Und wieder einmal geben wir unsere Empfehlungen des Jahres an euch weiter. Dieses Jahr ist die Liste bunt gemischt, schaut also unbedingt in alle Kategorien. Die Redaktion wünscht allen Leser*innen schöne Feiertage, einen guten Rutsch und natürlich ganz viel Gesundheit!


Filme & Serien


Last and First Men (Christopher)

Jóhann Jóhannssons postmortem veröffentlichtes Langfilmdebut ist mein eventuell denkwürdigstes Kinoerlebnis des vergangenen Jahres. Jóhannsson, der eigentlich als Komponist bekannt ist, kombiniert hier seine sphärischen Klänge mit 16mm-Aufnahmen von längst verlassenen brutalistischen Gebäuden und Kunstwerken. Zu einigen Gelegenheiten ertönt Tilda Swintons Stimme aus dem Off, die aus dem Namensgebenden Science-Fiction-Roman aus den 30ern vorliest. Das war es dann eigentlich auch schon. Zu keinem Zeitpunkt ist ein Mensch auf der Bildfläche zu sehen. 

Was auf dem Papier recht simpel und vielleicht für einige auch langweilig klingt entwickelte für mich schnell einen meditativen Sog. Hätte man den Film in der Mitte angehalten und mich gefragt wie viel Zeit seit dem Start vergangen ist, so hätte ich keine Antwort geben können. Beim Betrachten der langsamen Bewegungen durch die scheinbar leergefegte Welt geht jegliches Gefühl für Zeit verloren. 

Die riesigen, in schwarz-weiß inszenierten Betonbauten versprühten aufgrund der Abwesenheit jeglichen Kontexts mehr Bildgewalt auf der Leinwand, als es eine Explosion oder ein Crash jemals hätten tun können. Durch die oft ungewöhnlich ausgewählten Perspektiven eröffnet sich ein weltfremder Blick auf die gezeigten Objekte. Nicht selten erwischte ich mich dabei mich zu fragen was ich da betrachte. 

Im Grunde genommen steckt in diesem Film mehr Tenet, als in Tenet selbst.Wie auch in Tenet sieht man hier einen zukünftigen Kommentar auf die Gegenwart, von dem man nicht sicher sein kann, dass er ein offenes Ohr findet. Im Gegensatz zu Tenet ist in Last and First Man jedoch das Fühlen wirklich jenseits einer bloßen Behauptung deutlich relevanter als das Verstehen. Warum hat Nolan eigentlich noch keinen Film ohne Menschen gemacht, wenn es von Film zu Film offenkundiger wird, dass er sie nicht schreiben kann? Was meine Enttäuschung des Jahres ist? Ach, lassen wir das…


Interspecies Reviewers (Raul)

Das Jahr 2020 war auch kein Highlight für Anime und blieb etwas dry an guten Serien. Ganz und gar nicht trocken ist jedoch Interspecies Reviewers. In einer Fantasy Welt mit den verschiedensten Rassen, die friedlich zusammen leben, realisiert eine Abenteurergruppe irgendwann, dass sie zu wenig Geld verdienen, aber überraschend oft Bordelle besuchen. Also machen sie einfach das zu ihrem Beruf und fangen an, die skurrilsten Freudenhäuser zu reviewen und bewerten. Von Cowgirls über Elfen, Feen oder Catgirls zu Dämonen, Untoten und allem anderen verrückten, berichtet jeder über seine nächtlichen Erfahrungen mit den Frauen. Magische Experimente wie Geschlechtertausch, um den Akt mal anders zu erleben, werden auch erforscht.

Ein echt ausgefallener Ecchi Anime, der vor allem eine super Comedy ist. Für manche Leute schon “Borderline Hentai” (pornographische Anime) und somit auch ein kleiner Skandal gewesen, sollte man Interspecies Reviewers zwar lieber allein gucken, aber viel Spaß kann man dabei auf jeden Fall haben. Besser unterhalten und gelacht habe ich dieses Jahr fast nirgendwo als bei diesem verrückten Werk.

Um ein Haar wäre die Bordell-Bewertungs-Erotik-Comedy sogar mein Favorit dieses Jahr gewesen.Anschauen kann man Interspecies Reviewers auf der Streamingplattform Wakanim und die Mangas gibt es bei Amazon. Die DVDs/Blu-Rays gibt es dann ab nächstem Jahr von Peppermint.


