1994 in Amerika unter dem Titel UFO: Enemy Unknown erschienen, setzte das hierzulande als X-COM: Enemy Unknown bekannte Rundenstrategiespiel Maßstäbe für das Genre, die, nach Meinung einiger Fans, bis heute unerreicht blieben. Trotz der schon damals ausgelutschten Story einer Alieninvasion überzeugte vor allem das in zwei Phasen geteilte Gameplay. So war es nicht nur in den Außeneinsätzen möglich, Runde für Runde extraterrestrische Hintern zu versohlen, sondern es galt auch, in einer mehr oder minder komplexen Wirtschaftssimulation Kommandobasen über den gesamten Globus zu verteilen und am Laufen zu halten.

All das noch gewürzt mit einem extremen Schwierigkeitsgrad ergab ein Spiel, das zugleich zu fesseln als auch zu fordern wusste. Kein Wunder, dass XCOM auch heute noch zu einem der wichtigsten Videospiel-Meilensteine zählt und zahlreiche Nachfolger und Spin-Offs nach sich zog, von denen aber eigentlich nur XCOM: Terror from the Deep, bei dem die Außerirdischen kurzerhand durch Tiefseemonster ersetzt wurden, wirklich an das Original heran kam.
Und jetzt, 18 Jahre danach, veröffentlicht 2K Games ein neues XCOM. Fast denselben Titel tragend wie sein Urvater will sich XCOM: Enemy Unknown auf seine Wurzeln besinnen und die alten Fans der Serie begeistern. Doch schafft es die Neuauflage, die Qualitäten des Originals in die heutige Zeit zu übertragen? Und kann man vor allem junge, an schnelle Action und Rücksetzpunkte gewohnte Spieler mit einem fast 20 Jahre alten Spielprinzip hinter dem Ofen hervorlocken?

Obwohl es sich nicht mehr um das Originalteam handelt, lassen zumindest die Entwickler der Neuauflage einigen Grund zur Hoffnung zu. Bei denen handelt es sich nämlich um das Team von Firaxis Games, die mit der Civilization-Reihe seit Jahren großartige Arbeit im Bereich der Rundenstrategie leisten.
Und so viel sei schon jetzt gesagt. Ein Totalausfall wie der Third-Person-Shooter XCOM: Enforcer ist Enemy Unknown nicht.
Das Spiel setzt wieder voll auf Rundenstrategie und adaptiert dabei Gameplay und Story des Originals fast 1:1. Als in Deutschland mehrere Entführungsfälle durch unbekannte Wesen gemeldet werden, wird von einem Internationalen Rat das XCOM-Projekt ins Leben gerufen. Als Kommandant dieser Spezialeinrichtung gilt es nun, die Menschheit zu beschützen und herauszufinden, wer hinter diesen Angriffen steckt und wie dem Feind Paroli geboten werden kann. Anders als beim Original könnt ihr nun nur noch eine unterirdische Basis bauen, in der Eure Soldaten ausgebildet, von denen mitgebrachte Artefakte erforscht und die daraus gewonnenen Technologien zu neuen Waffensystemen verarbeitet werden.

