Folge im Ganzen

Nadja The Gift war meines Erachtens eine sehr stimmige Folge, die es endlich einmal schaffte, bei jedem Hauptcharakter dieser Episode eine schöne Wendung oder ein einschneidendes Erlebnis einzubauen: Allen voran Cersei, deren Intrigen endlich auf sie selbst zurückfallen. Sansa hat ein Déjà-vu à la Joffrey-zeigt-ihr-den-Kopf-ihres-Vaters, Jorah und Tyrion treffen endlich auf Daenerys, Stannis muss sich entscheiden, die Nachtwache fällt nach Maester Aemons Tod mehr und mehr auseinander. Und Sam hat es nach Jons Abreise nicht leicht, dafür darf er endlich Sex haben… Die Folge hat kräftig Fahrt aufgenommen und somit viel für die letzten drei Episoden versprochen.

Ursula Ja, es war eine sehr bunte Folge. Es ist, als wären die Hauptcharaktere endlich von der Leine gelassen worden. Aus dem Winterschlaf aufgewacht – und das, wo doch der Winter gerade erst beginnt. Ja überhaupt wurde in dieser Folge endlich augenscheinlich, was uns schon seit der ersten Staffel prophezeit wird: „Winter ist comming“. Und zum ersten Mal wird Stannis vor die Wahl gestellt, ob er Winterfell erorbern möchte oder ob er sich nicht lieber vorher selbst ein Winterfell wachsen lassen sollte… Ich habe es außerdem genossen John Snow bei seinem Aufbruch zu den Wildlingen zuzusehen, weil er damit wieder aus dem düsteren Setting des Castle Black rausgekommen ist. Auf Sams Entblümungs-Szene hätte ich wirklich verzichten können, aber ich bin sicher, für seinen Charakter wird es nur von Vorteil sein!

Jannik Mir hat diese Folge auch sehr gut gefallen! Egal, ob an der Mauer oder in King’s Landing – die Charaktere schreiten alle einem Staffelfinale entgegen, das es in sich haben wird. Stannis flieht vor dem erbarmungslosen Winter, Tyrion trifft endlich auf Daenerys und Cersei wird für ihre Sünden zur Rechenschaft gezogen – nach der kontroversen, schockierenden sechsten Folge hat es der Spannung nun gut getan, wirklich alle Charaktere auf ihrem Weg voranzubringen oder vor schicksalhafte Entscheidungen zu stellen. Wir wissen nun, wie sehr Ramsay seinen Diener Reek manipuliert hat und wie schlecht es um die Nachtwache steht. Wohin man schaut, wird großartiges versprochen. Hoffen wir, dass diese Versprechen auch gehalten werden.

Beste Szene

Nadja Puh, es ist sehr schwer, sich auf eine festzulegen. Bronns schöne Singstimme hallte durch den dornischen Kerker, doch der Rest der Szene war recht skuril und irgendwie auch ohne Sinn und Zweck. Sehr berührend fand ich Stannis‘ Szene. Habe ich in einer früheren Folge noch seine Vatergefühle gelobt, so kommt mir jetzt natürlich ins Bewusstsein, dass es diese Szene nicht einfach als Schmankerl gab. Stannis muss sich nun entscheiden: Für seine Tochter und die Niederlage, oder für Melissandre und den Sieg. Sehr schön gemacht war auch Theons Gang mit der Kerze. Man dachte doch wirklich, er ginge zum alten Turm… Und Jorahs und Tyrions Szene war grandios.

Ursula Ich muss sagen, diese Szene mit Theon hat mir auch gefallen! Ich war wirklich überzeugt davon, dass er die Kerze zum Turm bringen würde. Und ich dachte mir noch: Wieso isst Ramsay sein Abendbrot im alten Turm? Darüber hinaus war ich auch sehr auf die erste Szene von Sansa in dieser Folge gespannt gewesen, nach dem, was wir in der letzten sehen mussten. Und ich war überrascht, dass sie sich doch nicht ganz in ihr Schicksal fügt – so interpretiere ich die Szene, in der sie Theon die Kerze gegeben hat. Das war ja doch ein Akt des Widerstands!