Berlin Alexanderplatz (Flo)

Nach der langen pandemiebedingten Kinoschließung im Frühjahr war es eine regelrechte Erlösung als die Lichtspielhäuser wieder öffnen durften. Aber die anfängliche Euphorie hielt leider nicht lange an, da quasi sämtliche großen Kinoreleases verschoben wurden. In meiner verzweifelten Suche stieß ich zufällig auf Berlin Alexanderplatz. Das schicke Filmposter mit Neonbuchstaben reichte da schon aus um mich ins Kino zu locken. Nach 3 Stunden kam ich bewegt und etwas sprachlos aus dem Saal.

In Burhan Qurbanis Berlin Alexanderplatz geht es um Francis (Welket Bungué), der nach seiner traumatisierenden Flucht über das Mittelmeer in Berlin aufschlägt und ohne Aufenthaltsgenehmigung auf illegale, ausbeuterische Baustellenarbeit angewiesen ist. Nachdem er seinen Job verliert trifft er auf Reinhold (Albrecht Schuch), einen Drogendealer, der ihm ein besseres Leben verspricht. Wie am Anfang des Films verkündet, versucht Francis im Verlauf mehrfach, in Berlin Fuß zu fassen und sich aus den kriminellen Strukturen zu befreien, nur um immer wieder zu scheitern. Die Handlung ist sehr simpel gehalten, konzentriert  sich vor allem auf Francis´ Leidensweg und die Beziehung zu seinem Gegenspieler Reinhold. Durch die klare Plotstruktur fühlt man sich über die ganze Filmlänge nie desorientiert, was dem Film erlaubt, sein methodisches, schleichendes Tempo hervorragend auszuspielen.

Dabei bleibt die Handlung zumeist im Rahmen des Glaubhaften. Drogenbosse, die in Stripclubs ihren erfolgreichen Juwelierüberfall zelebrieren, laden zwar zunächst zu resignierten Augenrollen ein, der Film geht diese klischeebeladenen Elemente allerdings mit einer reflektierten und aufgeklärten Perspektive an.

Berlin Alexanderplatz ist sich seiner 180 Minuten nicht nur bewusst, er häuft sie sogar regelrecht zu einem Epos an, indem er die Story in 5 Teile + Epilog gliedert und die Akte wie in einer Sage erzählerisch einrahmt. Ebenso riesig wirken auch die Bilder, gerade im Kinosaal. In tiefen Neonfarben getränkt verweilt die Kamera häufig länger in eindrucksvollen Einstellungen. Dazu kommt eine ausgeklügelte, wunderbar aktive Tongestaltung.

Berlin Alexanderplatz ist kein makelloser Film aber viel zu interessant und bewegend, um im Corona-Sommer so vergessen zu werden.


Jujutsu Kaisen (Raul)

In der Herbst Season wurde für mich Interspecies Reviewers von diesem Brett ganz klar vom Thron des besten Anime 2020 gestoßen. Jujutsu Kaisen ist der neue Stern am Firmament der Shounen Anime. Er versucht damit die Fußstapfen der großen Klassiker von Dragon Ball, Naruto oder Bleach zu füllen und reiht sich somit neben My Hero Academia und Demon Slayer ein.

Es geht um Itadori Yuji, ein Schüler, der freundlich und auch sportlich begabt ist. Eines Tages wird er aus seinem normalen Leben gerissen und in einen Kampf von Exorzisten (Jujutsu Zauberern) und Dämonen (Flüche), um einen besonderen Gegenstand, hineingezogen. Es ist ein Finger Sukunas, des stärksten Dämonen aller Zeiten. Als einzige Möglichkeit seine Freunde zu retten, isst Yuji den Finger und nimmt somit Sukuna in sich auf. Nun muss er selber ein Jujutsu Nutzer werden und ist in ständiger Gefahr, dass das Monster ihn übernimmt und wieder Chaos verbreitet.

Die Story vom typischen Shounen Protagonisten mit dem “Evil Within”, wie bei Naruto oder Bleach ist zwar nicht neu, aber an Qualität mit das beste, dass die Animeindustrie derzeit zu bieten hat. Animiert von Mappa, die mit The God of Highschool schon unfassbare (visuelle) Arbeit geleistet haben und auch Attack on Titan würdig weiterführen, stellt Jujutsu Kaisen ein audiovisuelles Meisterwerk dar. Das Pacing und der Flow der Handlung ist auch unfassbar und hinterlässt kein Gefühl, dass etwas verpasst wird. Mit Action, Horror, Splatter, Comedy, Spannung und auch herzhafte Momente hat Jujutsu Kaisen alles, um das nächste große Ding zu werden.