Das Wirtschaftssystem wurde dabei stark vereinfacht, was aber für einen um einiges leichteren Einstieg und einen flüssigeren Spielverlauf sorgt. Durch die neue Seitenansicht der Basis erhaltet Ihr einen guten Überblick und bekommt den Eindruck einer hochbeschäftigten Forschungs-einrichtung vermittelt.
Auch das Scannen nach Außeneinsätzen wurde verändert. War es im Original doch möglich, dass die Aliens von dem letzten Zipfel Sibiriens bis zur amerikanischen Großstadt alles angriffen, werden jetzt nur noch bestimmte Länder, die exemplarisch für den jeweiligen Kontinent stehen, attackiert. So müssen sich beispielsweise Briten und Deutsche mit den ungebetenen Gästen herumschlagen, während Spanier, Griechen und Italiener fein raus sind. Aber naja, die haben aber mit der Eurokrise ja bekanntlich mehr als genug Probleme.
Doch zurück zu XCOM. Wird also von einem Eurer Satelliten oder einem Land eine Alienaktivität gemeldet, geht es so schnell wie möglich mit dem Skyranger zum Krisenort. Vorher noch schnell den Einsatztrupp zusammengestellt und bewaffnet. Hier könnt ihr zwischen mehreren Soldatenklassen, mit jeweils unterschiedlichen Fähigkeiten, die sich mit steigender Erfahrung immer weiter verbessern, wählen. Vom Sniper über den Medic bis hin zum Heavy Gunner mit Raketenwerfer ist alles dabei. Das Inventar Eurer Soldaten wurde komplett abgeschafft und durch ein simples Waffen/Rüstung/Equipment-Slot-System ersetzt. Dieses erleichtert natürlich einerseits den Einstieg, nimmt dem Spiel aber auch eine große taktische Komponente.

Am Einsatzort angekommen ist das Ziel Eurer Einheit immer das Selbe: Alle Gegner ausschalten! Dies ist auch einer der größten Kritikpunkte an XCOM. Zwar wird versucht, durch unterschiedliche Missionstypen Abwechslung in das Spiel zu bringen, dies gelingt aber nur sporadisch. Die Einsätze und sogar Schauplätze wiederholen sich,  vor allem bei längerer Spielzeit,  zu oft und Spezialeinsätze mit einzigartiger Umgebung gibt es, bis auf ein oder zwei Ausnahmen, überhaupt nicht. Zwar gleicht kein Gefecht dem anderen, da Gegnerstärke und -typ variiert, dennoch wäre etwas mehr Abwechslung nicht verkehrt gewesen. Nichtsdestotrotz gestalten sich die Kämpfe spannend und vor allem auf den beiden höchsten Schwierigkeitsgraden extrem fordernd und taktisch anspruchsvoll. Es bleibt Euch überlassen, ob ihr Eure Feinde lieber sicher aus der Entfernung ausschaltet oder sie in einen Hinterhalt lockt. Die nahezu komplett zerstörbare Umwelt kann hierbei Segen und Fluch zugleich sein. Ausrüstungsgegenstände wie Jetpack und Kletterhaken eröffnen völlig neue Möglichkeiten, die kriegsentscheidend sein können. Doch seid gewarnt: ein blindes Losstürmen ohne Deckung hat nur in den wenigsten Fällen Erfolg und endet nicht selten mit dem Tod eines wertvollen Soldaten, auch wenn es mit der neuen Actioncam echt gut aussieht. Und der Verlust eines Soldaten kann Euch schwer treffen und sogar zur endgültigen Niederlage führen. Denn anders als bei den meisten Spielen kann man in XCOM selbst nach 100 Stunden Spielzeit noch verlieren.  Das klingt zwar hart, motiviert aber umso mehr zum taktischen Handeln.
Obwohl das Spiel klar auf den Singleplayer ausgelegt ist, hat auch der Multiplayer einiges zu bieten. Im Duell tretet ihr hier gegen einen menschlichen Gegner an. Euren Trupp könnt ihr zuvor nach einem Punktesystem selbst zusammenstellen und ausrüsten. Das besondere: Auch die Einheiten der Aliens können hier zum Einsatz kommen.

Als Fazit kann gesagt werden, dass XCOM: Enemy Unknown die hohen Erwartungen erfüllen kann. Zwar fehlt es dem Spiel an einer richtigen Story und teilweise auch an Abwechslung, doch es  erzeugt dieses typische „Nur noch eine Runde“-Gefühl, das schon das Original zum Klassiker machte. Und obwohl es teilweise stark vereinfacht wurde, hat XCOM auch alteingesessenen Strategiehasen eine Menge zu bieten. Doch auch Neueinsteiger sollten einen Blick riskieren und das nicht nur, um zu sehen, wie die Spiele früher so waren.