Jannik Meine Lieblingsszene fand in King’s Landing statt: Wie Cersei scheinheilig die inhaftierte Margaery besucht, dann spürt, wie sich die Schlinge plötzlich um ihren eigenen Hals zuzieht und sie dann am Ende der Folge wie eine Furie schreit, als sich die Kerkertür schließt, war einfach großartig. Jetzt bleibt abzuwarten, wie König Tommen darauf reagieren wird, dass nun seine Ehefrau, sein Schwager und seine Mutter im Kerker sitzen. Wird er ihre Bestrafung wirklich zulassen, egal, was auf die drei zukommen mag? Oder werden wir nun doch endlich merken, dass er der Bruder des wahnsinnigen Joffrey ist? Ich bin gespannt!

Überraschung der Folge

Nadja Ich hätte nicht gedacht, dass Jorah und Tyrion schon in Folge 7 auf Daenerys treffen. Bzw. dass sie überhaupt auf Daenerys treffen. Eingefleischte Buchleser wissen natürlich, dass es in den Büchern ganz anders ist. Aber ich begrüße diese Änderung. Jorah soll sich schließlich noch mit seiner Khaleesi aussöhnen, bevor er zum Steinmenschen wird. Und Tyrion und Daenerys geben schon ein schönes Pärchen ab. Ich hoffe, Daenerys weiß seine Qualitäten zu schätzen und wirft ihn nicht nächste Folge den Drachen zum Fraß vor…

Ursula Es gab sicher viele unerwartete Momente in dieser Folge (bei dem von Sam dachte ich nur „Nein, nein, bitte nicht! Biiitte…“ ) Aber die größte Überraschung hielt meiner Meinung nach der Schluss bereit: Eben hatte Cersei noch ihre Schwiegertochter in der Gefängniszelle verhöhnt, da saß sie auch schon selbst in einer! Ich war völlig baff, denn ich hatte wirklich gedacht, sie würde mit ihren Intrigen durchkommen. Daran können wir aber auch sehen, dass der High Sparrow zwar fanatisch und blutrünstig, aber zumindest konsequent in seinem Tun ist. Es macht diese Spatzen nur noch schwerer einzufangen, wenn sie jetzt tatsächlich anfangen, die vom High Septon so hoch gepriesene Gerechtigkeit auch auf die Hand anzuwenden, die sie gefüttert hat! Was passiert nun wohl mit König Tommen?

Jannik Im Gegensatz zu Ursula habe ich mich für Sam gefreut. Nach all den Abenteuern, die er heldenhaft durchgestanden hat, war es einfach mal fair, ihn mit ein wenig Bunga Bunga zu belohnen. Überraschend war das aber nicht für mich, denn auch der gleichnamige Sam aus dem Herrn der Ringe, der zuvor noch als „dummer, fetter Hobbit“ beschimpft wurde, endete als vielfacher Hobbitvater. Nein, wirklich überraschend fand ich, dass Theon sein Versprechen nicht wahrmachte und der Reek in ihm die Oberhand behielt. Er scheidet somit aus der Gleichung der potentiellen Retter von Sansa aus. Wer wird sie denn nun retten? Kleinfinger, der in King’s Landing noch einiges zu tun hat? Stannis, der im Schnee festzustecken droht? Oder Brienne, die endlich mal wieder was sinnvolles tun will? Wahrscheinlich kommt eh wieder alles anders, als man denkt.

Bester Auftritt

Nadja Ghost hat es eindeutig drauf, fancy Auftritte hinzulegen. Ganz wie sein Bruder Greywind, der mal eben im Käfig von Jaime vorbeischaut und mit einem eindrucksvollen Knurren selbst den damals noch dummschwatzenden Kingslayer zum Zittern bringt. Sie könnten den süßen, kleinen Wolf gerne öfters rausholen, auch wenn das natürlich die CGI-Kosten mächtig in die Höhe treibt.