Sieht man sich den Erfolg des Mangas in Japan an, kann man aber schon von DEM Hit seit Demon Slayer sprechen. Ich kann es kaum abwarten zu sehen, wo es mit der Geschichte noch hingeht. Und vom grandiosen Opening und Ending will ich gar nicht erst anfangen zu schwärmen.Jujutsu Kaisen ist auf der Streamingplattform Crunchyroll erhältlich. Den Manga gibt es direkt bei Kaze oder über Amazon zu erwerben.


The world to Come (christopher)

The World to Come erzählt die Geschichte zweier Frauen, die im 19. Jahrhundert auf dem Land leben und sich langsam näher kommen. Dieser Umstand wird durch den Fakt, dass die Beiden jeweils mit einem Mann verheiratet sind deutlich erschwert. Deshalb entdecken sie das geschriebene Wort für sich, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Sie verschaffen sich selbst eine Stimme, die außer ihnen niemand hören möchte. Der Drang nach nach neuen Erlebnissen und Ausblicken sprießt förmlich aus ihren blumigen Worten. 

Obwohl dieser Umgang mit Sprache ein essenzieller Teil des Films ist verkommt es nie zu einem billigen Stilmittel, das zur Reinen Vermittlung von Informationen benutzt wird. Als Kehrseite zu den Briefen und Tagebucheinträgen wird im tatsächlichen Kontakt vieles, was gesagt werden könnte, wird stattdessen nonverbal mit Gestik und Mimik ausgedrückt.  

Im direkten Kontrast zu der Wärme zwischen den Protagonistinnen steht die kalte Außenwelt. Analoger Grain, Schnee und Eis verbünden sich zu einem leuchtend hellen Anschlag, der sich im Rahmen des dunklen Kinosaals in die Augen einschneidet. Und natürlich sind auch die Ehemänner nur mäßig von dem Unterfangen der Frauen begeistert. 

Wer der Melancholie und dem Weltschmerz nicht abgeneigt ist sollte definitiv einen Blick riskieren.


Beastars (Max)

Der zweite Anime von dem ich mehr als 3 Folgen gesehen habe. Dabei handelt es sich um ein Highschool-Furry-Coming of Age Anime, was so ziemlich alle Genres vereint mit denen ich wenig anfangen kann.

Aber dieser 3D-Furry-Anime hat mich gecatched, denn innerhalb dieses weirden Genre-Mischmasch finden sich ein Haufen interessanter Metaphern wieder.

Worum geht es?Legoshi ein grauer Wolf, der im Theaterclub der Highschool ist, wird in einer Nacht von seinen Fleischfresser Instinkten eingeholt und stürzt sich auf das weiße Kaninchen Haru. Dabei schafft er es aber sich zu beherrschen und lässt sie mit einer leichten Verletzung am Arm davonlaufen. 

Da in der Welt von Beastars Pflanzen- und Fleischfresser friedlich zusammen leben ist Legoshi der eigentlich ruhige und zurückhaltende Wolf zutiefst von sich enttäuscht und verwirrt davon was in dieser Nacht geschah. Als er für eine Theatervorführung Blumen aus dem Gärtnereiclub holen soll, trifft er Haru wieder, welche diesen alleine betreibt. Sie scheint sich nicht mehr an den Vorfall in der Nacht zu erinnern. Nach kurzer Zeit zieht sie sich aus und versucht Legoshi zu verführen, da sie “schon immer einmal mit einem Wolf schlafen wollte”. An diesem Punkt kam ich nicht mehr klar. Aber Legoshi auch nicht, weshalb er Haru eine Decke über die Schultern legt und sich schnell davon macht. Darauf kommt Haru nicht klar, welche an der Schule schon für ihr ausgiebiges Sexleben gehänselt wird. An dieser Stelle wird klar das es sich hierbei nicht um einem komischen Sexanime handelt. 

Die beiden können allerdings nicht aufhören aneinander zu denken und scheinen ineinander verliebt zu sein, obwohl alle Gesetze der Natur dagegen sprechen. Immer stehen Legoshis Gefühlen im Konflikt mit seinen Fleischfresserinstinkten. Hinzu kommen noch ein aufgeladene politische Situation, da es vermehrt Morde an Pflanzenfressern gibt und der Ruf der Fleischfresser leidet. Dann gibt es noch einen Plot um die Theateraufführung und die Löwenmafia.

Während ich vor mehreren weirden Cringemomenten laut zu kichern oder lachen anfange, bin ich immer angetaner davon wie die Welt von Beaststars funktioniert. Die Charaktere sind vielschichtig, ihre Konflikte kann ich teilweise in meiner Lebenswelt wiederfinden und am Ende der 12 Folgen sind mir die Charaktere und die Welt mehr ans Herz gewachsen als ich anfangs gedacht hätte.  Das liegt wahrscheinlich daran, dass die Handlung für die Charaktere genauso weird war wie für mich.


