Wir befinden uns in der Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende. Die Eisenbahn ist fester Bestandteil des modernen Lebens, das Automobil wurde gerade erst erfunden, man kann über neumodische Telefone jederzeit Jeden kontaktieren. Die Welt sprudelt über vor neuen Erfindungen, alles befindet sich im Umbruch. Politische Spannungen und eine vom Kapitalismus verwöhnte westliche Gesellschaft sind die Spielstätte der Van-Dusen-Chronik – Der Hörspielreihe, die vom letzten Universalgenie der unübersichtlich gewordenen westlichen Welt erzählt: Professor Doktor Doktor Doktor Augustus van Dusen, Denkmaschine, Wissenschaftler und Kriminologe, genauer gesagt Amateurkriminologe.
Und genau um diese große Leidenschaft des Professors, die Kriminologie, drehen sich seine Abenteuer. Dank van Dusens Wissen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Mathematik, Logik, Zoologie, Biologie, Medizin oder Aeronautik gibt es, getreu dem Motto 2+2 ist 4 keine unlösbaren Fälle.
Da wo Scotland Yard, die New Yorker Polizei oder sogar Sherlock Holmes scheitert, greift van Dusen ins Geschehen ein und löst durch außergewöhnliche Kombinationsgabe und genaue Analyse ein ums andere Mal die kniffligsten Fälle. Stets bewahrt er dabei die Ruhe und Eleganz, manchmal ist er hilfsbereit, meistens aber eher arrogant, wie sollte er auch anders sein, angesichts seiner überwältigenden geistigen Fähigkeiten.
Der allseits bewunderte schlaue Kopf wohnt eigentlich in New York, wo er Inhaber von gleich vier Lehrstühlen an der städtischen Universität ist, doch im Verlauf der Geschichte ist Van Dusen fast überall auf der Welt: tief im Westen der USA, in Mexiko, Alaska, Paris, Berlin, London, Moskau, St. Petersburg, Schottland, Sylt, oder in Krawonien, dem mittlerweile nicht mehr existenten Zwergstaat auf der Balkanhalbinsel.
Ach ja, natürlich gibt es da noch eine sehr wichtige Person: Hutchinson Hatch, Starreporter beim Daily New Yorker, Chronist und ständiger Begleiter des Professors. Aus seiner Perspektive wird das Hörspiel erzählt. Mal nimmt er die Position des Berichterstatters aus dem Off an, mal ist er handelnde Person. Hatch ist das glatte Gegenteil von Prof. van Dusen. Er säuft, raucht, fröhnt den weltlichen Genüssen des Lebens und ist dank seines reichen Vaters, dem Gründer des Daily New Yorkers, ein wichtiges Mitglied der New Yorker High Society.
Somit gleichen sich die beiden Protagonisten gut aus. Dem eher schweigsamen, in sich gekehrten Professor van Dusen steht ein geschwätziger, lebensfroher Chronist zur Seite. Den beiden haftet das „alte Ehepaar-Syndrom“ an: Ständig necken sie sich, aber ohne einander können sie auch nicht. Der arme Hatch wird ob seiner mangelnden Denkkraft oft vom sehr von sich selbst überzeugten Professor geärgert, nimmt das aber mit unverrückbarer Selbstironie hin. Dementsprechend gestaltet sich auch sein Erzählstil. Witzig, pointiert, detailiert und von Anfang an, wie es der strenge Auftraggeber Prof. van Dusen verlangt.
Besonders interessant ist auch: Im Hörspiel werden geschichtliche Ereignisse geschickt mit der fiktiven Handlung verknüpft. So erfährt man oft Wissenswertes und unbekannte Details aus dem Weltenverlauf.
Genauso erkennt man bekannte Romanfiguren wie Freddy Krueger, Das Phantom der Oper, Sherlock Holmes, oder Lewis Carrolls Märzhasen wieder.
Der Autor Michael Koser entwirft ein glaubwürdiges Bild der Gesellschaft, wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts tatsächlich gewesen sein könnte. Der Mord im Club erzählt vom Mord innerhalb britischer Salonherren, Hatch trifft Kaiser Wilhelm und warnt vor einem möglichen Krieg, im sagenumwobenen Orientexpress werden die beiden Protagonisten vom krawonischen Geheimdienst verfolgt, türkische Eunuchen und amerikanische Cowboys wechseln sich ab und sorgen in den insgesamt 77 Folgen für Hochspannung.
Die erste Folge kam bereits 1978 heraus. Produziert wurde die Hörspielreihe bis 1993 von RIAS („Rundfunk im amerikanischen Sektor“) Berlin. Danach sprang dann das Deutschlandradio ein, das die Chronik noch bis 1999 fortführte.
Prof. van Dusen ist ein Hörspiel für jede Altersgruppe. Originell gemacht und gut recherchiert bereiten die meist knapp eine Stunde dauernden Geschichten auf jeden Fall Vergnügen. Auch für Fanatiker der visuellen Medien bieten diese Hörspiele eine tolle Abwechslung zum eintönigen Filmkonsum.
Weitere Infos: http://www.profvandusen.com/
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