Vor 2 Wochen war ich seit langem mal wieder in meiner Heimatstadt. Natürlich habe ich mich gefreut Familie und Freund*innen wiederzusehen. Ausschlaggebend für die Reise war dann aber doch die Sehnsucht nach meinen beiden Katzen. Das Studierendenleben in Bayreuth ist schön und gut, wäre aber natürlich besser, wenn mich nicht 200km von den beiden haarigen Monstern trennen würden. Wieder angekommen in meiner Wohnung in Bayreuth, wartete dort zwar mein Freund auf mich, aber ich wurde nicht mit einem vertrauten und kläglichen “Miau” begrüßt. Als ich dann aber realisierte, dass Stray, entwickelt von BlueTwelve Studio und herausgegeben von Annapurna Interactive, endlich für die Playstation verfügbar ist, hoffte ich, dass ich meinen Vermissen-Schmerz ein wenig lindern kann.
Der Herausgeber Annapurna Interactive ist unter anderem bekannt für die Spiele What Remains of Edith Finch, Journey und I am Dead. Alle diese Spiele sind Indie Games, wie auch Stray. Was Stray jedoch von den anderen Spielen abhebt, ist, dass die visuellen Eindrücke realistischer erscheinen als in den anderen Games. Zudem spielt man eine Katze, die die Hauptrolle einnimmt und dabei von einer kleinen fliegenden Drohne namens B12 begleitet und unterstützt wird. Zusammen müssen sie ein Geheimnis lüften, um der verfallenen Cyberstadt zu entkommen. Dafür dürfen die Spieler*innen sich die liebenswürdigen und glaubhaft natürlichen Eigenschaften der Katze zu eigen machen und ihren gesamten Charme und Mut einsetzen. In diesem Artikel möchte ich meine Spielerfahrungen mit Stray aufzeigen, um vielleicht noch Unentschlossenen die Entscheidung leichter zu machen. Ich selbst habe schon ein paar Indie Games, wie Untitled Goose Game, Stardew Valley und Pummel Party gespielt. Die meiste Zeit verbringe ich beim Gaming aber mit Simulationsspielen. Ich spiele nicht regelmäßig, sondern eher in Intervallen, also casual, wenn mich ein neues Spiel wie Stray begeistert.
Am vergangenen Samstag haben Tamara, Miriam und ich uns also Zeit genommen Stray anzuspielen. Insgesamt haben wir knappe vier Stunden gespielt, wobei der PS4 Controller immer in verschiedenen Händen war. Neben dem gelegentlichen ‘Aww’ und ‘Ohh’ rutschte uns auch mal ein verzweifeltes ‘Ahh’ heraus, wenn die Steuerung mal wieder etwas ungenau war und die Katze nicht dorthin gesprungen ist, wo wir sie haben wollten. Das ist auch das einzige, was es an der Spielerfahrung zu bemängeln gibt. Aber jetzt zu den vielen positiven Erfahrungen, die wir machen durften.
Die ersten 15 Minuten des Spiels waren eine emotionale Achterbahnfahrt. Geprägt von süßen Katzen und deren Interaktionen miteinander, schönen Einstellungen von grün überwachsenen Mauerruinen, verrosteten Rohren, und einem abrupten und schmerzlichen Abschied. Der Protagonist, eine Orange-Tabby-Katze, muss dann ihren Weg durch die Totenstadt finden. Hier steht vor allem der Umgang mit den Fähigkeiten der Katze im Fokus, mit dem Ziel, den Drohnen-Freund B12, der leider an Amnesie leidet, zu finden. Man lernt auch kleine, flinke Wesen kennen, die an eine unschöne Mischung aus Zecken und Zyklopen-Ratten erinnern. Nachdem man von ihnen gejagt wurde und es endlich in die Slums geschafft hat, findet man heraus, dass die Zurks dafür verantwortlich sind, dass die Welt dystopisch aussieht und von Elend geprägt ist.
Die Bewohner*innen der Slums sind Roboter, die kleine Retro-Bildschirme als Köpfe haben und daher ihre Emotionen auch non-verbal zeigen können. Zunächst haben die sie Angst vor der niedlichen Katze, denn sie halten sie für einen Zurk, da außer ihnen und den kleinen Feinden alles organische Leben als ausgestorben gilt. Die Katze wird nach dem ersten Schreck aber schnell aufgenommen und erhält Informationen und auch kleinere Aufgaben von den Robotern.
