Vielleicht sind Fernsehserien doch nicht so seicht, wie gerne behauptet wird. Neben dem leicht einprägsamen Figurenkanon und den Alltags-Imitierenden Geschichten, überraschen amerikanische Serien auch immer wieder mit direkter Stellungnahme. Was auffällt, der Finger wird direkt in die Wunde gebohrt, statt nur angelegt. Vielleicht, weil es sonst niemand merken würde. Vielleicht auch weil es schonungsloser dringlicher wirkt.

Shirley verklagt die Demokraten, Alan vertritt sie. Der Fall ist heikel, denn Anlass für die Klage ist Shirleys Neffe Mitchy Weston, der sich ihrer Meinung nach, als Delegierter, unethisch verhält. Denn trotzdem sein Wahlkreis in den Vorwahlen mehrheitlich für Hillary gestimmt hat, möchte er seine Stimme Obama geben, was sogar erlaubt ist und somit rechtkräftig aber damit auch Vorwahlen überflüssig macht.

Mit diesem Seitenhieb auf die demokratischen Strukturen Amerikas und dem Verweis auf die Wahlen, werden nicht nur aktuelle Themen in die fiktive Serie eingebracht sondern kontextualisiert und in selbstreflexiver Form eingeflochten, sodass der zu verhandelnde Konflikt als solcher direkt die Lücken und Schwächen des Wahlsystems enttarnt und damit auch den realen Bedenken der Bürger eine fiktive Stimme gibt.

Shirley setzt sich für Hillary Clinton ein, denn in ihr sieht sie eine erfahrene Politikerin. Alan hingegen glaubt, zwanzig Jahre im weißen Haus seien nur von zwei Familien geführt worden, den Bush’s und den Clintons. Neuen Wind bräuchte das Land, statt abermals die Clintons, die für das alte Amerika stünden. Als beide für den jeweiligen Kandidaten argumentieren, sprechen sie gleichzeitig aufeinander ein, sodass der Zuschauer nur Bruchstücke versteht. „Wir sind auf dem Niveau von Präsidentschaftskandidaten“, stellen Shirley Schmidt (Candice Bergen) und Alan Shore (James Spader) nach dieser ermüdet Debatte fest.

Damit nicht genug. Der Zuschauer wird erneut in das Wahldilemma hineingezogen. Mitchy  schmettert  munter die Wahlkampfslogans seiner Vorbilder. Barak Obamas „Yes we can“ wiederholt er polittreu und wählergerecht einprägsame drei Mal. Anschließend darf auch Martin Luther Kings „I have a dream“, das Leitbild der afroamerikanischen Freiheitsbewegung, als Identifikationsplattform herhalten. Kontakariert werden Mitchys Ansichten durch sein jungenhaftes Aussehen, seine einstudierten, fein auswendig gelernten Worte, die suggerieren er hätte keine eigenen Gedanken und sein kindisches Auftreten, was dem Fall die Ernsthaftigkeit nimmt, somit jedoch wieder Serientauglich ist. Denn Gattungsspezifisch werden die Koflikte für Comedy Serien adaptiert und humoristisch dargestellt, was ihnen hoffentlich nicht die Relevanz nimmt.

Die Clintons und Obamas drüften sich über diese Publicity gefreut haben. Bedankt hat sich Clinton in der „Ellen Degeners Show“, in der er zugibt „Boston Legal“ sei eine seiner Lieblingsserien. Naja … war das also auch nur Teil eines Wahlkampfes?