Ursula Sind diese Kosten vielleicht im Endeffekt der Grund dafür, dass so viele dieser armen Stark-Wölfe über die Klinge springen mussten? Ghosts Auftritt war definitiv sehr beeindruckend, da gebe ich dir recht. Fast noch besser fand ich aber Cerseis Besuch in Margerys Zelle! Dieser kalte Hohn, mit dem sie Margerys die Suppenschüssel hinstellte – es wirkte als würde sie einem schmutzigen Straßenhund eine Schale Wasser vorsetzen. Und ich bin sicher, genauso wollte sie es aussehen lassen! Selbst wenn es, im Hinblick auf das Ende der Folge, wirklich keine gute Idee von Cersei war, das Gefängnis aufzusuchen, hat sie doch in dieser Szene bewiesen, dass sie zwar nicht mehr die Queen, aber doch nach wie vor die Königen des falschen Spiels ist!

Jannik Ich freue mich, endlich wieder sagen zu können: Tyrion hat im Teamwork mit Jorah meiner Meinung nach den besten Auftritt hingelegt. Einfach herrlich, wie er bei der Sklaven-Auktion seine Fähigkeiten als Gladiator unter Beweis gestellt hat und wie er mit der Hilfe eines bulligen Riesens seinem tapfer kämpfenden Freund Jorah zu Hilfe gekommen ist. Das mit Abstand beste Duo seit Dick und Doof – Klein und Alt. Jorah wird gewiss bald noch ein wenig älter aussehen, wenn er sich in einen Steinmenschen verwandelt, aber bis dahin werden die zwei sicher noch für einige großartige Szenen sorgen. Und Tyrion? Dem steht an der Seite von Daenerys eine glorreiche Zukunft bevor.

Bester Lachmoment

Nadja Sam darf Sex haben… Zuerst wird Sam eindrucksvoll niedergeschlagen (übrigens eine exzellenten Kameraführung, die einen jeden Schlag auf sein Gesicht fast spüren lässt) und Gilly wurde fast vergewaltigt. Und nun geht die gerettete Prinzessin als Dank mit ihrem Helden ins Bett??? Da muss ich doch einiges klarstellen: 1. Eigentlich ist Ghost der Held der Szene gewesen. 2. Wie Shae einst weise sagte: Eine Frau die gerade fast vergewaltigt wurde, geht nicht zwei Stunden danach mit einem Mann ins Bett. 3. Sams fröhliches Jauchzen… ihr habt es ja selbst gehört…

Ursula Ich finde es ist eines der ältesten Klischees, dass zwei Menschen im Bett landen, nachdem die weibliche Person sich gerade erst in den Händen irgendwelcher Unholde befunden hat. Genau dafür braucht man meiner Meinung nach Damsel-in-Distress-Momente: Sie bereiten das Fundament für die anschließende Intimität. Ich glaube, ich fand die Szene mit Sam und Gilly gerade deshalb so lustig, weil sie so klischeehaft war! Allerdings, wenn wir uns schon im Klischee-Bereich befinden, sollte es doch der Mann sein, der die Frau rettet, nicht ein Deus ex Machina-Wolf! Es ist dann aber auch logisch, dass Sam nach seiner miserablen Kampfleistung im Bett mit Gilly nicht oben liegen durfte… Oh mein Gott, diese Bilder! Hilfe!

Jannik Lass dir von den Weibern nichts erzählen, Bro… war ein starker Auftritt.

Charakterdebatte

Ursula Ich habe ja einen Faible für böse Charaktere. Gerade weil sie im Gegesatz zu guten Charakteren unberechenbarer und freier in ihrem Handeln sind – einfach dadurch, dass es für sie keine Tabus gibt! Das beste Bespiel für so einen Bösewicht ist wohl der Joker aus The Dark Knight. Mich ärgert es aber maßlos, wenn es ein Bösewicht nicht versteht, von dieser Freiheit Gebrauch zu machen und stattdessen in seiner Boshaftigkeit berechenbar wird! Man weiß bei Ramsay zwar nie im Detail, was er als nächstes tun wird, aber man weiß, dass es mit physischer Gewalt zu tun haben wird. Ramsay scheint auf diesem Gebiet ein Unmaß von Kreativität zu besitzen, aber das macht ihn für mich nicht zu einem interessanten Fiesling.