So muss sie beispielsweise über die Dächer der Slums klettern, um in verlassenen Wohnungen umher zu stöbern. Dabei muss sie auch kleinere Rätsel lösen, um Gegenstände zu finden, die die Roboter-Freunde brauchen. Mit vielen Orten und Gegenständen kann auch interagiert werden. So kann man die Katze dazu bringen, es sich im Bücherregal bequem zu machen und Bücher umzustoßen, um versteckte Orte zu finden.
Die orange Fellnase symbolisiert für die Roboter auch Hoffnung. Denn die Katze kommt von außerhalb der Mauern. Dieser Bereich gilt eigentlich als unbewohnbar. Das Endziel ist es zur Außenwelt, außerhalb der Schutzkuppel, zu gelangen. Dafür müssen die Zurks mit Hilfe einer besonderen Waffe getötet werden.
Soviel erstmal zur groben Handlung, ohne zuviel vorwegzunehmen. Wobei es sich definitiv noch lohnt das Spiel zu spielen, auch wenn man die Handlung schon kennt. Denn die Erzählung, die Art der Aufgaben und insbesondere die Beziehung zwischen der Katze und ihren neuen Freunden und all deren Schaltkreisen ist es, was Stray von anderen geliebten und tier-zentrierten Indie Games, wie beispielsweise Untitled Goose Game, abhebt.
Untitled Goose Game, ein Spiel in dem eine Gans spielt, unterscheidet sich aber deutlich von Stray. Die Gans will die menschlichen NPCs möglichst viel aufscheuchen und mit ihrem Quacken erschrecken. Sie klaut ihnen Gegenstände und die heißgeliebte goldene Glocke. Die Katze hingegen kann auch mit ihrem Miauen Aufmerksamkeit generieren, jedoch nutzt sie diese nicht um schelmisch zu sein, sondern eine Art Beziehung zu den NPCs aufzubauen und mit ihnen in gemeinsamer Sache zu kooperieren. Natürlich gelingt ihr das nicht immer sofort, aber ihre Intentionen sind guter Natur.
Die Roboter NPCs erzählen der Katze und B12 auch gerne von ihrer Vergangenheit, ihren Beziehungen zu den anderen Androiden, sowie ihren Wünschen und Träumen. Hier wird auch deutlich, dass die Maschinen ihren menschlichen Vorgängern sehr ähnlich geworden sind und ähnliche Gepflogenheiten haben. So gibt es beispielsweise auch Selbsthilfebücher für Roboter, in denen beschrieben wird, wie sie ihre eigene künstliche Intelligenz kreativer, also auch menschlicher, machen können. Die Intimität in den Begegnung zwischen anorganischem und organischem Leben und wie diese verschiedenen Lebensformen miteinander umgehen, hat mich/uns auch am meisten beeindruckt.
Das Spiel ist eindeutig für Katzenliebhaber*innen und -besitzer*innen gemacht. Man erfreut sich an den Wesenszügen der orangenen Tabby-Katze und kann dabei Ähnlichkeiten zum eigenen geliebten Vierbeiner feststellen. Gerade wenn man aus Pfützen trinkt, sich an einem Teppich die Krallen wetzt, oder sich miauend an den Beinen eines Roboter-Freundes anschmiegt, kommen viele Erinnerungen und warme Gefühle hoch. Manchen Spieler*innen reicht diese Ähnlichkeit noch nicht aus, und deshalb laden sie sich Mods herunter und passen Eigenschaften wie Fell- und Augenfarbe an, sodass das Spielerlebnis noch persönlicher wird. Student*innen, deren Katzen, wie die meinen, gerade in der Heimat sitzen, könnte der Mod helfen, den bitterlichen Trennungsschmerz ein wenig zu mildern.
Wie sich bei unserem gemeinsamen Stray-Abend herausgestellt hat, können Hundebesitzer*innen oder Leute, die es vorziehen keine Fellnasen um sich herum zu haben, Stray auch vieles abgewinnen. Die Geschichte der Ingame-Welt, sowie die Vergangenheit von B12 und den anderen Roboterwesen bietet einen alternativen Zugang zum Spiel.
Insgesamt bietet Stray also eine spannende Storyline, viele Entdeckungsmöglichkeiten, sowie ein größtenteils sehr entspanntes Spielerlebnis. Es überzeugt auch hinsichtlich seiner Grafik und Liebe zum Detail. Große Action sollte allerdings nicht erwartet werden. Preislich liegt das Spiel mit knapp dreißig Euro auch in einem angemessenen Rahmen. Denn auch wenn die Gesamtspielzeit nur knapp acht Stunden beträgt, so ist es auf jeden Fall ein Spiel, dass auch ein zweites Mal gespielt werden kann.
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