Regelmäßige Leser wissen vielleicht, dass ich Genuss daraus ziehe dem ahnungslosen Leser sehr unvermittelt Serien und Filme zu spoilern. Heute will ich das nicht tun. Betrachtet euch als gewarnt. Jeder Spoiler ist jetzt vermittelt.
(Diese Einleitung wird – so fürchte ich – dazu führen, dass niemand in der Redaktion den Artikel lesen wird und die nächste Sitzung wieder ein allgemeines Durchnicken vorherrschen wird. (Den Chefredakteur ausgenommen!) [Höchst wichtige Anmerkung des Chefredakteurs] )
Das Thema ist leider einfach sehr spoilerlastig. Es geht um Gamechanger. Der Link zu tvtropes verrät eigentlich schon alles (1), aber wenn ihr ähnliche lesefaul seid wie dieser Autor und auch lieber ihn reden hört, zitiere ich den Knackpunkt einfach mal schnell hier:
„The game changer is the introduction of an element that significantly alters the current
course of the story or event.“ (2)
Der Gamechanger ist also das, was – Ich rede natürlich wieder von Film- und Fernsehfiktion, aber ich glaube das habt ihr schon begriffen. – das ganze Format der Show verändert.
„I am your father.“ Verändert so vieles. Star Wars an sich könnte man vielleicht auch als Gamechanger in der Filmgeschichte bezeichnen, aber diese Bewertung bleibt qualifizierteren Menschen vorbehalten, die das Blatt haben, das sie als Experten verifiziert.
Charlie Sheen wird endlich aus Two and a half man geschmissen und Ashton Kutcher übernimmt. Das ist ein Gamechanger, der versichert, dass die Serie nie wieder so ein wird wie sie eigentlich schon lange nicht mehr war.
Burn Notice killt Tricia Helfer und stellt das Management vor – Eigentlich ein Mega-Gamechanger, endlich bewegt sich mal was! – aber es verändert sich gar nichts und der Protagonist („His name is Michael Westen. He used to be a spy.“) jagt nach drei Minuten Rahmenhandlung weiterhin seinem case of the week hinterher. Gamechanger? Wohl kaum.
Rachel verliebt sich in Ross – Gamechanger! – Ross bekommt endlich Rachel – Gamechanger! – Rachel macht mit Ross Schluss – Gamechanger! – Joey verliebt sich in Rachel – Gamechanger! – Joey und Rachel verlieben sich ineinander – Gamechanger!
Eine langlebige Staffel wie Friends lebt davon ihre alte Starrheit ein bisschen aufzulockern. Zum Beispiel dadurch, dass die Dynamik zwischen einem der Aufhänger-Pärchen verändert wird. Ob man das jetzt gut findet, oder einem die ganze Ross-Rachel-Geschichte irgendwann zum Hals raus hängt, hilft es, um die Sache am Laufen zu halten, und im Falle von Friends gab es ja auch ein gutes Endergebnis. (3)
Auch vertreten in jeder zweiten Battlestar Galactica Folge und dreimal pro Lost Episode.
Viele Serien verwenden ihn, um nochmal die Zuschauerquote zu erhöhen. Angel hat nach einigen mehr oder weniger enttäuschenden Staffeln nochmal eine richtig gute fünfte Staffel produziert, die so ganz anders ist wie die ersten vier (Charisma Carpenter zu axten, war wohl sicherlich auch keine schlechte Entscheidung). Und weil ich jetzt eh schon bei Joss Whedon bin: Schonmal Dollhouse gesehen? Gamechanger hurray!
Andere schaffen es natürlich trotzdem nicht, den letzten Schritt zu gehen. Chuck bleibt eben nicht bei Hannah, sondern rennt dann doch wieder seiner blonden Kopfdreherin (4) hinterher, deren Namen mir regelmäßig entfällt. Das wäre mal was gewesen. So wäre die dritte Staffel sicherlich spannender geworden. Und die Vierte. Und die Fünfte. Und dann hätte es auch noch eine sechste Staffel gegeben. (Sowieso wären alle Serien besser gewesen, wenn sie mich mal konsultiert hätten. Ausser Firefly.) Manchmal funktioniert er und es macht alles besser, manchmal verändert er eigentlich gar nichts, manchmal vernichtet er die Serie durch seinen neuen Wind. Wenn man den Gamechanger ausspielt, riskiert man sein ganzes Werk. Und wenn man dem alten Kunstlehrer dieses Autors glauben darf, dann ist genau das was man tun sollte. Sein Werk in jeder Sekunde komplett riskieren. Am Ende klappts oder eben nicht.
So, jetzt hab ich euch mal wieder eine Seite lang gar nichts gesagt. Was könnt ihr hiervon mitnehmen? Haltet Ausschau. Der Gamechanger hat tausend Gesichter. Nicht alle sind so verlockend wie Kristin Kreuks strahlendes Antlitz. Manche müssen sich hinter einer Maske verstecken, aber alle stürmen das Feld und verändern alles. Wenn ihr das nächste Mal eure Lieblingsserie an einem Wochenende durchseht, sucht ihn.
Und wenn ihr ihn gefunden habt, dann dürft ihr ihn gerne behalten.
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2. Vgl. http://tvtropes.org/pmwiki/discussion.php?id=tvxpt7pe7ijmmsrfkn72gxyw (6.6.2012)
Ja, das ist in der Tat ein interessanter Punkt, den ich gar nicht angesprochen habe. Ist jede dramatische Wendung ein Gamechanger?
In Star Wars oder anderen Filmformaten gibt es einige davon, die ich auch sofort so bezeichnen würde, aber eine Serie, die eine Laufzeit von (im Falle von Sons of Anarchy, inzwischen) vierzig Stunden hat, was ist dann das „Game“? Und wie tief greift man ein um es zu verändern?
Wenn alle paar Stunden was verändert wird, ist es keine Veränderung, dann ist Veränderung schon ein starrer Teil des Ganzen.
An sich soll der Gamechanger ja die Wendung bezeichnen, die das ganze Format verändert.
Aber damit kommt man wirklich nicht weiter. In der Realität sind es dann doch die dramatischen Wendungen die den EIndruck hinterlassen. Gamechanger ist dann mehr ein technischer Begriff.
Kleiner Teaser von mir ( Hauptsächlich um mich selbst zum Schreiben zu bewegen):
Sons of Anarchy steckt voller Gamechanger und auch wenn ich weiß, dass Valle die Serie noch nicht gesehen hat, hätte er sie erwähnen müssen, weil schon im Piloten (den er gesehen hat) mindestens ein Gamechanger steckt!
Aber mehr dazu gibts in den kommenden Wochen.