Spiele


Townscaper (Tamara)

Es gibt sicherlich Argumente dafür, warum Townscaper nicht als Spiel bezeichnet werden kann. Es gibt keine Ziele, Level oder Storyline, dafür kann man aber jegliche Art von niedlicher kleiner (oder größerer) Stadt in einer prozedural generierten Welt bauen. Und bunt ist sie auch noch! 

Townscaper wurde im Juni auf Steam veröffentlicht (vom Schweden Oskar Stalberg) und es sammelten sich schnell Menschen, die die Grenzen des kleinen city builders austesten wollten, inklusive mir. Wann bildet sich ein Garten zwischen den Häusern? Wann werden die Wäscheleinen zwischen Türmen bunt? Wie bekomme ich Vögel auf den Dächern? Ich hatte unglaublich großen Spaß daran, alles irgendwie mögliche in diesem Spiel auszuprobieren und die hübschesten kleinen Dörfer und Städte zu bauen.

Und dann hab ich ein paar Tage lang das Hausarbeitschreiben prokrastiniert, indem ich eine von Minas Tirith inspirierte Stadt gebaut habe. Das ist definitiv eine der nerdigsten Sachen, die ich dieses Jahr so gemacht habe und ich fand, es ist mir ganz gut gelungen. Alles an Townscaper ist entspannend und entstressend, von den Farben über die Grafik zu den Sounds. Ich hoffe sehr darauf, dass es noch mehr Updates gibt und damit mehr kleine Dinge zu entdecken. Ich kann gar nicht genug betonen, wie bildhübsch und detailreich Townscaper ist, was es für mich zu einer der schönsten (und eben entspanntesten) Erlebnisse des Jahres gemacht hat.


Bayonetta & Vanquish 10th Anniversary Bundle (Raul)

Seit Jahren sieht man in Filmen und auch Videospielen den Trend alte Hits nochmal neu zu remasteren, remaken oder in Collections erneut auf den Markt zu bringen. So wurde das auch zur 10. Jubiläumsediton von Bayonetta und Vanquish von Platinum Games gemacht. Beide Spiele wurden visuell und technisch aufpoliert und zusammen für die aktuellen Konsolen released. Eigentlich, wie gesagt keine Besonderheit mehr, aber bei diesen Spielen, kann man einfach nichts falsch machen.

Bis heute noch zwei der besten Spiele von Platinum Games bieten Bayonetta und Vanquish verdammt gute Action, die bis heute noch mega viel Spaß macht. Unterschiedlicher könnten die Spiele jedoch trotzdem nicht sein.

In Bayonetta spielt man die gleichnamige Umbra Hexe, die 500 Jahre in einem Schlaf versetzt war und nun an Amnesie leidet. Immer wieder wird sie von Engeln angegriffen und als auf einmal eine andere Umbra Hexe, Jeanne, in ihr Leben tritt und die Engel mehr als sonst erscheinen, nimmt die Geschichte fahrt auf. Am Gameplay erwartet einen hier ein Character Action Game ähnlich Devil May Cry. Vom gleichen Director erschaffen, aber mit trotzdem einzigartigen Mechaniken, wie die Witch Time, machen die Combos immer noch mega viel Spaß und die Charaktere und Welt wissen auch zu unterhalten.

Vanquish hingegen ist ein 3rd Person Deckungsshooter in einem Sci-Fi Setting. Man spielt Sam, einen Soldaten mit einer experimentellen Super Rüstung, die ihn schnell über den Boden sliden lässt, körperlich verstärkt oder auch Zeitlupe auf Knopfdruck erlaubt. Bis heute habe ich kein Spiel gesehen, dass eine ähnliche Erfahrung bietet. Aus der Deckung eine gerauchte Zigarette zur Ablenkung werfen, eine Granate gleich hinterher und dann in Zeitlupe über die Deckung springen und gezielt die Granate kurz über den Köpfen der abgelenkten Gegner zu zerschießen, ist immer noch so verdammt cool!

Für Actionfans gibt es kaum andere Games, die ich mehr empfehlen könnte als Bayonetta & Vanquish in der 10th Anniversary Edition!


Risk of Rain 2 (Max )

Zwischen meinen Gegnern springen Blitze hin und her , diese lösen meine zielsuchenden Raketen aus, welche meine Gegner in die Luft jagen, sobald diese gehen in einer Explosion auf und stecken alle Gegner im Umkreis von 50 Meter in Brand. Was klingt wie eine Anime-Powerfantasy ist spielbare Realität in Risk of Rain 2. 

