Vorwort:

 Eigentlich wollte Valle hier sein eigenes Vorwort schreiben. Da er damit aber leider der Gruppe dieser alten Revoluzzer und Individualisten ziemlich nahe gekommen ist, musste hier kurz eingegriffen werden. Das wirkliche Vorwort bleibt beim Chef! Punkt geklärt. Weitermachen.

Vorwort:

Obacht. Auch dieser Artikel ist nicht nur in der unmittelbaren Semantik, sondern auch vom ganzen Thema und dessen Darstellung her ironisch.
Ich habe mich dafür entschieden, weil ich in dem Glauben erzogen wurde, dass Ironie cool ist. (Und schon hab ich damit angefangen. Seht ihr? Es ist wie eine Krankheit.) Dazu nehmt noch ein Zitat aus Christopher Moores „Lamb“ und wir können anfangen.

It’s wildly irritating to have invented something as revolutionary as sarcasm, only to have it abused by amateurs.
– Biff in Lamb: The Gospel according to Biff, Christ’s Childhood Pal.

PS: Ja, ich schreibe jetzt meine eigenen Vorworte. – Shut up, asshole! – Okay.

Das neue Establishment und die alten Revoluzzer

Oder: „Wer zweimal mit dem selben pennt, gehört schon zum-“ „Schnauze, Schlampe!“

Anders, neu, individuell. Sogar an der Uni lernen wir noch, dass Identität durch Individualität kommt. Und wer sind wir, wenn wir keine Identität haben? Identität, das Dasein von Jemand sein. Und jetzt rennen Generationen von Menschen sich gegenseitig auf den Füßen rum, in dem Versuch, sich selbst zu inszenieren, individuell zu machen und die soziale Anerkennung zu bekommen, jemand zu sein. Kein Wunder, dass die Performance im Moment der Renner ist.

„Me and mine don’t follow no stinkin‘ rules. We’re rebels.” – “No, I’m a rebel. You’re an idiot. Give the lot of us a bad name.“
Spike in Buffy, the Vampire Slayer

Grundsätzlich gibt es zwei Arten von Individuellen (Ja, wir kategorisieren jetzt.). Die, die den mainstream ablehnen und die, die alles ablehnen. Beide eigentlich dieselben (Beide: Alternativ sein). „Ich lasse mich nicht kategorisieren!“ Es sind die Coolsten. So einfache Zielscheiben. Beide Gruppen sind so geläufig, dass sie schon die größte Masse an Menschen ausmachen. (Ich rede hier nur von der jüngeren Studentengeneration. Warte. Eigentlich nicht.). Jeder (Und jetzt verallgemeinern wir auch noch.) zelebriert seine Andersartigkeit so sehr, thematisiert sie bis zum erlösenden Erbrechen, dass er gar nicht merkt, wie sein Nächster genau dasselbe macht (Weil jeder mit seinem eigenen Ich beschäftigt ist und nicht auf das nächste achtet, schon klar, oder?).

Das soll aber gar nicht so sehr das Thema sein. Wie alle Egomanen sind und es lieben, sich im Spiegel zu betrachten, verdient tausend weitere Artikel (Vielleicht auch nicht, weil sonst Menschen denken, dass es ~wirklich~ um sie geht).

Wie dem auch sei. Wir haben also eine große Masse an Revoluzzern (allesamt Atheisten), die sich redlich Mühe geben, nicht zur großen Masse zu gehören. Sie revolutionieren also gar nichts, sondern nehmen ihre Rolle als ironischer Anachronismus wie Schafe ein. Das ist gut, Häuptlinge haben wir genug, wir brauchen mehr Indianer! Und, im Ernst: Diese ganze Revolutionssache wird doch wirklich alt.

If irony is the ethos of our age — and it is — then the hipster is our archetype of ironic living.
How to live without irony, www.nytimes.com (2.1.2012)

Dagegen steht das in unserer Generation ausgestorbene Establishment. Bestehend aus Leuten, die einfach nicht auffallen wollen oder denen es egal ist (Wir sehen, dass es nicht immer cool ist, wenn jemandem etwas egal ist?). Die soweit von dem ganzen Zirkus entfernt sind, dass es einfach keine Verbindung gibt.

Und solche Leute sind die neuen Revoluzzer. Die Leute, die in der Schule drangsaliert wurden oder gleich völlig ignoriert, weil sie Muttersöhnchen, Streber oder Kurzhaarschwuken waren! Die neuen Trendsetter. Das geht raus an euch! Viva la Restauration!

Was bleibt für unsere revolutionären Freunde, die so hart versuchen anders zu sein? Liebe Menschen. Herzlichen Glückwunsch. Die 68er hatten Erfolg. Ihr, die Revolution, seid das neue Establishment. Und je mehr ihr das verneint, desto tiefer seid ihr drin.
Das ist nun ganz und gar nichts schlechtes. Establishment ist gut. Zivilisation braucht eingefahrene, alte Zustände, an denen man sich orientieren kann. So entstehen Institutionen. Wie Kirche zum Beispiel. Ich danke euch hart dafür.

Das Ergebnis? Egal, was man macht. Wie man es versucht. Es kann einem entweder so sehr egal sein, dass man es zu hart versucht, oder man kann von vornherein versuchen, was immer als zu hart enden wird. I know. Heinous fuckery, most foul. Verantwortlich für das alles sind vermutlich klassische Dramaturgie und die liberalen Medien (nur falls jemand die Schuld abwälzen will). Eine Kategorie findet sich für jeden, liebe Menschen. Glaubt gar nicht, dass ihr der mächtigen Pauschalisierung (und – bei der Gelegenheit – dem gefährlichen Halbwissen) entkommen könnt.
Wir sind alle eine Einheit. Eine Menschheit.

Und Valle hasst sie Alle.