und Monster Rancher auf, aber auch Topaktuelles, wie der Film BELLE und die erste Episode der aktuell laufenden Anime-Serie zu Blue Lock wurden gezeigt.
Neben zahlreichen Q&A’s und Panels mit den japanischen und deutschen Ehrengästen, gab es auch einige Workshops, bei denen selbst Hand angelegt werden konnte und beispielsweise das Synchronsprechen unter professioneller Anleitung ausprobiert werden konnte. Für Fans von japanische Games lockten die Stände von Bandai Namco und eine große Auswahl an aktuellen Nintendo-Titeln, organisiert vom Gamesroom S*Vv*A*M*P, mit zahlreichen Anspielstationen. Und natürlich war auch für Cosplayer*innen und Cosplaybegeisterte eine Menge geboten: Neben dem großen Bühnencosplaywettbewerb gab es auch eine Vielzahl an Showgruppen, die selbstgeschriebene Stücke zu bekannten Serien wie One Piece oder Food Wars vorführten. Als besonderes Souvenir gab es die Möglichkeit, Autogramme von den Ehrengästen zu erhalten. Die sehr begehrten Signierstunden waren aber meist mit langen Wartezeiten verknüpft, bei manchen Künstler*innen war auch Kauf eines Produktes (beispielsweise ein Manga oder eine DVD/Blu-ray) Bedingung und selbst dann war das, teilweise vom japanischen Management der Künstler*innen vorgegebene, Kontingent oft nicht für alle der Wartenden ausreichend.
Mein persönliches Highlight waren aber ganz klar die J-Pop-Acts: Neben LMYK, die ich unbedingt live sehen wollte, waren die Konzerte von Aimer (u.A. Zankyo Sanka, Opening von Demon Slayer), ASCA (u.A. RESISTER, Opening von Sword Art Online: Alicization), ReoNa (u.A. nainai, Ending von Shadows House) und Miura Ayme eine echte Überraschung für mich. Nicht nur waren die Auftritte der Künstler*innen fantastisch, auch das Publikum war auf eine Art Teil der Performance, wie ich es noch nie zuvor erlebt hatte. Viele der Zuschauer*innen hatten sogenannte Lightsticks dabei, Stäbe, die in verschiedenen Farben leuchten können und je nach Rhythmus der Musik anders geschwungen werden. Lightsticks konnten auf der Convention gekauft werden, waren aber schon Samstagnachmittag ausverkauft, die Mitnahme eigener Lightsticks war auch erlaubt. Die Lichtfarbe des Lightsticks wird dabei an die Beleuchtungsfarbe der Bühne angepasst, der gesamte Raum wurde dadurch zu einem echten Lichtermeer. Es war ein absolutes Gänsehautgefühl, diese wortlose Koordination innerhalb des Publikums zu erleben und ein großes Vergnügen, Teil davon zu werden.
Leider war es nicht allen Conventionbesucher*innen möglich, diese Konzerte und das Programm auf den großen Bühnen im Allgemeinen zu erleben: Alle Vorstellungen hatten nur eine begrenzte Kapazität und für alle, die keinen der begehrten Sitzplätze mehr ergattern konnten, hieß es: Pech gehabt, draußen bleiben. Da die Veranstaltungen nicht aufgezeichnet oder in einen der anderen Säle gestreamt wurden, gab es dann keine Möglichkeit mitzubekommen, was sich hinter den geschlossenen Türen abspielt. Klar, die Anzahl der Leute in den Sälen muss aus Sicherheitsgründen beschränkt werden, aber selbst der größte Saal hat laut Angaben des Convention-Centers nur Platz für etwas über 2200 Zuschauer*innen – an Tickets dürfte bestimmt das Zehnfache verkauft worden sein. (Mir liegen keine Besucherzahlen für 2022 vor, aber als grobe Größenordnung hatte die AnimagiC 2019 nach eigenen Angaben 29.500 Besucher*innen) Als Lösung des Problems „campten“ einige schon ab Eröffnung des Geländes oder zumindest Stunden vorher in den großen Sälen, um sich so für das Wunschevent oder Wunschkonzert einen (guten) Platz zu sichern. Dadurch wurde es für alle Anderen nur noch schwerer, später kurzfristig einen Platz zu erhaschen und, die, die auf diese Weise einen Platz reservierten, verpassten eine Menge an anderem Programm, das in den anderen Sälen stattfand und blockieren wiederum gleichzeitig Plätze bei Events, die sie eventuell eigentlich nicht unbedingt sehen wollten. An der Stelle muss ich aber auch ein großes Lob an die Orga aussprechen: Die Helfer*innen waren stets bemüht, wirklich jeden freien Platz zu füllen.
Auch das Programmheft könnte etwas übersichtlicher gestaltet sein: Zeitpläne existieren nur für jeden Raum individuell, eine Gesamtübersicht über alle Räume und Veranstaltungen fehlt. Außerdem sind manche Räume nicht so einfach zu finden, einen großen Lageplan vor Ort gab es leider nicht. Alle Infos finden sich zwar im Programmheft, aber es ist unnötig mühsam, das jedes Mal durchzublättern, wenn man Terminüberschneidungen oder freie Zeitslots ermitteln will.
Alles in Allem ist die AnimagiC eine gut organisierte Convention mit einem vielfältigen Programm – interessierten Anime- und Mangafans würde ich empfehlen, die Ankündigungen bezüglich der (japanischen) Ehrengäste gut im Blick zu behalten, denn hier gibt es die seltene Gelegenheit echte Berühmtheiten live zu erleben! Auch wenn das neue Gelände auf mich deutlich größer wirkte als die alte Location in Bonn, die Besucherzahlen sollen sich seitdem wohl fast verdoppelt haben und im Hinblick auf die stetig wachsende Popularität von japanischer Popkultur wird es wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die AnimagiC zu groß für die Veranstaltungsräume des Rosengartens wird. Um das Maximum aus dem Conventionbesuch herauszuholen, würde ich daher empfehlen, den Aufenthalt im Voraus gut zu planen und schon zu wissen, was man unbedingt sehen und erleben will und dann entsprechend Zeitpuffer einzukalkulieren. Das Programmheft steht hierfür schon einige Tage vor der Convention online zur Verfügung. Doch trotz einiger Wermutstropfen: Ich war von meinem zweiten AnimagiC-Besuch auf jeden Fall sehr positiv überrascht und bin schon gespannt, wer nächstes Jahr als Ehrengast nach Mannheim kommen wird.
Apropos nächstes Jahr: Wer jetzt Lust auf mehr bekommen hat: Die nächste AnimagiC findet vom 4. Bis 6. August 2023 wieder im Rosengarten in Mannheim statt – Tickets können ab dem 10. Oktober 2022 erworben werden!
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