Nachdem großen Erfolg von Game of Thrones und dem nicht zufriedenstellenden Ende der Serie (“Game of Thrones”) sind viele hungrig nach mehr. Und der Blick fällt dabei schnell auf eins seiner neueren Werke. Siehe da, es hat sogar eine Serie auf Netflix. Nightflyers. Endlich ein gut umgesetztes Buch von George R.R. Martin? Oder eine weitere Enttäuschung, wie die 8. Staffel von Game of Thrones. Dieser Artikel ist für alle, die, genau wie ich, auf ein bisschen mehr Unterhaltung von George R. R. Martin hoffen, und auch vier Jahre nach GoTs Staffelfinale noch immer nicht erhört wurden.
In dieser Rezension möchte ich sowohl über den Roman „Nightflyers“ als auch über die gleichnamige Serie auf Netflix ein paar Worte verlieren. Das Werk stammt aus der Feder George R. R. Martins und wurde 2018 erstmals in Deutschland veröffentlicht, jedoch ursprünglich bereits 1980 verfasst. Somit zählt es zu seinem aktuelleren Werke nach seinem großen Fantasy Epos „Game of Thrones“ (GoT) trotz der Tatsache, dass es sich um eine Neuauflage eines älteren Werks handelt. „Nightflyers“ bewegt sich im Genre des Sci-Fi-Horrors. Beide Medien spielen im Jahre 2093 im Setting des Raumschiffs, das „Nightflyer“ genannt wird. Die Geschichte fokussiert sich auf ein Team, bestehend aus Wissenschaftler:innen, die von der Existenz der Volcryn erfahren haben. Eine Alien-Spezies, die es geschafft hat, unter extremen Bedingungen überleben zu können. Um den Menschen diese Lebensweise zu eigen zu machen, hielt es das Team für notwendig, nach dieser Spezies zu suchen und mit ihnen Kontakt aufzunehmen.
Hier enden jedoch auch schon die größten Gemeinsamkeiten, die Buch und Serie teilen. Denn zu meinem Bedauern wurde trotz der Angabe, dass George R. R. Martin bei der Produktion der Serie involviert sei, seinerseits keine Sichtung oder Anleitung vorgenommen, da er durch einen Exklusivvertrag an HBO gebunden ist.
Im Folgenden möchte ich auf ein paar der Charaktere der Nightflyers zu sprechen kommen, wie ich sie vergleichend in Buch und Serie empfunden habe.
Zunächst einmal Melantha Jhirl. Sowohl im Buch als auch in der Serie entpuppt sie sich als Protagonistin des Geschehens. Auch wenn Karl D’Branin der Kapitän des Teams ist und Roy Eris das Schiff steuert. Im Buch wird Melantha als die größte Person des Teams, schlank, trainiert, dunkelhäutig und als genetisch verbessert beschrieben. Sie legt nicht viel Wert auf emotionale Bindung, dafür jedoch auf Bindungen physischer Art. Bei Melantha hat mir in der Serie besonders ihre kleine Eigenheit gefehlt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu betonen, dass es sich bei ihr um einen „genetisch verbesserten Menschen“ handle. Wann immer ihre Auffassungsgabe oder ihre körperlichen Leistungen gelobt wurden, war sie nicht müde darum, diese Begründung zu verwenden. In der Serie wurde es lediglich einmal erwähnt und man musste sich selbst ins Gedächtnis rufen, dass ihr logische Schlussfolgerungen (ähnlich wie bei Sherlock Holmes) und physische Leistung von allein zufällt, weil sie ein genetisch verbesserter Mensch ist. Außerdem existiert ein weiterer Unterschied, der mich an ihrer Charakterpräsentation sehr gestört hat. Im Buch hatte sie durch ihren gesteigerten Überlebensinstinkt stets auch einen Vorteil allen anderen Charakteren gegenüber. Insgesamt manövrierte sie sich in der gesamten Geschichte nur ein einziges Mal in eine lebensbedrohliche Situation, aus der sie selbst gerettet werden musste. Ansonsten überlebte sie bis zum Schluss aufgrund ihrer deduktiven Fähigkeiten. In der Serie hat mir auch diese Eigenschaft sehr gefehlt.