Dieser Roguelike-ThirdpersonShooter ist seit August 2020 aus dem early Access und glänzt mit nahezu unendlicher Replayability. Die Spieler*Innen spielen hierbei einen von 10 Survivor, wie z.B. einen Cybersamurai, eine Bogenschützin oder einen säurespuckenden Dino. Dabei besteht der Gameplayloop daraus auf einer Stage Gegner zu töten, welche Gold fallen lassen, mit welchem man Kisten öffnet in welchen sich Items befinden um den Teleporter zu benutzen, welcher einen nach einem Bosskampf auf die nächste Stage befördert. Alle fünf Stages können die Spieler*Innen entscheiden ob sie gegen einen Endboss antreten oder weitere Stages bestreiten um mehr Items zu sammeln. Dabei werden die Gegner mit voranschreitender Zeit stärker und die Spieler*Innen müssen eine Balance zwischen Gegner töten, Kisten öffnen und Teleporter aktivieren finden.

Was erst einmal recht kompliziert klingt, wird aber erstaunlich schnell internalisiert, was in erster Linie daran liegt, dass die Items nur passive Effekte haben, die Spielanfänger*Innen gar nicht wissen müssen was alle Items machen und deren Effekte durch ausprobieren kennenlernen. 

Als Roguelike verlieren die Spieler*Innen dabei alles wenn sie sterben, was die anfangs erwähnte Powerfantasy nur weiter verstärkt, denn ab einem gewissen Punkt sterben die Gegner genauso schnell wie die Spieler*Innen und es kommt ein unvergleichliches Machtgefühl gepaart mit einer konstanten Bedrohung auf. Dabei habe ich auch nach mehreren hundert Stunden nicht die Lust darauf verloren ab und zu mal eine Runde zu spielen ob allein oder mit Freunden. Risk of Rain ist nämlich mit bis zu 4 Spieler*Innen spielbar. Außerdem gibt es noch freischaltbare Modifier für Runs und Modsupport.

Eine Empfehlung für alle denen Roguelikes, Shooter, Looten und absurde Powerfantasien gefallen.


Xenoblade Chronicles (Leah)

Mit Xenoblade Chronicles: Definitive Edition erhielt das ursprünglich 2010 auf der Wii erschienene JRPG in diesem Jahr endlich ein HD-Remaster auf der Nintendo Switch, das nicht nur ein visuelles Upgrade bietet bringt sondern auch deutliche Quality of Life Änderungen in Gameplay und UI und einen neuen Epilog mit sich bringt. Worum geht es in dem Spiel?

Die Welt von Xenoblade Chronicles besteht aus den zwei gigantischen einst lebendigen, nun erstarrten Titanen Bionis und Mechonis. Bionis ist die Heimat der menschenartigen Homs, Mechonis die der Maschinenwesen Mechon. Homs und Mechon befinden sich im Krieg.

Spielende schlüpfen in die Rolle des jungen Homs und Wissenschaftlers Shulk, dessen Heimat auf dem Bionis zu Beginn des Spiels von den Mechon angegriffen wird. Nachdem seine Kindheitsfreundin Fiora bei dem Angriff von den Mechon getötet wird, bricht Shulk, zusammen mit Reyn und dem Schwert Monado, der einzigen Waffe, die den Mechon Schaden anhaben kann und Shulk Einblicke in die Zukunft erlaubt, auf, um Rache an den Mechon zu nehmen. Mehr möchte ich an dieser Stelle eigentlich gar nicht über den Plot verraten, denn was als simpler Rachefeldzug beginnt, nimmt im Laufe der Reise viele überraschende Wendungen und scheut nicht vor großen Themen wie Religion, der Frage danach, wie weit Wissenschaft gehen sollte und freiem Willen.

Apropos Reise! Auf dieser werden die beiden Titanen, bestehend aus großen, sehr offenen Gebieten bereist, die allesamt wunderschön und extrem vielfältig sind. Durch zahlreiche geheime Orte und besondere Monster laden sie zum Erkunden ein und machen klar, wo auf dem Körper der Titanen sich Spielende gerade befinden. Das Spiel bietet ein Kampfsystem in Echtzeit mit einem besonderen Twist durch Shulks Zukunftsvisionen: Vor potentiell tödlichen und besonders starken Attacken zeigt das Monado ihm die Zukunft, Spielende können diese durch ihr Eingreifen verändern und so das Blatt im Kampf wenden.Xenoblade Chronicles ist eines dieser Spiele, das nicht nur eine großartige Kombination aus Gameplay und Story bietet, sondern noch lange nachdem die Credits gelaufen sind in Erinnerung bleibt und nachdenklich stimmt. Ich kann Xenoblade Chronicles: Definitve Edition nur wärmstens empfehlen.


