Es gibt ein Sprichwort, welches lautet: „Hinter jedem großen Mann steht eine Frau, die mit den Augen rollt!“ So ähnlich ist es auch mit dem Auserwählten in Geschichten und der Damsel in Distress (deutsch: Jungfrau in Nöten). Was wäre ein noch so strahlender Held ohne eine nach Hilfe schreiende Frau in einem Turm? Oft vergisst man, dass sich die meisten Helden erst durch die Rettung einer „Holden Maid“ den Namen machen, der später in Liedern besungen wird. Aber macht das die Damsel wichtiger? Oder ist sie nur ein Mittel zum Zweck?
DID damals und heute
Das Schema ist an sich immer gleich, egal ob Disney im Jahr 2010 oder die Gebrüder Grimm im 19. Jahrhundert die Rapunzel-Geschichte erzählt. In den meisten Fällen ist die Damsel in Distress (oder DID) nicht nur irgendeine verschleppte Frau, sondern die angehende Geliebte! Dramatik, Liebe, Leidenschaft – alles inklusive, aber eben auch meist nach Schema F! Die folgende Szene aus Herkules parodiert diesen „Basic DID“.
Ein Kritikpunkt an der Damsel in Distress ist ihre Unfähigkeit, ihr Schicksal selbst zu ändern. Ihre Situation ist vom Verfasser so gestrickt, dass sie sich selbst nicht befreien kann. Sie ist ebenso determiniert wie der Auserwählte, allerdings nicht zur Tat, sondern zum Warten und Hoffen.
Das ist ein ziemlich passiver Lebensinhalt, der wenig Erstrebenswertes hat. Wenn es etwas gibt, das Feministinnen noch mehr hassen als Männer, dann sind es wohl solche DIDs, die ihr Schicksal von Männern bestimmen lassen. Damit ihr wisst, wovon ich rede:
Dieses Video (inkl. der beiden Forsetzungen) wird auf YouTube ziemlich kontrovers aufgefasst. Feministinnen befürworten es, aber die befürworten ja eh alles was in ihre Richtung geht… der Rest regt sich auf. Wie man sehen kann, sind auch die Kommentare mittlerweile deaktiviert. Was die Leute verärgert, ist der aggressive und verurteilende Blick auf die Damsel in Distress, der gleichzeitig einen unglaublichen Hass auf die (männlichen) Entwickler schürt. Viele Beispiele sind dabei schlecht gewählt oder unterstützen die Argumente der lieben „Feminist Frequency“ nicht.
Tatsächlich war es aber dieses YouTube Video, das mein Interesse für die DID erstmals entfacht hat. Sind diese Frauencharaktere wirklich so unselbstständig – oder nehmen wir ein moderneres Wort unemanzipiert? Gibt es gute und schlechte Beispiele, abgedroschene und originellere Varianten? Und welchen dramaturgischen und emotionalen Zweck erfüllt die Rettung der Damsel?
Ich werde der Sache auf den Grund gehen und da man ja nicht alles über einen Kamm scheren soll, werde ich hier die Damsel im Film unter die Lupe nehmen. Es folgt dann ein weiterer Artikel zur DID im Gaming!
DID im Film
Uff, wo fange ich jetzt an… es gibt natürlich zahllose Beispiele. Ich habe mir zwei aus dem gängigen Hollywood-Kino ausgesucht, damit mir alle folgen können, aber im Independent-Bereich gibt es natürlich auch massig an Material. Als erstes möchte ich mit einem Anti-Beispiel beginnen:
Lone Ranger und seine Damsel
Neben vielen Problemen, die dieser Film von Gore Verbinsky hat, ist sicherlich die „Lovestory“ nicht das schlimmste, vielleicht gerade, weil sie so platt abgehandelt wird. Die Damsel in Distress heißt in diesem Fall Rebecca Reid. Sie ist vielleicht keine klassische Frau, die sich von Männern herumkommandieren lässt, aber letzten Endes ist ihre Situation genauso auswegslos, wie die eines Rapunzels oder Schneewittchens.
Was nützt es, einen selbstständigen Frauencharakter zu entwickeln, wenn dieser keine Möglichkeit bekommt, selbstständig zu handeln? Rebecca wird irgendwann in der 1. Stunde des Filmes entführt und ihre Situation ändert sich die nächsten 1 1/2 Stunden nicht wesentlich, außer dass ihr Entführer wechselt. Es hat mich beim Schauen des Films unheimlich ermüdet, ihren zahllosen Ausbrech-Versuchen zuzusehen, wo man doch wusste, dass es am Ende nur der Lone Ranger sein konnte, der sie rettet. Wir sind hier schließlich in einem Western! Die Damsel-Nummer war zu lang und sie hatte meiner Meinung nach nicht genug Priorität in der Handlung, um ernst genommen werden zu können.
Hermine – Die Heiligtümer des Todes, Teil 1
Wer erinnert sich nicht an diese Szene: Harry, Ron und Hermine geraten im 7. Teil von Joanne K. Rowlings Romanverfilmung in das Anwesen der Malfoys. Bellatrix sieht das Schwert von Godrig Griffindor, das eigentlich in ihrem Verließ bei Gringots liegen sollte, im Besitz der drei und nimmt sich Hermine zum Verhör vor, während Ron und Harry in den Keller des Malfoys-Hauses gesperrt werden.
