Manche Franchises haben etwas von einer Achterbahn. Und mit der seit dem Jahr 2008 laufenden Fahrt namens Marvel Cinematic Universe ging es in den letzten Jahren doch ein wenig auf und ab. Einen klaren Höhepunkt stellte allerdings vor drei Jahren der von den Massen heiß erwartete und sensationell erfolgreiche The Avengers dar. Seitdem war es natürlich auch nicht ruhiger geworden um die mächtigsten Helden der Erde. Wer sich während dieser Zeit mit den Post-Avengers Filmen, wie dem recht konstruierten Thor – The Dark World oder auch dem bis heute die Gemüter spaltenden Iron Man 3 vertrösten musste, durfte zu Recht eine gewisse Skepsis zeigen, wohin sich das nächste Zusammentreffen der Heldentruppe denn entwickeln würde. Einzig und allein The Return of the First Avenger wusste in dieser Zeit zu überzeugen und kann als der einzige Film betrachtet werden, auf dessen Inhalte noch klar Bezug genommen wird. Aber genug von der Vergangenheit, denn nun ist endlich Age of Ultron da und es wird aufgeatmet. Zwar kommt der Film nicht ganz an das erste Abenteuer der Avengers ran, aber das muss er auch nicht, um Spaß zu machen.
Unter den recht einsilbigen Filmfans gibt es immer zwei Prädikate, die mehr oder weniger aus Scham gesagt werden, weil einem nichts Besseres einfällt. Diese werden für jeden Film, dessen Handlung vielleicht unter zu großen Materialschlachten in den Hintergrund gerät, regelmäßig ausgesprochen. Das erste wäre:
Die Effekte waren gut!
Dass diese Aussage bei einem Film in der Größenordnung von den Avengers nicht gemacht werden muss, soll als selbstverständlich angesehen werden. Nicht umsonst pumpt Marvel Unsummen in diese Filme und was ein Effektfeuerwerk angeht, wird hier sowohl qualitativ als auch quantitativ natürlich nur das Beste aufgetischt. Womit wir beim zweiten Prädikat wären:
Die Action hat mir gefallen!
Auch was diese immer wieder gern gesagte Phrase am Ende eines Kinoabends angeht, kann man Age of Ultron nur einen Stempel der Kategorie “sehr gut” aufdrücken, mit dem kleinen Zusatz, dass hier an manchen Stellen ein bisschen weniger Karacho vielleicht gut gewesen wäre. Speziell der dritte Akt erinnert sehr stark an den Vorgänger und schlittert nur sehr knapp daran vorbei einen ermüdenden Faktor zu erreichen.
Genug von den Lobeshymnen für das Offensichtliche. Was einen Avengers-Film schon vor 3 Jahren interessant machte, war natürlich vor allem die Konstellation der vielen Heldenpersönlichkeiten und wie einem großen Ensemble durchaus einzigartiger Charaktere in 2 1/2 Stunden überhaupt genug Platz gegeben wird. Auch in Age of Ultron bekommt wieder jede Figur genug Raum, um sich zu entfalten, wobei die wahren Highlights natürlich in der Interaktion und den verschiedenen Meinungen der Helden liegen. Was das angeht wird hier diesmal aufeinandergeprallt bis zum geht nicht mehr. Wie rettet man denn nun am besten die Welt, wer hat Recht und ist dieses Ultron-Programm im Grunde nicht sogar eine gute Idee? Wie auch schon im ersten Teil sind die Kämpfe der Helden untereinander (sowohl verbal als auch physisch) durchgehend präsent und bieten teilweise ein größeres Vergnügen als die Zerstörung einer scheinbar endlosen Armee von Feinden. Die Erwartung, nach Teil 1 eine perfekt agierende Truppe, die mit sich und der Welt im Reinen ist, im Kampf gegen das Böse zu sehen, wird zum Glück enttäuscht. Denn gerade die Uneinigkeit der Avengers macht das ganze Spektakel noch interessanter.
Wo wir gerade vom Bösen sprechen: Der titelgebende Ultron bleibt trotz aller Bemühungen leider etwas blass. Wer sich die deutsche Version zu Gemüte führt, wird hier natürlich nicht James Spaders hochgelobte, hypnotische Stimme hören, was natürlich schade ist. Andreas Fröhlich (alias Edward Norton oder John Cusack), macht hier natürlich auch einen guten Job, auch wenn der Vorwurf gestattet sein soll, dass seine Stimme irgendwie etwas zu hell und „hip“ für einen Bösewicht klingt.