Musik


Spritibox (Raul)

Musik in Textform zu beschreiben, fand ich schon immer nicht leicht. Bei Spiritbox fällt mir das jedoch noch etwas schwerer.

Vielleicht erstmal ein paar Background Infos: Mit Sängerin Courtney LaPlante und Gitarrist Mike Stringer (links im Bild) haben wir zwei Abgänger der sehr verrückten Metalcore Band Iwrestledabearonce. Das Ehepaar gründete 2017 zusammen mit Bill Crook (rechts im Bild) die Band Spiritbox, um sich vollkommen mit ihrer Musik zu verwirklichen. Erst noch jahrelang independent ohne Label waren sie eher ein Geheimtipp in der Szene der härteren Musik. Doch von Anfang an war für mich klar, dass jeder wirklich JEDER Song von Spiritbox ein anderes Niveau hat, als vieles andere. Nach der gleichnamigen EP, überzeugte auch Single für Single.

Spiritbox sind für mich mit die emotionalste Band, die ich kenne. Sie bringen Wut, Aggressionen, Freude, Traurigkeit, machen mich nachdenklich, bringen mein Blut in Wallung und ziehen mich einfach in einen ganz besonderen Bann. Grund dafür sind vor allem auch Courtneys unglaubliche Vocals. Egal ob Screams, Growls oder gefühlvolle Cleans. Die 31 Jahre junge Frau überzeugt auf ganzer Linie und performt live sowie im Studio auf einem ganz hohen Level.

Obwohl ich Spritibox schon seit ihrer Gründung verfolge, konnte ich sie erst dieses Jahr im März live in München erleben. Zum Glück noch vor dem Lockdown, überzeugte die für viele unbekannte Band mich auch live und waren mein persönlicher Hauptact des Abends. Sich nach ihrem Auftritt mit ihnen ganz entspannt am Merch Stand zu unterhalten, war dann noch der perfekte Abschluss des Erlebnisses.

Warum Spiritbox nun dieses Jahr für mich auf diese Liste gehören, zeigen auch ihre 2020er Songs “Blessed Be”, “Holy Roller” und “Constance”. Diese haben die Metalwelt richtig aufmerksam werden lassen. Zudem gibt es zu fast jedem Song ihrer bisherigen Diskografie ein unglaublich, qualitatives Musikvideo. Auch Leute, die mit Metal nicht viel anfangen können,  kann ich Spiritbox sehr ans Herz legen. Songs wie “Rules of Nine”, “Perennial” oder “Constance” versprühen eine Magie, die ihresgleichen sucht. Vor allem letzterer Song schickte das Internet nach Veröffentlichung auf einen Feel Trip und hat glaube ich fast jede Person, die das Video sah zu Tränen gerührt oder zumindest emotional berührt, mich eingeschlossen.

Mit dem ernsten Thema der Altersdemenz, bringt “Constance” aber auch das Augenmerk auf die ältere Generation im Allgemeinen. In der derzeitigen Coronawelt sind gerade sie in großer Gefahr und wir erinnern uns an unsere Familien und wie wichtig jedes Mitglied ist. Von Jahr zu Jahr hält Spiritbox nun ihr hohes, unglaubliches Niveau und mausert sich immer mehr vom Geheimtipp zum neuen Newcomer der Szene. Ich kann die musikalische Zukunft der sympathischen Kanadier jedenfalls kaum abwarten.


100 Gecs – 1000 Gecs and The Tree of Clues (Max)

Ein Album, welches sämtliche Genrediskussionen und -definitionen auf den Kopf stellt. Hier haben die 100 Gecs, bestehend aus Laura Les und Dylan Brady, Remixe ihres 2019 erschienen Album 1000 Gecs gesammelt und produziert. Hier finden sich Fallout Boy, Charlie XCX und Tommy Cash auf einem Album wieder. Hier hört der Versuch meinen Musikgeschmack zu erklären endgültig auf. 

Am Anfang war das Hören dieses Album mehr als gewöhnungsbedürftig, inzwischen kommt der Dopaminausstoß beim Hören dem Konsum von Drogen gleich. Jedes Lied bietet eine eigene Soundkulisse: “hand crushed by a mallet remix”  welcher als Fallout Boy Emorock-Song beginnt und in absolut aggresivem Lärm endet, ein entspannter HipHop-Hyperpop Remix von “ringtone”, auf welchem Charlie XCX, Kero Kero Bonito und Rico Nasty die Hörenden mit bunt abgemischten und bearbeiteten Vocals beglücken, bis hinzu Happyhardcore Remixen  “xXXi_wud_nvrstøp_ÜXXx“ von 99 Jakes. 

