Am 4. August 2014 wagte ich mich (offen gestanden das erste Mal) in die Sneak Preview des Bayreuther Cineplex. Ich war mir nicht ganz sicher, was mich erwarten würde und konnte mir beim Intro dieses Films ein lautes „Oh oh!“ nicht verkneifen. Ich hatte mich auf einen Trash Film vorbereitet und war mit dem Intro auf das Schlimmste gefasst. Aber: Ich irrte mich. Die deutsch-kanadische Co-Produktion Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück von Regisseur Peter Chelsom war nämlich in allen Aspekten von überraschend guter Qualität. Vielleicht kommt mir das nur so vor, aber ich fand den Film sogar richtig gut, also so 9,5/10 gut. Aber warum?
Das hat zwei Gründe. Erstens das Pacing und zweitens die Art, wie der Film die Zuschauer auf den Arm nimmt. Wenn du eine Abenteuerkomödie mit gutem Pacing und dezent gesetztem Humor willst, dann hör jetzt am besten auf zu lesen, geh in das nächste Kino und schau dir Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück an – der Film läuft heute, den 14. August, bundeweit an. Ich werde zwar versuchen, den Artikel so spoilerfrei wie möglich zu gestalten, aber um einige kleine Andeutungen werde ich wohl nicht herumkommen.
Worum geht es in Hectors Reise überhaupt? Es geht um – Überraschung – Hector, der sich – noch größere Überraschung – auf die Suche nach dem Glück begibt. Der Film ist eine audiovisuelle Version von François Lelords gleichnamigem Roman. Die Geschichte ist dabei ähnlich wie eine klassische Heldenreise aufgebaut. Das Ganze ist an die moderne Zeit angepasst und klischeehaft verpackt. Tatsächlich schafft es der Film einerseits, den Zuschauer durch Übertreibung der Klischees auf den Arm zu nehmen, gleichzeitig aber ebenjene Klischees ernsthaft auszuspielen und einen zum Nachdenken anzuregen. Seinen Höhepunkt erreicht diese Thematik mit einer Szene in einem Hörsaal. Der Protagonist kommt mitten in einer Vorlesung zum Thema „Was ist Glück“ in den Hörsaal. Während der Professor, in guter Vorlesungsmanier, ständig zwischen kleinen Witzen und ernsthaft gemeinten Erklärungen hin und her wechselt, wechselt die Kamera zwischen dem auf- und abschreitenden, wild gestikulierenden Professor und den Gesichtern der Studierenden. Dabei versteht man jedoch nicht wirklich, was der Professor sagt und vermutlich verstehen es die Studierenden im Film auch nicht. Dies ist nur ein Beispiel für die zahlreichen Beispiele, die der Film für seine Aussage bringt. Diese ist: „Es gibt keine universelle Definition für Glück. Glück ist subjektiv und es kommt darauf an, ob man sich darauf einlässt.“ Das klingt unglaublich schnulzig und das ist es auch. Das Schöne ist jedoch, dass der Regisseur Peter Chelsom sich dieser Sache wohl bewusst war. So kommt nach dem besonders schnulzigen Ende noch ein Pudel über die Leinwand gelaufen und pinkelt an den Schriftzug „The End“. Das war die Sache, die für mich den Film endgültig rund machte.
Schauspieler super (unter anderem Simon Pegg als Hector und Jean Reno als Diego), Umsetzung klasse, Fragestellung aktuell und das Ganze ist zudem witzig, aber nicht zu witzig, verpackt. Warum dann nur 9,5 /10? (Übrigens ist diese Wertung vollkommen willkürlich und hat keine Aussage.) Weil es teilweise dann doch etwas zu sehr schnulzt. Manchmal langt man sich an den Kopf und fragt sich, ob hier gerade „Alles in Butter“-Propaganda gemacht wird. Jedoch ist der Film einen Schritt voraus und entschuldigt sich kurze Zeit später gewissermaßen dafür:
Hector, ich habe mich auf deine Frage vorbereitet: Ich habe mein Haus, mein Auto, meinen Mann und meine zwei Kinder und das macht mich glücklich.
(sinngemäß)
Kurz darauf folgt die oben beschriebene Hörsaalszene. Für kurze Zeit denkt man sich „Na komm, jetzt übertreib’s mal nicht…“. Das geht aber ganz schnell wieder vorbei und es wird einem klar, dass das Glück eben nicht einfach daherkommt.
Im Ganzen ist Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück eine wirklich gute Komödie, die es mit Bravour schafft, zwischen Ernst und Komik zu wechseln und extreme Tempowechsel glaubhaft und gut getimed einzusetzen. Mir hat der Film sehr gut gefallen, vertrauliche Quellen berichteten mir aber auch, dass das Buch in jedem Fall besser ist. Diese Frage und die, wie viel Prozent des Budgets von Skype gesponsert wurden, bleiben noch offen. Ach ja, und was jetzt eigentlich „Glück“ ist, ist mir auch noch nicht ganz klar. Vielleicht aber dir, wenn du dir den Film angesehen hast!
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