In Deutschland leben über zehn Millionen Menschen mit anerkannten Behinderungen. Für viele dieser Menschen sind Videospiele ein Ding der Unmöglichkeit. Ob das Spiel weder skalierbare Textgröße noch Farbenblindheitsmodus hat oder beim Controller keine freie Tastenbelegung möglich ist, vielen Menschen werden Steine in den Weg gelegt, wenn es ums Spielen geht. Aber es gibt Möglichkeiten, sich zu helfen. Über einfache Modifikationen von gängigen Controllern bis zu teuren maßgeschneiderten Lösungen ist alles vertreten. Im Nachfolgenden werden ein paar dieser Eingabegeräte vorgestellt.
N64 Controller
Die Standard Xbox oder Playstation Controller bieten schon mit ein paar kleineren Änderungen neue Möglichkeiten. Im Store von evil kann man zum Beispiel Playstation 4 Controller mit Schwerpunkt auf der rechten bzw. linken Seite erwerben. Besonders eine freie Tastenbelegung ist enorm wichtig und reicht oftmals schon aus. Ein bekannteres Beispiel ist der N64 Controller. Durch den zentrierten Analogstick ist er sowohl mit der rechten als auch mit der linken Hand gut zu erreichen. Das hilft nicht nur Linkshändern, sondern auch Menschen, die ihre rechte Hand nur eingeschränkt bewegen können.
Einhändige N64 Controller
Eine andere Möglichkeit sind ganz neue Controller. Zum Beispiel einhändige Eingabegeräte wie dieser spezielle SNES Controller. Ursprünglich entwickelt für Rollenspieler, die nebenher eine Karte der Spielwelt zeichnen oder etwas essen wollen, eignet sich der Controller natürlich auch für Menschen mit eingeschränkter Hand- oder Armbewegung.
Einhändige Playstation Controller
Es gibt auch einen Xbox oder Playstation Controller in einhändiger Version. Der One Handed Controller etwa hat dieselben Funktionen wie ein Playstation 2 Controller, ist allerdings mit nur einer Hand bedienbar. Sogar die Vibration funktioniert bei der einhändigen Variante. Übrigens kann eine gut umgesetzte Vibration, etwa bei Trefferfeedback, die visuelle oder auditive Rückmeldung erweitern oder ersetzen und so zum Beispiel enorm hilfreich für gehörlose oder stark schwerhörige Menschen sein.
Access
Eine andere Lösung bietet der Bastler Benjamin Heckendor. Der Access ist ein flacher Kasten mit fünf runden Aussparungen in denen die Module frei eingesetzt werden können. Die Module sind die jeweiligen Komponenten eines Xbox 360 Controllers. Also Steuerkreuz, Buttons, Analogsticks und Schultertasten. Aber auch hier gilt, dass es natürlich keine pauschale Wunderlösung gibt. Für kleinere Hände könnte der Abstand der Module und Buttons zu weit auseinander liegen.
Jouse3
Der Jouse3 bietet sogar die Möglichkeit einer komplexen Steuerung nur mit dem Mund. Das Verschieben, Pusten und Ansaugen des Controllers löst entsprechende Aktionen aus. Durch die stativähnliche Bauart kann der Controller bequem am Schreibtisch, Bett oder Rollstuhl angebracht werden.
Hands Free
1989 war nicht nur ein gutes Jahr für die Entwicklung der Handhelds, Nintendo brachte neben dem Gameboy auch noch einen ganz ähnlichen Controller für das NES heraus. Das Hands Free war ursprünglich für Menschen mit Tetraplegie entwickelt worden, einer Form der Querschnittlähmung, bei der alle vier Gliedmaßen, also sowohl Beine als auch Arme, betroffen sind. Technisch funktionierte das Hands Free ähnlich wie das Jouse3. Nur wurde der Controller um die Brust geschnallt und war nicht an einem Stativ befestigt.
Switch Interfaces
Eine große Bandbreite an Möglichkeiten bieten switch interfaces oder generell Spielehardware die externe Schalter oder Knöpfe unterstützt. Dies sind meist klobige Kästen die sich mit der jeweiligen Konsole verbinden lassen. Nun können beliebige Schalter an das interface angeschlossen werden und beliebig programmiert werden, also eine individuelle Lösung für unterschiedliche Fälle. Die Seite Broadened Horizons bietet eine breite Palette an barrierefreien Eingabegeräten und anderen Hilfsmitteln. Die Schnittstellen lassen sich oft an verschiedenen Konsolen oder den PC anschließen. Die Knöpfe werden in verschiedenen Größen angeboten und können dann frei kombiniert werden. Allerdings kosten alleine nur die Kästen schon meistens so viel wie eine komplett neue Konsole.
Eye Tracking
Tracking kann im richtigen Fall ebenfalls einen großen Unterschied machen. Ob mit der EyeToy Kamera der PS2 oder mit dem TrackIR einer modernen Lösung, können diese Geräte eine Menge an Eingabeinformationen verarbeiten. Talker verwenden ähnliche Technik und machen es so möglich über das Anschauen des Displays Symbole, Zahlen oder Schrift auszuwählen und Sätze oder Wörter einzugeben die dann vorgelesen werden. Über manche Talker ist es auch möglich zu Spielen. Mit dem TrackIR lässt sich so ein PC ohne Maus und Tastatur steuern. Allerding müssen die Spiele kompatibel sein oder es muss eine Schnittstelle zwischen geschaltet werden.
Zungen- und Gesäßcontroller
Bastler wie der Valve-Mitarbeiter Ben Krasnow zeigen was alles möglich ist im Bereich der alternativen Steuerungsmethoden. 2013 veröffentlichter er zwei Videos, in denen er einen Zungen– und einen Gesäßcontroller vorstellte. Auch wenn die Präzision zu diesem Zeitpunkt noch verbesserungswürdig war, könnten solche Eingabegeräte zukünftig auch für Virtual Reality interessant sein.
Bcon
Oder der Fußcontroller der Firma CapLab. Der Bcon ist zwar noch in Entwicklung, wurde allerdings schon ausgiebig vorgestellt. Eine Kickstarterkampagne soll in Kürze folgen. Durch einen um den Fuß geschnallten Sensor merkt der Controller in welche Richtung wir unseren Fuß bewegen. Bis zu 24 verschiedene Eingabebefehle sind so möglich. Auf der Internetseite wird der Bcon vor allem als Hilfsmittel für Spieler mit Selbstoptimierungsdrang beworben. Und auch wenn er natürlich von allen Menschen erworben werden kann, zeigt dieses Beispiel gut das Problem vieler der vorgestellten Geräte: Der Preis. Da es im Verhältnis gesehen keine große Nachfrage nach barrierefreien Controllern gibt, kosten diese oft sehr viel oder sind sogar Unikate, die genau an die Wünsche des Käufers angepasst wurden.
Unterstützung durch Stiftungen
Stiftungen wie The AbleGamers Charity versuchen derartige Spielbarrieren zu überkommen. Deshalb verschenken sie, ähnlich wie die Make A Wish Foundation, in manchen Fällen barrierefreie Eingabegeräte oder informieren über barrierefreie Funktionen in Spielen.
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