Dieses Album ist bunt, es ist teils 90s retro, teils Futurepop und teils einfach nur Lärm. Es ist Musik die ich gerne Leuten zeige, einfach nur um zu sehen wie diese darauf reagieren. Denn dieses Album ist anders und es ist einzigartig. Die seltsamen Klangwelten werden wahrscheinlich alle Hörgewohnheiten in Frage stellen und es wird seine Zeit brauchen bis euch alle Songs gefallen. Ich kann euch aber nur empfehlen einmal alle Songs anzuhören, ich garantiere ein höchst abwechslungsreiches und neues Hörerlebnis und wenn ihr an einem der Songs gefallen findet, habt ihr über die Musiker*Innen direkt Zugriff auf mehr Songs dieser Art.

Für mich ist 1000 Gecs and The Tree of Clues ein Erlebnis, was mich bei jedem mal hören wieder überrascht und dafür gesorgt hat viele Musiker*Innen für mich zu entdecken.


Anderer Kram


Arte Dokus (Tamara)

Okay, Arte Dokus gibt es schon seit längerer Zeit, aber erst in diesem Jahr bin ich so richtig darin aufgegangen, verschiedenen Arte Kanälen auf YouTube zu folgen und ständig nachzuschauen, was denn für neue spannende Sachen hochgeladen wurden. 

Es viel mit in diesem Jahr sehr schwer, mich für Filme oder Serien zu begeistern. Die meisten schienen mit zu düster oder einfach nicht interessant genug, um sie jetzt wirklich anzuschauen. Aber bei Arte weiß ich, woran ich bin und die wirklich unendliche Ansammlung an Videos verschiedenster Länge bedeutet, dass ich immer etwas zum anschauen hatte. Eskapismus ist vermutlich für viele ein Stichwort des Jahres und wenn auch nicht alles, was ich dieses Jahr von Arte gesehen hab, in diese Kategorie passt, so ist es doch ein Großteil. Und ich liebe es einfach, mehr über Themen zu lernen, von denen ich immer mal schon mehr wissen wollte. Es gibt eine Doku über Friedrich Engels, über soziale Medien in China, warum wir eigentlich in der deutschen Sprache so seltsam zählen (naja, das ist nicht direkt eine Doku) oder über die Geschichte der Schrift. Es ist auf mit Sicherheit für jede*n was dabei und es ist auch ganz schön, zur Abwechslung mal nicht durch Netflix zu scrollen sondern eben durch einen Arte YouTube Kanal.


Wie ich 2020 Twitch für mich entdeckte (Tobias)

Ich kann Ruhe nur schwer ertragen. Beim Kochen, Aufräumen, Einschlafen – egal wann, ich habe immer ein Hörbuch im Ohr. Das Problem: Bei manchen Aufgaben lenkt das zu sehr ab. Zum Beispiel wenn ich versuche eine Hausarbeit zu schreiben. Aber still vor meinem PC sitzen kommt auch nicht in Frage. Dann drehe ich komplett durch. Letztes Jahr habe ich aber entdeckt, dass sich American Football hervorragend als Hintergrundrauschen eignet. Die Leute erzählen Dinge, die ich sowieso nicht verstehe, aber manchmal gibt es große Aufregung und man schaut mal für fünf Minuten zu. Die Perfekte Mischung aus Lärm, der mir aber egal genug ist. Da sich die ganzen starken Männer mit ihren Gehirnerschütterungen aber auch mal erholen müssen, habe ich mich zwangsläufig nach anderen Möglichkeiten umgesehen. Und wo gibt es viel Lärm um Dinge, die ich weder verstehe noch besonders interessant finde? Genau: Bei Twitch!

Und noch angenehmer, ich muss mich nicht um das Programm kümmern. Gepriesen sei die lineare Unterhaltung! Ich muss nur einen Kanal auswählen und schon kann ich stundenlanges Gebrabbel im Ohr haben und mich weiter auf meine Hausarbeit konzentrieren. Besonders zu empfehlen: Absurde Speedrun Herausforderungen. Zum Beispiel Pokémon nur mit Shinies durchspielen. Shinies sind seltene Variationen der normalen Taschenmonster. Um genau zu sein liegt die Chance bei Soulsilver ein Shiny zu finden bei 1 zu 8,192. Hört sich ein bisschen anstrengend an, oder? Das heißt für jedes Pokémon, das gefangen werden soll, muss das Spiel so lange neu geladen werden, bis sich ein Shiny zeigt. Im Stream von SmallAnt führt das zu schlappen 16,884 Resets bei einer Zeit von knapp 60 Stunden. Also Genügend Zeit um entspannt eine Hausarbeit anzufertigen.

