Was haben Kakerlaken und Nacktschnecken gemeinsam?
Richtig, den nicht versiegenden Hunger auf menschliches Fleisch.
Diese Erfahrung machten zumindest die Charaktere aus den Büchern Slugs von Shaun Hutson und The Nest von Gregory A. Douglas. The Nest spielt auf Yarkie Island und wir begleiten die Protagonistin Elizabeth, deren Großvater Elias auf der Insel lebt. Slugs hingegen handelt von der englischen Kleinstadt Merton und wir verfolgen die Geschichte des Gesundheitsinspektors Mike, der unfreiwillig, wie Elizabeth auch, mit den blutdurstigen Schädlingen zu kämpfen hat.
Beide Bücher sind in der Goodreads Liste “Paperbacks from Hell” zu finden. Diese Liste wurde für das gleichnamige Buch Paperbacks from Hell: The Twisted History of ’70s and ’80s Horror Fiction von Grady Hendrix erstellt, in welchem der Autor sich, wie der Titel bereits verrät, mit der teils absurden Welt des 70er und 80er Jahre Horrors in Büchern beschäftigt.
Auch wenn die Bücher oft in ähnlichen Kontexten erwähnt werden und auch einem ähnlichen Aufbau in der Dramaturgie folgen, unterscheiden sich die Schreibstile der Autoren teils stark. The Nest schildert die Attacken der Kakerlaken meist in einer sexualisierten Art und Weise und setzt dabei auf den Schockfaktor. Slugs hingegen ist in den Beschreibungen der Nacktschnecken-Morde weniger auf den weiblichen Körper fixiert, sondern auf eine Wortwahl, die einem auch mal den Magen umdreht. Hutson wird nicht umsonst der “Godfather of Gore” genannt.
Die Nacktschnecken sind auch im Gegensatz zu ihrem gepanzerten Pendant animalischer in den Ausführungen ihrer Attacken und werden nicht vermenschlicht, so wie es mit den Kakerlaken in The Nest passiert. Diese sind aufgrund einer Chemikalie auf der Mülldeponie mutiert und konnten somit ein Schwarmbewusstsein entwickeln, was es ihnen ermöglichte, zu kommunizieren und ihre Attacken gezielt zu planen und auszuführen, auch durch Arbeitsteilung. Die Nacktschnecken hingegen haben durch einen unglücklichen Zufall und einer langen Phase des Verhungerns das erste Mal Blut gekostet und sind so auf den Geschmack gekommen. Um ihren Hunger und ihre Lust zu stillen, gehen sie auch mit einem Parasiten eine Symbiose ein. Sie werden jedoch nie als berechnend oder dergleichen beschrieben. Nur als übergroß, bezahnt, hungrig und schonungslos.
Der Umstand des realistischeren Zufalls sowie die Bestialität der Nacktschnecken machte Slugs zur gruseligeren und bedrückenderen Leseerfahrung.
Dennoch bietet The Nest eine originelle und spannende Geschichte, die von ehrlichem Zusammenhalt und Gemeinschaft geprägt ist und nicht nur auf den gemeinsamen Umständen beruht. Dies hebt The Nest von Slugs ab. Denn die Einwohner*innen der eher traditionellen Insel Yarkie achten aufeinander und riskieren ihr Leben füreinander, ohne mit der Wimper zu zucken. Diese Dynamik ist natürlich auch der Gruppengröße geschuldet. Denn im Gegensatz zu Slugs, wo die Rettung der Stadt auf drei Schultern, die der Zufall zusammengebracht hat, ruht, arbeiten auf Yarkie langjährige Arbeitskolleg*innen, Freund*innen und Nachbar*innen zusammen, die auch eine viel stärkere Heimatverbundenheit spüren. Aber auch die beiden Wissenschaftler*innen werden von den Einheimischen in die Leidensgemeinschaft mit aufgenommen.
Abschließend kann ich nur sagen, dass tierischer Horror aus den 70ern und 80ern definitiv eine spannende, wenn auch teils Übelkeit erregende Leseerfahrung war.
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