Fantasy betrachte ich eigentlich mit Vorsicht. Nicht immer gelingt es, Storys gut zu gestalten und Welten detailliert zu erschaffen und viele Geschichten erhalten somit schnell mein vernichtendes Urteil. Ironischerweise ist es nun aber Tatsache, dass das abgegriffenste, abgelesenste und vom Haustier am meisten angeknabberte Buch (bzw. Bücher) in meinem Bücherregal ein Fantasy-Bestseller ist: nämlich Anne Bishops Reihe Die Schwarzen Juwelen, wobei ich mich hier aber nur auf die Hauptstory beziehen möchte, welche die ersten drei Bände umfasst.
Warum hat also diese Geschichte geschafft mich zu überzeugen? Erst einmal denke ich, ist diese aufgrund der vielen im Mittelpunkt stehenden, kleineren Liebesgeschichten für das weibliche Publikum sehr ansprechend. Jedoch würde ich nicht behaupten, dass es für das männliche Geschlecht völlig uninteressant ist, denn es verfügt über ein gewisses Maß an Brutalität und die Geschichte – obwohl von einer Frau geschrieben – wird doch überwiegend von männlichen Charakteren erzählt (Was aber auch dazu geführt haben könnte, dass diese besagten männlichen Charaktere indirekt feminisiert wurden und deswegen für uns Frauen so ansprechend sind, während Männer damit nichts anfangen können?!…). Ein weiterer Grund, welcher dieses Buch in mein Regal befördert hat: Da die Autorin nicht an ausgeprägten Gewalt – aber auch erotischen Darstellungen geizt, wird eindeutig ein erwachsenes Zielpublikum angesprochen und somit hebt sich Bishops Werk schon einmal unter den vielen Jugendbüchern hervor. Doch am Überzeugendsten: Die Autorin schafft es mit einem eigensinnigen sarkastischen Humor ihre exzentrischen Figuren richtig zu beleben und einnehmend zu gestalten und stellt eine detaillierte Welt dar, welche man selbst nach dem fünften Mal lesen immer wieder neu entdecken kann und einem doch sofort vertraut ist. Von einer Seite auf die andere kann man sich herzlich ablachen, vor Scham erröten, sich hypnotisiert von Wort zu Wort hangeln, erschaudern, wutentbrannt aufstöhnen und manchmal vielleicht auch alles gleichzeitig.
Aber um was geht es eigentlich: Die Reiche Terreille, Kaeleer und die Hölle werden von Blutsmenschen beherrscht, welche vor langer Zeit von den Drachen die Blutjuwelen bekommen haben, die ihnen Macht verliehen, die Reiche und deren Bewohner zu regieren und zu beschützen. Doch die Macht der Juwelen förderte auch die Gier und nach einem grausamen Krieg zwischen den Reichen, separieren sich diese voneinander und Terreille perversiert. Königin Dorothea regiert das Reich und verpestet die Ehre der Blutjuwelen und das Protokoll: Menschen die nicht von Blut sind, werden unterdrückt, die Gesellschaft der Blutsleute nach und nach perversiert. Doch eines Abends prophezeit eine Schwarze Witwe die Ankunft vonHexe– eine Hexe, die mächtig ist und die Reiche und Menschen von dem Makel reinwaschen und zu alter Größe verhelfen würde.
Hier steigt die Geschichte des ersten Bandes Dunkelheit ein (Leichte Spoiler-Warnung). Es werden mehrere Handlungsstränge aufgemacht. Einmal der des Höllenfürsten Saetan SaDiablo, welcher zurückgezogen und müde vor der Welt über die Hölle herrscht. Eines Tages trifft er ein exzentrisches, in den Reichen umherreisendes Kind namens Jaenelle – Hexe, die Tochter seiner Seele. Er wird ihr Mentor und lernt selbst von ihr, denn sie bringt wieder Leben in die alten Knochen des Kriegerprinzen und weckt seine liebenswerte und humorvolle Seite. Ein anderer erzählt von Lucivar Yaslana, Kriegerprinz und Lustsklave, der ebenfalls die Reisende Jaenelle kennen lernt und erkennt, was in ihr steckt. Außerdem lernen wir seinen Halbbruder Daemon Sadi kennen, ein mächtiger Kriegerprinz, jedoch aufgrund seiner Herkunft ebenfalls nichts weiter als Lustsklave unter Dorotheas Gewalt. Lange schon sehnte er sich zusammen mit Lucivar nach dem Tag, an demHexekommen würde und er ist überzeugt, dass er dazu bestimmt istHexesGefährte zu sein. Nach Jahrhunderten der Pein und Erniedrigung lernt er die junge Jaenelle kennen. Eine gefährliche Liebesbeziehung entsteht zwischen Daemon und Jaenelle –Hexe,Kind und doch erwachsene Frau zugleich. Doch nur er erkennt das Wesen des Kindes und muss es vor der Blindheit derer Familie, in deren Augen Jaenelle nichts weiter als ein eigensinniges, psychisch labiles Kind ist, und vor der Perversion der Blutsmänner schützen. Und hier greifen die Geschichten ineinander. In einem Kampf um Leben und Tod, um Freiheit und um die Hoffnung – Jaenelle – kreuzen sich die Wege der Kriegerprinzen. Der Höllenfürst und Daemon müssen Seite an Seite stehen, doch wie einander vertrauen? Wie dem eigenen Vater vertrauen, der es zuließ seine eigenen Söhne wegzugeben und der Pein, Sklaverei und Perversion auszusetzen?
Band 2 (Dämmerung) und 3 (Schatten) bauen auf dieser Story auf und führen den Leser durch viele Jahre, in denen die liebgewonnen Figuren Qualen erleiden, durch den Wahnsinn gehen und sich selbst und ihre Familie verraten müssen, um das zu Schützen, was ihnen lieb ist. Wird Jaenelle auch wirklichHexesein und die Blutsleute zu alter Größe führen? Dazu sei natürlich nichts verraten.
Ja, ich weiß, es mag sehr nach Klischee klingen: Der Höllenfürst Saetan SaDiablo und seine Söhne Daemon und Lucivar, Hexen, Hölle etc… jedoch entsprechen die Orte und Figuren kaum den Klischees, welche man im ersten Moment assoziiert. Die Charaktere sind so herrlich ausgearbeitet, dass ich es hier kaum beschreiben kann. Nur soviel: Man meint sie ab dem zweiten Buch schon selber seine Familie nennen zu können und ist traurig, wenn man die ersten drei Bände und den Vierten und Sechsten (ZwielichtundNacht– Neben- und Folgegeschichten rund um das Ensemble) zuschlägt und bemerkt, dass die anderen Bücher neue Geschichten in der Welt der Blutsleute sind, in denen der wunderbar grausame, elegante Daemon und die exzentrische Jaenelle, der herrlich sarkastische Höllenfürst, der sich gerne als Familienpatriarch typisch menschlich in die Angelegenheiten seiner Schützlinge einmischt, der liebenswürdige und aufbrausende Lucivar und noch viele mehrere Gestalten aus Anne Bishops einnehmender Welt nur noch Gastauftritte bekommen.
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