Aber macht bloß nicht den Fehler in einen Stream reinzuschauen den ihr wirklich gut findet! Dann passiert es schnell, dass man drei Stunden anderen Leuten beim Zocken zuschaut, anstatt einfach selbst zu spielen. Von einer Art Spielekatharsis fehlt jede Spur. Es könnte ja die Hoffnung geben, durch die Verkörperung der Spielerfahrung im Stream, befriedige man sein eigenes Verlangen. Ich habe nach 3 Stunden Dota Stream leider zu viel Lust selbst mal wieder eine Runde zu versuchen. So oder so, ich habe dieses Jahr Twitch für mich entdeckt und genieße mindestens 25 Prozent meiner Zeit, den Rest bekomme ich sowieso nur halb mit. Und wer gerne mal in die Shiny Challenge reinschauen würde: SmallAnt hat auch einen gut gefüllten YouTube Kanal mit einer etwas kürzeren Version des „Speedruns“.


Baumgartner Fine Art Restauration (Tamara)

YouTube schlägt einem manchmal ja schon unglaublich seltsame Dinge vor. Irgendwann im Oktober war es bei mir ein Video von Baumgartner Restauration, das ich mindestens eine Woche lang immer wieder gesehen habe, bevor ich endlich draufgeklickt habe. Ich bin sicher ein Fan von Kunst, kenn mich aber wenig damit aus, weshalb ich gespannt war, ob ich Kunstrestaurierung irgendwie interessant finden würde und oh ja, sowas von! 

In den meisten Videos des Kanals kümmert sich Julian Baumgartner, Kunstrestaurator aus Chicago, um ein älteres Gemälde, das zum Teil gravierende Schäden hat und außerdem unbedingt mal gereinigt werden muss (der most mindblowing Teil des Prozesses). Jedes Gemälde ist unterschiedlich, manchmal tauchen während der Restaurierung viele weitere Probleme auf und die angewendeten Prozeduren sind nie gleich und benötigen Skills, mit denen ich nie gerechnet hätte. Allein deshalb habe ich bestimmt 30 Videos angesehen bevor mir auch nur ansatzweise langweilig wurde. 

Die neueren Videos sind länger und Julian nimmt sich die Zeit, seine Arbeit genau zu erklären und lässt den Zuschauer*innen damit auch Zeit, das Gemälde genauer zu betrachten. Er tut das alles mit einer unaufgeregten, sehr Podcast-geeigneten Stimme, unterlegt mit entspannender klassischen Musik und ohne großen Schnickschnack. Die Videos sind wirklich perfekt zum abschalten und nebenbei habe ich auch noch einiges über Kunst gelernt!


Pandemiefilme (Christopher)

Während der Pandemie haben es sich einige Regisseur*innen zur Aufgabe gemacht unter den bestehenden Einschränkungen kurze Filme zu kreieren. Oftmals wurde in den Resultaten Thematiken, die dieses Jahr schier allgegenwärtig anzufinden waren, reflektiert, dargestellt, oder ästhetisiert.

 Mein persönliches Highlight unter diesen Filmen ist Jonathan Glazers Strasbourg 1518. In diesem Kurzfilm vergleicht er die aktuelle Lage mit einem mysteriösen historischen Ereignis. Im Jahr 1518 begannen einige Einwohner Straßburgs aus bis heute nicht eindeutig geklärten Gründen manisch zu tanzen. Dieses Bild überträgt Glazer auf Tänzer*innen, die zu einem Track von Mica Levi wie wild in einem Zimmer tanzen. Jede*r in einem eigenen Zimmer versteht sich. So wird der Lagerkoller gekonnt in Szene gesetzt.

Diese Pandemie-Filme sind vielleicht keine Meisterwerke und man wird sie auch auf keiner Bestenliste des Jahres finden, aber sie sind in meinen Augen ein interessantes Zeitdokument. Gleichzeitig kann man durch sie vielleicht einen Funken Hoffnung erhaschen. Wenn es Menschen gibt, die es selbst in einer Pandemie nicht lassen können Filme zu drehen, dann steht es vielleicht um die Zukunft des Kinos nicht ganz so schlimm, wie es aktuell aussieht.