Er ist der Märchenerzähler Hollywoods: Tim Burton – seine Filme bewegen sich ebenso zwischen bizarrem Albtraum und wundervollem Wahnsinn wie der Filmemacher selbst und zählen schon lange wegen ihrer zarten Einladung in einen phantastischen Traum von wehmütigem Schneetreiben, mondbeglänzten Nächten sowie bizarren, scherenbehändeten, struwwelfrisurigen, schüchternen und grellen Figuren zu einem wichtigen Teil unserer kulturellen Landschaft. Nicht vielen Filmemachern gelingt es ein eigenes Genre zu prägen, doch Tim Burton schafft es seinen Filmen einen ganz eigenen, noch nie dagewesenen Anstrich zu verleihen, welchen man vor allem in der kalten Jahreszeit bei prasselndem Kaminfeuer und wildem Schneetreiben vor dem vereisten Fenster genießen möchte. Doch was macht Tim Burton-Filme so einzigartig und doch so gleich?

Abgesehen von dem Vorspann-Stil, welcher oftmals aus einer Kamerafahrt über eine in Bewegung gesetzte Maschinerie besteht, dem märchenhaften Anstrich und der persönlichen Handschrift des Regisseurs, welche sich vor allem in Spiralen-Mustern äußert, liegt das heimelige Gefühl, welches man bei jedem Burton-Film empfindet auch in den Geschichten der Filme begründet. Selbst dem wenig etablierten Tim-Burton-Zuschauer dürfte die begrenzte Vielfalt der Themen, welche Burtons Filme beherrschen schon längst aufgefallen sein: Das missverstandene Genie und sein Kampf in einer ihn nicht akzeptierenden oder ihm fremden Welt finden wir beinahe in jedem Burton Film, darunter natürlich in seinem Meisterwerk Edward mit den Scherenhänden sowie Charlie und die Schokoladenfabrik, Corpse Bride, Sweeney Todd und und und. Meistens ist dieses Thema immer noch begleitet von dem Motiv des Vater-Sohn-Konflikts, wie er zum Beispiel zwischen Willy Wonka und seinem Vater oder inBig Fishausgeführt wird. Begründet sind diese wiederkehrenden Stilmittel in Tim Burtons Kindheit, so gleicht der eigensinnige Filmemacher schließlich zur Gänze seiner Kunstfigur Edward mit den Scherenhänden – was man schon rein äußerlich erkennen kann, abgesehen natürlich von den Scheren. Trotz der Eintönigkeit der Themen, kann man aber nicht von Langeweile sprechen, denn Burton schafft es diese immer wieder neu zu inszenieren und in die märchenhaften Geschichten zu verweben.

Vielleicht ist es Zufall, vielleicht aber auch gewollt. Eventuell einfach nur die logische Folge der gleichen Set- und Figurengestaltung oder aber auch willentlich gesetzte Zeichen des Regisseurs: Dem aufmerksamen Tim Burton-Fan werden viele intramediale Hinweise in den Filmen auf andere Werke des eigensinnigen Regisseurs aufgefallen sein. So gleicht der Dachstuhl des Schlosses, in welchem Edward haust bis er von Avon-Beraterin Peg entdeckt wurde, mit seinem großen, im Dachgehölz klaffenden Loch doch stark dem Raum mit seinem großen Panorama Fenster, in welchen der teuflische Barbier Sweeney Todd sein Geschäft betreibt. Doch noch mehr solcher intramedialen Hinweisen zwischen den Filmen sind zu finden: Der zurückgezogene Willy Wonka wird unweigerlich mit dem schüchternen Maschinenmenschen Edward mit den Scherenhänden in Vergleich gebracht, wenn sich dieser, bei der Eröffnung seiner Schokoladenfabrik mit der Schere in der Hand gen Publikum dreht und seine von der Lichtquelle im Hintergrund schattenhafte Silhouette gänzlich mit der Schere verschmilzt. Für Sekunden hat man den Eindruck Edward stünde vor einem – oder etwa auch Mr. Todd mit seinem Rasiermesser? InAlice im Wunderlandlässt die Figur des Herz-Buben Stayne, welche sich auf einem Pferd sitzend vor einem brennenden Gebäude aufbäumt, an den Reiter inSleepy Hollowerinnern und auch in diesem Film bildet eine brennende Mühle eine Kulisse.

Natürlich, man könnte ewig weiter schreiben und immer mehr Sachen entdecken, aber der Spaß am Schauen von Tim-Burton-Filmen soll natürlich gewahrt bleiben und wer will, kann sich auch selbst auf die Entdeckungsreise machen. Am 10. Mai kommt Burtons neuestes Werk in die Kinos:Dark Shadows. Natürlich wieder mit dem wunderbaren Johnny Depp in der bleichgesichtigen Hauptrolle. Ich bin mir sicher, auch hier wird uns der Stil Burtons wieder zugegen sein. Eines ist schon mal gewiss: Das Thema des Outcasts in einer fremden Welt ist auch in Dark Shadows durch den in der Neuzeit wiedererwachten Vampir Barnabas gesichert.