Wer schon länger keinen richtig schlechten Film gesehen hat und sein Wissen um die Zutaten für ebendiesen auffrischen will, ist bei der neuen Verfilmung von „Bel Ami“ an der richtigen Adresse. Hier wird man geschlagene 102 Minuten mit inhaltlicher Leere und Teenie-Schwarm Robert Pattinson gestraft.
Doch der Reihe nach: Worum soll es in dem Film gehen? Zentrale Figur ist Ex-Feldwebel Georges Duroy (Die Aussprache dieses Namens muss man sich in gehauchter, lasziver Art vorstellen, damit er dem Label „Bel Ami“ gerecht wird). Nach zwei Jahren Militärdienst im nördlichen Afrika kommt er nach Paris zurück, lebt dort arm wie die Maus in der Kirche und ist dementsprechend ein massentauglicher Niemand. Sein erklärtes Ziel ist es, diesem schmutzigen, engen Nest zu entkommen. Dabei verfährt er nach dem Motto: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral.“ Will heißen: Werte, Prinzipien, Überzeugungen kommen in dem Weltbild des Georges Duroy nicht vor. Auf dem Weg nach oben verfährt er nach eher weibischer Manier: Erst lässt er sich durch einflussreiche Ex-Kampfgefährten in die feine Gesellschaft einführen, schlüpft mit deren finanzielle Hilfe in feine Abendrobe und kommt in den Genuss delikater Bissen. Im zweiten Schritt nimmt er sich dann deren Frauen vor. Wie sagt Uma Thurman als Madame Forestier so treffend: „Die Frauen sind die wahren Mächtigen.“ Recht hat sie. Sie allein sind es, die ihm seinen Platz in der hauptstädtischen Schickeria sichern, weil sie ihn als „Bel Ami-Augenschmaus“ gern vor, unter und auf sich haben. Das männliche Geschlecht hingegen hat schnell genug von ihm und seiner Unfähigkeit. Weder verfügt er über die Fähigkeit seinen Job bei der Zeitung ordentlich zu bewältigen noch in den männlichen Zirkeln auf Augenhöhe mitzudiskutieren. Sein Kapital ist ein anderes: sein Schönling-Dasein. Wenigstens ist Georges klug und skrupellos genug, die Macht in diesem Potenzial nicht zu verkennen, sondern zu nutzen…
„Bel Ami“ basiert auf dem 1885 erschienen Roman von Guy de Maupassants. Darin kritisiert er die Pariser Gesellschaft, indem er an dem Emporkömmling und Karrieristen Duroy die Verfilzung von Politik und Ökonomie, von Medien und Privatleben zeigt. Es hätte eine glamouröse und sarkastische Gesellschaftskomödie über die Heuchelei und Selbstfixiertheit als Parameter des bürgerlichen Pariser Zeitalters werden können. Glamourös sind hier allenfalls die Spitzenbordüren und die Fayence-Teller, die von dröhnender Musik untermalt werden.
Tragisch und wenig sarkastisch ist, dass Bel Ami keinerlei Fallhöhe besitzt, von Qualität und Gehalt ganz zu schweigen. Anstatt die Korrumpiertheit und das Machtstreben der Elite zu betrachten, reiht sich eine Bettszene, ausgestattet mit einer lasziv in Bettlaken gehüllten Geliebte sowie dem nackigen Robert Pattinson an die nächste. So verkommt Maupassants präzise Gesellschaftssatire zu einer Art Liebesklamauk mit gebrochenen Weiberherzen.
Doch das Tragischte an dieser Filmtragödie ist der Protagonist selbst: Robert Pattinsons Aufgabe war es das nette Vampir-Image abzulegen und den egoistischen, manipulativen, rücksichtslosen Karrieristen zu geben. Das versucht er stümperhaft durch ein kurioses Mienenspiel, mit dem er die Nominierung für den Golden Raspberry Award schon sicher haben dürfte: Pattinson verzieht regelmäßig in verschiedenen Richtungen den Mund, lässt die Oberlippe vibrieren oder versucht sich im Zähnefletschen. Das wird schon recht bald zu einem kaum erträglichen, affektierten Manierismus.
Zu allem Übel ist der wollüstige Pattinson-Don Giovanni auch noch in jeder einzelnen Szene zu sehen, und allein seine schwache Vorstellung könnte den Film schon verderben. Da die ganze Inszenierung von Declan Donnellan und Nick Ormerod aber ein einziges Desaster ist, reicht es aus, Pattinson auf das zu reduzieren, was er ist: ein Hollywood-Schönling, der es mal wieder nicht geschafft hat, sein Beau-Image abzulegen. Aber er ist ja noch jung. So wie es mein Popcorn war, als ich von Öde getrieben, den Kinosaal eigentlich verlassen wollte.
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