Warum wähle ich gerade diese Szene? Nun ich muss sagen: Sie funktioniert. Hermine ist nicht nur irgendeine Damsel in Distress, sie ist der starke, kluge Frauencharakter, dem der Zuschauer seit 6 Filmen/Büchern immer wieder zusehen konnte, wie er Harry und Ron den Hals gerettet hat. Nun sitzt sie in der Falle und die Jungs können ihr nicht helfen. Vielleicht sticht die Szene auch deshalb so aus dem Film heraus, weil sich Harry Potter ja an sich mit Gewalt an Frauen sehr zurückhält. Man kann förmlich die eigene Verzweiflung in sich hochsteigern spüren, wenn man Harry und Ron im Kerker auf- und abtigern sieht, während von fern Hermines Schreie gellen.
Aber es gibt noch einen weiteren Pluspunkt: Die Szene wird trotz allem nicht unnötig in die Länge gezogen, es dauert insgesamt 5 Minuten bis Hermine wieder in Sicherheit ist.
Hinzuzufügen bleibt noch, dass die Damsel natürlich nicht immer eine Frau sein muss und das ist in Filmen besonders dann der Fall, wenn der Held selbst eine Frau ist. Das folgende Beispiel zeigt „the female Version of Basic DID“:
Zwischenfazit
Ist der DID-Effekt also umso beeindruckender, je kürzer und drastischer der Distress ist, in dem sich die Damsel befindet? So einfach kann es nicht sein. Ich muss allerdings sagen, dass ich generell kein Fan von langen Entführungsgeschichten bin. Je länger eine Frau gefangen ist und passiv „herumleidet“, desto weniger ernst kann ich sie nehmen. So ging es mir übrigens auch bei Django Unchained mit Broonhilda.
Im zweiten Teil werde ich mich mit der Damsel in Distress im Bereich Games beschäftigen. Ich verspreche mir daraus noch ein paar Antworten, vielleicht verstehe ich dann auch, warum ich bei solch passiven Frauen, wie dieser Kandidatin hier, nicht gleich an die Decke gehen sollte:
Snowwhite – „Someday my Prince will come“
Ich bete mein Mantra weiter: Schaut Joss Whedon.
Tatsächlich ist das der erste und wichtigste Anlaufpunkt, wenn man von Feminismus und Emazipation im Fernsehen redet. Er hat für Frauen im Fernsehen das getan was Bill Cosby, Will Smith und Oprah für African Americans geschafft haben.
Nach wie vor war die Ausgangsidee von Buffy, dass eine „Damsel in Distress“ tatsächlich „the Chosen One“ ist und dem großen, bösen Monster den Hintern versohlt.
In Buffy, aber auch in den meisten anderen weiblichen Rollen im Whedonverse, habt ihr starke Frauenrollen. Ob man sich da vielleicht nur als Mann identifizieren kann? Vielleicht müssen wir uns da Judith Butler von oben ausleihen und sagen, dass man sich nicht mit „Männern“ oder „Frauen“ idetifiziert? Vielleicht fühlt man sich einfach nicht stark genug, um sich in „echten Helden“ zu finden?
“Natürlich!“ – gezeichnet judith butler
“nein, Männer sind auch Menschen!“ – Jesus
“wir haben darüber noch nicht abgestimmt und können deshalb nichts dazu sagen…“ – die Piraten
xD
Und meine Antwort: das kommt drauf an,was er dort im wald treibt! 😉
Wenn ein Mann allein im Wald ist und keine Frau ihn hört, hat er dann trotzdem Unrecht?
Da bin ich total deiner Meinung! Es ist wirklich schwer, in der Medienwelt starke Frauencharaktere zu finden, mit denen man sich identifizieren kann! Auch unabhängig davon, ob man sich nun gern an männlichen Charakteren satt sieht, haben die oft einfach die interessanteren Hintergrundgeschichten und wirken dadurch tiefgründiger. Es kann doch nicht so schwer sein, das auf eine Frau zu übertragen! =)
Das Thema DID oder generell Frauenbild im Film ist wirklich schwer interessant. Entweder man hat die herumleidende Damsel in Distress, über die sich die Frauen reihenweiße aufregen, oder aber man hat „Emanzen“, die in guter Männer-Manier fester Teil der Action sind, die – ehrlich gesagt – beim weiblichen Publikum dann auch nicht ankommen. Wo ist also das gesunde Frauenbild, mit dem man sich auch als selbstbewusste Frau identifizieren kann? Ich glaube Hermine ist da schon ein ganz gutes Beispiel eines gesunden Frauenbildes im Film, mit dem ich persönlich mich gut anfreunden kann. Dennoch glaube ich hat in diesem Sinne das Hollywoodkino noch eine lange Entwicklung vor sich (Vielleicht ist deswegen meine „Womancrush-Liste“, wie Valle sagen würde, kaum existent, da man sich als Frau dann doch lieber an den männlichen Rollen satt sieht).