Wir haben ja im letzten Artikel schon die Frage anklingen lassen, ob Ramsay inzwischen Joffreys Platz in der Serie eingenommen hat. Ich würde sagen, ja und nein. In ihrer Gier nach Macht und Gewalt sind sich die beiden definitiv sehr ähnlich. Allerdings ist Ramsay ein „Joffrey“ mit weniger Macht, der dafür aber umso gewalttätiger ist. Auch in ihrer Freude daran, Sansa zu quälen, sind sich beide ähnlich. Wenn Ramsay jetzt noch durch einen Gifttrunk stirbt, ist das Déjà-vu perfekt! Müsste ich wählen, würde ich trotzdem lieber wieder Joffrey zurück haben wollen. Er war ein bisschen galanter in seiner Gewalttätigkeit…

Nadja Sansa ist wohl seit Start der Staffel aber sicherlich seit Unbowed, Unbent, Unbroken die meistdiskutierte Person in der Fanbase. Sicherlich war ich nach Episode 6 erst schockiert, wie B&W es mit einer sehr schnell stattfindenden Heirat geschafft haben, jegliche vorteilhaften Entwicklungen ihres Charakters seit Kleinfingers Einfluss zunichte zu machen. Sansa ist ein Charakter, der egal wie sehr er sich aufbegehrt, immer auf der gleichen Stelle bleiben wird: Sie ist die Damsel in Distress, die die Bösartigkeiten der Männer um sie herum ertragen muss und auf Rettung wartet. Sie ist kein aktiver Charakter und damit das genaue Gegenteil ihrer Schwester. Das haben B&W bestens bewiesen und sind dem Charakter mit der viel diskutierten Hochzeitsnacht in gewisser, morbider Weise treu geblieben. Doch The Gift bringt wieder ein wenig Licht durch die Gitterstäbe ihres Charakterkäfigs, auch wenn die Szene im Hof von Winterfell auf sehr eindrückliche Weise signalisiert, dass Sansa kein Stück weiter gekommen ist, als von dem Punkt, wo Joffrey ihr den Kopf ihres Vaters zeigt. Ja, sie ist kein aktiver Charakter, das muss sie auch gar nicht sein (Schließlich hat sie auch damals der Hount davon abgehalten, Joffrey einfach von der Brücke zu werfen). Kleinfinger handelt meist auch nur passiv. Alles was sie machen muss, ist Theon, wie es Ramsay getan hat, zu manipulieren, damit er wieder erinnert wird, wer er ist und wem seine Loyalität gehört. Und ich hoffe doch sehr, Sansa wird es schaffen und Theon dazu bewegen, ihr bei der Flucht zu helfen. Für den Charakter wäre es durchaus wünschenswert, dass er zumindest das zur Stärke macht, was er bisher am besten konnte: Verbündete suchen. Ich möchte nicht sehen müssen, wie sie auf die Befreiung durch Stannis oder gar Kleinfinger wartet und dann in die nächste Heirat gedrängt wird. Sie ist schließlich nicht umsonst auf Theon gestoßen und für was wäre dann Brienne im Norden?!

Jannik Ich glaube, wir sind alle der gleichen Meinung, was die Vergewaltigung von Sansa betrifft. Das war eine sehr unschöne Szene, die meinem Empfinden nach den Charakter der Sansa ruiniert oder zumindest stark beschädigt hat. Doch nach dieser Folge muss ich sagen, dass ich mich sehr auf das weitere Geschehen in Winterfell freue. Von verschiedenen Seiten versuchen miteinander verfeindete Parteien, Sansa aus den Klauen eines perversen Ungeheuers zu befreien. Ramsay ist durch und durch verdorben und ist, denke ich mal, immer für eine Überraschung gut. Ein Duell zwischen Kleinfinger und dem Bastard könnte episch werden. Stannis und Roose sind beide kluge, spärlich mit Haaren bewachsene Köpfe, die sich gegenseitig so einige Hinterhalte legen würden. Brienne könnte das Kriegsgetümmel nutzen, um Sansa aus ihrer misslichen Lage zu holen. Eine tolle Konstellation. Schade nur, dass man Sansa erneut als Opfer benutzt, um die Bösartigkeit eines Charakters zu demonstrieren. Wird sie jemals etwas anderes sein als der Boxsack für den größten Arsch von Westeros?