Karl D’Branin wiederum ist ein Astrophysiker und wie bereits erwähnt der Kapitän der Crew. Im Buch empfand ich diesen Charakter als zielorientiert, prinzipientreu und fokussiert darauf sein Team zusammenzuhalten, damit diese entsprechenden Ziele auch erreicht werden konnten. In der Serie ist mir aufgefallen, dass hier sehr stark auf sein Familientrauma eingegangen wurde. Die Figur hat sich davon komplett überfluten lassen und konnte sich innerhalb der Serie eigentlich wenig auf das konzentrieren, weshalb er die Mission überhaupt begonnen hatte – was ich als höchst widersprüchlich zum Ende der Serie empfand, da er als einziger die Volcryn erreichen konnte. Auch hatte er im Roman einen guten Draht zu Roy Eris aufbauen können, der ihm immer wieder versicherte, dass er bei seiner Berechnung für die Route zum Erreichen der Volcryn vollkommen richtig lag.
Roy Eris wiederum war einer der geheimnisvollsten Charaktere im gesamten Buch, da er, obwohl er die gesamte Crew beobachtete, selten ein Wort über sich selbst verlor. Er besaß ein Zimmer, das niemand betreten durfte, und erschien den Crew-Mitgliedern ansonsten als eine holografische Projektion. Ich empfand es als enttäuschend, dass so gut wie alle seine Geheimnisse in der Serie innerhalb der zweiten Folge aufgedeckt wurden, denn für mich machten sie den überwiegenden Teil des Spannungsaufbaus der Geschichte aus. Somit war klar, dass sich der Rest der Geschichte komplett von dem Roman unterscheiden würde, und ab der besagten 2. Folge ging es für mit der Spannung abwärts. Weiterhin gab es einige Charaktere, die im Roman bereits unglücklich verheiratet waren. Jedoch in der Serie gerade erst zusammengekommen sind. Folgend entwickelte sich die Geschichte wie auch im Buch, sodass die Beziehung, der beiden thematisiert wurde und später als psychische Belastung des zurückgebliebenen Ehepartners dienen sollte. Problematisch macht es die Serie nur in der Form dann, dass die Dynamik der Charaktere eine vollkommen andere ist. Die Tiefe der Beziehung eines bereits unglücklichen verheirateten Paares im Vergleich zu einer Beziehung, die gerade erst entstanden ist, ist fundamental unterschiedlich. Diese Änderung führt zu einem störenden Faktor in der Erzählungsstruktur.
Insgesamt hat Martins Roman auf der Angst vor dem Unbekannten gefußt und diese Angst hat sich sehr schön durch den gesamten Roman gezogen. Durch die komplette Umstrukturierung und beinahe schon Verfälschung der Charaktere hat sich die Serie für mich daher auf narrativer Ebene nicht nachvollziehbar angefühlt. Den Blick ins Buch kann ich jedem Sci-Fi/Horror-Fan nahelegen. Die Serie ist mit dem Wissen des Romans nicht zu empfehlen. Auf Rotten Tomatos liegt die allgemeine Bewertung von Zuschauer:innen bei 38 % und das erklärt vielleicht auch, warum es auf Netflix keine weitere Staffel mehr geben wird. Was Verfilmungen von Büchern oder Spielen angeht, bin ich immer wieder erstaunt, wenn es auf der narrativen Ebene scheitert, da diese doch eine solide Grundlage bieten. Stattdessen wird sich, wie in diesem Beispiel, kaum an die ursprünglichen Autor:innen gewandt. „Nightflyers“ hatte visuell sicherlich einiges zu bieten, nur konnte diese Schaulust manche Narrationslücken in meinen Augen nicht wettmachen.
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