Als die Eltern von Gils (Owen Wilson) Verlobter Inez (Rachel McAdams) beruflich von Amerika nach Paris müssen, steigt das Pärchen auf den Zug auf und fliegt sofort mit. Drehbuchautor und Erstlingsromanschreiber Gil begeistert sich schon seit längerem für die goldenen Zwanziger und die Persönlichkeiten aus der Malerei, dem Schriftstellertum und dem frühen Film. Er glaubt fest daran, dass er sich in dieser Epoche mehr zu Hause fühlen würde.
Der Amerikaner verliebt sich sofort in die Stadt der Lichter und verfällt ihrem Charme – was Inez nicht nachvollziehen kann. Zusammen mit ihrer Mutter gibt sie sein Geld schon für die Möbel im noch inexistenten Traumhaus aus und schüttelt entnervt den Kopf über so viel Gefühlsduselei.
Eines Nachts beginnt Gils fantastisches Abenteuer: die Reise in die Vergangenheit. Es ist Mitternacht, Gil kommt von einer Weinprobe und mitten in Montmartre fährt eine alte Karosse vorbei, hält an und die Insassen in ihren Zwanzigerkleidern – bereits fröhlich am Feiern – fordern Gil auf einzusteigen. Endstation ist eine schicke Wohnung, in der eine riesige Feier steigt. Sein Blick verrät, dass Gil das Ganze zuerst für eine Kostümparty hält. Doch als die Gastgeber Scott Fitzgerald (Ja, der Scott Fitzgerald) mit seiner Verlobten Zelda (Tom Hiddleston und Alison Pill) ihm bestätigen, dass der Herr am Klavier nicht nur aussieht und spielt wie Cole Porter (Yves Heck), dämmert es Gil langsam, dass nicht die Weinverköstigung an dieser Verrücktheit schuld sein kann.
Gil trifft in einer Bar auf Ernest Hemingway, der ihm Gertrude Stein als Betaleserin vorschlägt. Gil ist sofort begeistert: die Gertrude Stein soll sein erstes Buch gegenlesen? Als er die Bar verlässt um sein Manuskript aus dem Hotel zu holen, ist die Welt auf einmal wieder die Alte. Da, wo zuvor noch Fitzgeralds Wohnung gewesen war, befindet sich jetzt eine Wäscherei.
Doch, wie sollte es anders sein, auch in den darauffolgenden Nächten kommt an besagter Stelle ein Taxi in die Vergangenheit vorbei, um Gil mitzunehmen. Die Geschichte nimmt ihren Lauf. Bei Stein trifft Gil auf Adriana (Marion Cotillard), die Geliebte von Pablo Picasso (Marcial Di Fonzo Bo). Beide spüren eine gegenseitige Zuneigung, was bei Gil ein Gewissensdilemma verursacht.
Doch geistreiche Hilfe kommt von allen Seiten: Alle Berühmtheiten der Welt der 20er scheinen sich in Paris ein Rendezvous gegeben zu haben. Ein bisschen sollte man sich mit diesen Persönlichkeiten auskennen, um alle Anspielungen zu verstehen. Einem Medienwissenschaftsstudenten der Uni Bayreuth mit einem guten Allgemeinwissen zu Malern und Schriftstellern der Zeit werden sie aber geläufig sein: Luis Buñuel (Adrien de Van) und Salvador Dalí (in perfekter Komik Adrien Brody) versuchen Gil in seiner verwickelten Gefühlswelt etwas zur Seite zu stehen – jeder in seiner ganz persönlichen Art.
Eine Lehre zieht Gil aus diesem Abenteuer: dass nicht eine bestimmte Epoche den Menschen glücklich macht, sondern nur er selbst seines Glückes Schmied ist. Soviel sei verraten.
Inez und ihre Eltern (Kurt Fuller und Mimi Kennedy) sind leider etwas zu aufdringlich gezeichnet, so dass man als Zuschauer nicht die Chance hat, sie zu mögen. Das macht es für die Geschichte natürlich etwas einfacher. Eine Überdosis an Snobismus hätte das Ganze zu einer richtigen Komödie werden lassen können, so war es nur ein harmloser Versuch und die Familienszenen anstrengend. Was sich Woody Allen bei der Besetzung der Pariser Museumsführerin gedacht hat, bleibt wohl ein Rätsel. Statt als unwichtige Rolle neutral zu bleiben, bewirkt die Ehefrau des französischen Präsidenten Sarkozy, Carla Bruni, gemischte Gefühle und bauscht die Rolle unnötig auf.
Fazit: Als anspruchslose Abendunterhaltung mit einer schönen Idee und einigen Lachern ganz nett.
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Midnight in Paris (2011)
Regie: Woody Allen
Darsteller: Owen Wilson, Rachel McAdams, Marion Cotillard, Adrien Brody
Wenn bei seinen rekordmäßigen 1,5 Filmen pro Jahr nur so etwas rauskommt, soll er lieber in zwei Jahren einen Streifen drehen und dafür aber einen hochwertigeren. Ich hab noch nicht sehr viele Woodys gesehen, aber bisher waren die für mich meist ein Qualitätsmerkmal. So kann’s gehen.
Ich fand es erfrischend, dass Allen mal nicht mit Scarlett Johansson gedreht hat. Das war auch schon alles an Innovation.
Ich kann dir nur zustimmen. Die Kulisse war bezaubernd, Paris einfach umwerfend. Doch die Charaktere unglaublich langweilig und einseitig. Selbst Bruni hat mich enttäuscht. Vollkommen überflüssig! Und am Ende trifft der junge Autor dann auf eine Frau. Das war absehbar. Aber wieso auf die Verkäuferin aus dem Antiquariat? Es gab kaum Bezüge zu ihrer Rolle.
Leider hat mich „Midnight in Paris“ auch weniger begeistert. Auch „Whatever Works – Liebe sich wer kann“ und „Ich sehe den Mann deiner Träume“ waren eher belanglos, zu neurotisch und vor allem zu unbrilliant. Ich hake auch diesen Allen-Film als „Gesehen“ ab und warte auf den nächsten Woody Allen Film. Dann hoffentlich mit mehr Wort Witz und infantileren Begebenheiten.