Statt des charismatischen und eleganten Bösen, wie es ein Loki verkörperte, gibt es diesmal also, um es oberflächlich zu sagen, ein Killer-Programm/Roboter. Veränderungen sind bei Fortsetzungen natürlich grundsätzlich etwas Gutes und der quasi omnipotente Ultron ist eine Form der Bedrohung, der so schnell kein anderer Bösewicht das Wasser reichen kann. Besonders die Szene, in der er zum “Leben” erweckt wird, erzeugt eine sehr düstere Stimmung. Ultrons Philosophie ist auch interessant, ihr wird aber leider zu wenig Raum gegeben. Der Mensch, der im Grunde seinen eigenen Untergang bedeutet, bleibt aber ein guter Ansatz, wenn es auch nicht die neueste Idee ist (man erinnert sich so gern an die 3 Regeln der Robotik). Trotzdem bieten die Avengers in diesem Punkt zum Glück eine frische Krise für die Welt, denn die Eroberung durch Außerirdische wurde mittlerweile schließlich abgehakt.
Ein Lob soll in diesem Sinne natürlich auch an Regisseur Joss Whedon (und Marvel im Allgemeinen) gehen , denn trotz der Weltuntergangsstimmung bleibt Age of Ultron ein ausgeglichener Film, der zwar durchaus seine düsteren Momente zeigt, aber mit Witz und Intelligenz der Mentalität „Darker is Better“, der sich viele (Comic)-Filme spätestens seit The Dark Knight zugewandt haben, fern bleibt.
Abwechslung entsteht, abgesehen vom Bösewicht, auch durch die neuen Gesichter im Film. Das Zwillingspaar Wanda und Pietro Maximoff (alias Scarlet Witch und Quicksilver), die das erste Mal in der Post-Credit Sequenz von Return of the First Avenger vorgestellt wurden, können aber leider nur zur Hälfte wirklich überzeugen. Denn während Wanda sowohl durch ihre Fähigkeiten und ihren Charakter interessant wird, bleibt für Quicksilver, der natürlich auch “talentiert” ist, abgesehen von ein paar coolen Sprüchen fast kein Platz mehr, um seine Figur in irgendeiner Form interessant zu halten. Für eine spektakulärere und angenehmere Interpretation der Figur wird dann doch zum letzten Abenteuer der X-Men geraten.
Die restliche Riege der Schauspieler bleibt natürlich auf ihrem gewohnten Level. Schließlich hatte mittlerweile fast jedes der Avengers-Mitglieder seine 2-3 eigenen Filme, wodurch die bekannten Gesichter mit ihren Persönlichkeiten wieder überzeugend in Aktion treten. Es ist natürlich schön zu sehen, dass gerade den Mitgliedern der Truppe, die noch keinen eigenen Film hatten, mehr Raum gegeben wird. Speziell Hawkeye erhält hier mehr Tiefe, wobei dieses kleine Intervall um seine Figur natürlich auch als kitschig und gewöhnungsbedürftig angesehen werden kann. Gleiches gilt für Bruce Banner und Black Widow, die sich diesmal nicht nur als hübsche Assassine durch den Film kämpft.
Was etwas negativ auffällt, sind einige sehr sprunghafte Momente. Vor allem Thors Vision und sein damit verbundener Ausflug wirken wie ein kleiner Fremdkörper, der im Grunde nich so recht ins Gesamtbild passt. Hier ist die Größe des MCU wahrscheinlich sein größter Feind, denn irgendwie musste wohl auf kommende und bereits existierende Werke angespielt werden (das Wort „Infinity Stones“, soll hier einfach mal für sich selbst sprechen).
Das heimliche Highlight des Films bleibt aber ein ganz anderer. Paul Bettany, der seit dem ersten Iron Man-Film die Stimme von Tony Starks Programm “Jarvis” ist, darf in Age of Ultron tatsächlich vor die Kamera treten, wenn er auch durch Maske und Kostüm etwas unkenntlich gemacht wurde. Sein Auftritt als Vision, der für den ein oder anderen im ersten Moment sicher mit einem kleinen Fragezeichen verbunden ist, bringt definitiv einen der besten und gleichzeitig cleversten Lacher mit sich.
Insgesamt überzeugt Age of Ultron. Man bekommt ein abwechslungsreiches Action-Feuerwerk mit viel Witz serviert. Die Schlacht am Ende ist vielleicht etwas zu üppig geraten und den ein oder anderen coolen Spruch hätte sich dieser Film an manchen Stellen auch sparen können, aber das soll in diesem Sinne kein Vorwurf sein, denn schließlich muss es knallen und bei den Marvel-Helden knallt es richtig. Es darf sich also auf das nächste Mal gefreut werden, wenn es heisst „Avengers Assemble“ und da gibt es dann nach dem Start von Ant-Man am 23.07 noch einmal Zuwachs, denn auch dieser Herr (zusammen mit den Guardians of the Galaxy) wird sich in zukünftigen Avengers-Filmen des MCU wieder finden. Aber nun heisst es wieder warten. Noch macht es Spaß, sich Geschichten mit einer Vielzahl an Helden in einem guten Mix aus Witz und Action anzusehen.
PS.: Wer sich auf eine Szene in den Credits freut, wird hier auf ein bekanntes Gesicht treffen. Nein, diesmal ist es nicht Howard the Duck.
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