Obwohl mir sicherlich viele Star Wars-Fans widersprechen werden, halte ich Episode 4 – Eine neue Hoffnung für den besten Film der Reihe – und damit für einen besseren Film als seinen Nachfolger Das Imperium schlägt zurück. Warum? Während weitestgehend Einigkeit darüber herrscht, dass die neuen Episoden die Magie der alten Filme nicht wieder aufflammen lassen konnten, wird eher selten an der herausragenden Qualität der Episoden V und VI gezweifelt. Sicher, diese Filme sind fantastisch und was wäre Star Wars nur ohne Meister Yoda oder Jabba the Hutt? Doch bei ihnen ist George Lucas bereits etwas von dem verloren gegangen, was bei mir vor etlichen Jahren für strahlende Augen gesorgt hat: Die kindliche, märchenhafte Naivität.
Aus Flop auf Papier wird Kult auf Leinwand
Das Drehbuch von Episode 4 – Eine neue Hoffnung hätte problemlos von den Gebrüdern Grimm stammen können, wären sie, ähnlich wie Adolf Hitler in Er ist wieder da, plötzlich wieder aufgewacht, aber nicht in Berlin, sondern in den USA der wilden Siebziger. Wenn sie dort über Sergio Leone und Ridley Scott gestolpert wären, hätte etwas ziemlich Ähnliches entstehen können: Ein märchenhafter Science-Fiction-Western. Doch nein, niemand musste für Star Wars von den Toten auferstehen – George Lucas hat sich diese auf dem Papier völlig schwachsinnige Geschichte ganz alleine ausgedacht. Jetzt versetzen wir uns mal kurz in die Lage eines Creative Directors von 20th Century Fox und lesen uns dieses knappe, nicht ganz authentische Exposé durch:
„Irgendwo, irgendwann: Nachdem sein Onkel und seine Tante ermordet wurden, verbündet sich Luke Skywalker mit einem klapprigen Jedi-Ritter, zwei klapprigen Robotern, einem schnoddrigen Weltraumpiraten und dessen zotteligem Freund, um mit ihnen seine Schwester zu retten, die er aber für seine zukünftige Ehefrau hält. Der Bösewicht ist ein schwer atmender Typ, der gerne lange Gewänder und einen Plastikhelm trägt.“
So, wie groß schätzt ihr als Produzenten nun die Erfolgschancen ein? Niedrig? In der Realität lief es ganz ähnlich. Da war es auch nicht gerade hilfreich, dass die Schauspieler (Harrison Ford, Mark Hamill und Carrie Fisher) damals unbeschriebene Blätter waren. So überließ man George Lucas gerne sämtliche Vermarktungsrechte an allen Star Wars-Produkten und bereute diese Entscheidung erst, als der Film bei einem Budget von 11 Millionen Dollar satte 460 Millionen einspielte.
Ein Märchen, perfekt in Szene gesetzt
Die Geschichte ist nach altbekannten Mustern gestrickt, garniert mit klischeehaften, wenn auch skurrilen Charakteren und dem schon seit tausenden Jahren zitierten Kampf zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkelheit. Doch der Kontrast zwischen dieser simplen Grundstruktur und der alles andere als simplen, sondern überwältigenden Filmkunst, mit der Lucas ein ganzes Universum entstehen ließ, macht für mich den besonderen Reiz von Episode 4 aus. Jahrzehnte bevor Filme computergeneriert wurden, gelang es ihm, mit detaillierten Modellen, geschickt ausgesuchten Drehorten (z.B. die Sets in Tunesien als Lukes Heimatplanet) und einer herausragenden Kameraarbeit, einen völlig neuen Filmstil zu erschaffen. Die kindliche Naivität, die den ganzen Film durchzieht, ermöglichte es auch älteren Zuschauern, sich für kurze Zeit wieder jung zu fühlen. Gleichzeitig strahlte ich mit meinen sechs Jahren, ein so spannendes Märchen erleben zu dürfen. Eine pathetische Oper mit vielen Raumschiffen und Happy End.
Neulich habe ich gehört, dass einige Leute tatsächlich die Gebrüder Grimm gesehen haben. Im beschaulichen Göttingen. Dort sind sie aber nicht über geniale Regisseure gestolpert, sondern verkleidet als R2D2 und C3PO zur nächstgelegenen Star Wars-Convention gestürmt. Ein bisschen scheinen sie ja doch stolz zu sein auf dieses Universum, das von ihnen hätte stammen können. Nur nicht so sehr auf Jar Jar Binks, den Arsch.
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