Juhu, die traurigen TikTok- Kinder haben Shoegaze entdeckt; das Shoegaze Revival ist in vollem Gange! NewDad aus Galway, Irland, sind zwar mit ihrem Indie-Shoegaze-Dream-Rock-Pop (oder so) Sound weniger direkt dieser Entwicklung zuzuordnen, profitieren davon aber insofern, dass sie erst vor Kurzem von Atlantic Records (mit u. A. Ed Sheeran, 100 gecs) unter Vertrag genommen wurden. Nach zwei selbst produzierten EPs somit direkt ein riesiger Schritt nach vorne. Die Walls of Sound, wie sie in den 90ern durch Bands wie Slowdive, My Bloody Valentine oder Cocteau Twins aufkamen, werden wieder salonfähig – und NewDad spielen dabei an der Spitze mit.

Dabei braucht das Quartett nur ganz wenig, um groß zu wirken. Der Opener Angel kommt unaufgeregt daher – eine simple aber prägnante Bassline, tight gespielte Rock-Drums, ein wenig hallende Gitarre und gelangweilte Vocals. Und trotzdem ist das Ergebnis dessen riesig und reißt mich von den Füßen. NewDad haben ein Konzept aufgestellt, welches sich auch im Verlauf des Albums wenig ändert, es immer mal wieder anders verpackt und mit eigener Persönlichkeit versehen. Texte über Du und Ich, mal Ich ohne Du, mal Du ohne Ich, mal ist das gut für Ich und mal nicht. Wenig versteckt, viel Weltschmerz. Mich packt das auch die meiste Zeit, da die generelle Mood der Songs mit der Laufzeit auch konstant hin und her schwingt.

Bild Credit: Alice Backham / Atlantic Records

Besonders hervorzuheben sind dabei Let Go mit seinen hypnotisierenden Vocals und den sehr Just Mustard-esque schreienden Gitarren – einem der wenigen Momente, an welchem alles mal so richtig explodiert, aber noch immer nicht so sehr wie bei vergleichbaren Bands – und White Ribbons, dem genauen Gegenteil. White Ribbons geht schon fast als Ballade durch, klingt wie eine ganz andere Band, funktioniert so aber im Kontext des Albums unfassbar gut, weil es mal etwas 180° anderes versucht und damit den perfekten Einstieg zum Closer setzt: kaum vertraute Elemente aus den vergangenen 35min, kleine Drone-Synths im Hintergrund, ab und an einsetzende elektrische Drums. Und dann kommt Madra und haut mich nochmal von den Füßen. Ok, wir hatten jetzt was komplett neues mit White Ribbons, aber jetzt kommt der Closer daher und wirkt wie ein Best-Of des gesamten Albums (und ist passenderweise noch der Title Track). Zurück zur altbekannten Formel, aber auf Crack; jeder der Vier bekommt noch ein letztes Hurra, ein letztes Aufbäumen, bevor die knapp 42-minütige MADRA Experience vorbei ist. Dann realisiert man auch erst, durch was man als Hörer*in besonders von den letzten zwei Songs gezogen wurde, da der erneute Einstieg mit Angel absolut nicht möglich ist.
(In My Head will ich dabei auch noch kurz erwähnen, weil ich die Single-Version (durch welche ich auf NewDad gestoßen bin) besser fand und ein bisschen traurig bin, dass die nicht mehr auf Spotify existiert. Oh nein.)

MADRA strotzt als Debütalbum nur so von Selbstbewusstsein. Die Band weiß ganz genau, was sie machen will und wie sie dorthin kommt. Unterlegt wird das vom Mix von Alan Moulder (Smashing Pumpkins, My Bloody Valentine), der dem Album nochmal mehr Textur und Tiefe verpasst. Pluspunkte auch dafür, dass die Hälfte der Besetzung Frauen sind, das passiert ja im Rock nicht so oft.