Schnee vom Wochenende
Es ist schon wieder ein bisschen her und wir haben uns erholt:
Am Samstagmorgen, den 7. Dezember, ein paar Minuten vor 9 Uhr, fällt der Startschuss zum diesjährigen 32 Stunden-Kurzfilmwettbewerb im Hörsaal 2 am Geschwister-Scholl-Platz. In den Startlöchern stehen ganze neunzehn Teams, so viele wie nie zuvor. Ihre Aufgabe: Einen Kurzfilm drehen und das innerhalb von 32 Stunden. Am darauffolgenden Sonntag um 17 Uhr ist die Deadline. Am Abend ist die feierliche Präsentation der Filme im Kleinen Haus der Stadthalle geplant, mit anschließender Preisverleihung für die besten drei Filme durch eine hochkarätige, fünfköpfige Jury.
Die einzigen Vorgaben für die Filme: Nicht länger als vier Minuten und nah am Thema, dieses Jahr treffenderweise „Schnee von gestern“. Ansonsten ist alles erlaubt, abgesehen von Straßensperrungen. Kameras werden von der Medienwissenschaft bereitgestellt. Wer vorbereitet sein will, hat sich mit Schlafsack und Pizza auf Vorrat ausgerüstet. Die Teams, alle jeweils mehr oder weniger zu fünft, machen sich an die Arbeit. Los geht’s!
Der Countdown läuft
Am Anfang scheinen 32 Stunden wie alle Zeit der Welt.
Erst einmal wird gemütlich zusammen gefrühstückt, Assoziationen zum Thema in den Raum geworfen, verschiedene Ideen entwickelt und wieder verworfen. Vielleicht gibt es ganz unterschiedliche Vorstellungen vom gemeinsamen Film, die zu stundenlangen Diskussionen führen. Oder man findet sofort ein Konzept, das alle begeistert. Das ist von Vorteil, denn dann kann man gleich durchstarten. Aber natürlich ist kein Drehbuch in Stein gemeißelt und möglicherweise wird pünktlich um Mitternacht noch einmal alles über den Haufen geworfen und etwas Anderes ausprobiert. Was interessiert das Geschwätz von gestern?
Hat man sich schließlich auf eine Story geeinigt, müssen Sets, Requisiten und Kostüme gefunden werden. Vielleicht werden auch noch zusätzliche Schauspieler benötigt. Das Ausprobieren von technischen Spielereien, die dem Film das besondere Etwas verleihen sollen, kostet viel Zeit und Nerven.
Wer sich zu viel Zeit fürs Drehbuch lässt, steht am frühen Samstagnachmittag schon im Dunkeln und muss den Außendreh auf Sonntag verschieben – oder stellt sich mit seiner Wohnzimmer-Stehlampe auf die Straße und versucht sein Glück. Wird für die Story außerdem tatsächlicher Schnee benötigt, gerät man noch mehr in die Bredouille. Denn es schneit nicht mehr, und so muss man sich am Sonntag mit den Resten von gestern zufriedengeben. Die Kontinuität ist sowieso im Eimer.
Das in anderen Situationen nützliche System der Arbeitsteilung funktioniert an diesem Wochenende nur bedingt. Wie denn auch, mit nur einer Kamera? Zwischendurch rechnet man sich immer wieder die verbleibende Zeit aus. Und die wird immer schneller kürzer. Der Schnitt kann entweder zuhause am eigenen PC oder an den Schnittplätzen des GSP erledigt werden. Hier gilt: Ein Backup nach dem anderen erstellen. Sonst steht man am Ende doch noch mit leeren Händen da.
Und schließlich ist es soweit, der kleine Zeiger wandert auf die Fünf und das Ding ist weg. Die Zeit bis zur Präsentation kann man sich mit Aufräumen vertreiben. Oder man isst mal wieder ein bisschen was und ruht sich aus.
17 großartige Filme
Im beinahe vollbesetzten Kinosaal des Kleinen Hauses werden die 17 entstandenen Filme in feierlichem Rahmen präsentiert. Jede Menge weiße Flocken, Frau Holle, Amnesien und überraschend viel Kokain flimmern über die Leinwand. Viel Lustiges ist dabei, Tragisches findet sich wenig. Es wird gelacht und applaudiert. Ausnahmslos alle Filme sind gelungen, spannend anzusehen und in ihrer Kreativität einzigartig.
Alle Filme findet ihr hier!
In der Kategorie Trash-Film überzeugt „From Earth to Mars“ dank seiner aufwändig gestalteten Alufolien-Kostüme und Spezialeffekte. Der Kunstfilm „Firn“, der ganz auf Sprache verzichtet, beeindruckt durch seine grandiose visuelle Ästhetik. Das Prädikat besonders lustig erhält der Film „Wenn der Schnee schmilzt, kommt die Kacke zu Vorschein“, der das Thema des Wettbewerbs durch die ausnahmslose Verwendung abgedroschener Redewendungen ad absurdum führte.
Nachdem mit „Alle außer Orson“ vom WDE-Fanclub der letzte Film abgespielt ist, wird es spannend. Die Jury zieht sich zur Beratung und zu einer schwierigen Entscheidung zurück, gleichzeitig werden die Stimmzettel für den Publikumspreis eingesammelt und ausgezählt. Dann kommt die Stunde der Wahrheit und Juror Professor Müller verkündet die drei Sieger des Abends:
Auf Platz drei landet „SVG“ vom Team der 42 Pinguine im Schrankkoffer. Die Protagonistin des Films muss sich in ihrer bitterkalten Wohnung von Eis auf Toast ernähren und mit Schnee waschen, bis sie auf ein neuartiges Produkt hingewiesen wird, das all ihre Probleme löst: Schnee von gestern, das Wasser von heute.
Das Rennen um Platz zwei macht der Film „Let it snow“ von Chazelnuss Productions, der zeigt, wie dramatisch sich das neue Anti-Schuppen-Shampoo von Frau Holle auf das Weltklima auswirkt. Weihnachten unter dem Kaktus, wer will das schon? Klimawandel geht eben jeden an.
Und den Platz eins erhält wohlverdientermaßen das Team Fisherman and Friends mit „Happy Times“, zu dessen Story an dieser Stelle gar nicht viel verraten werden soll. Nur so viel: Es ist ein bisschen rührend, ein bisschen komisch, ein bisschen romantisch und am Ende ziemlich überraschend. Erwähnenswert ist auch die sehr gelungene musikalische Untermalung. Dass das Video leider nicht ganz ruckelfrei läuft, tut dem Erfolg keinen Abbruch. Das beweist auch der Publikumspreis, den dieser Film anschließend noch einheimst.
Es war anstrengend, es war gerade zum Ende hin hektisch – doch es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Wir freuen uns aufs nächste Mal!
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