Folge 9 im Überblick

Oliver An dieser Stelle summt Oliver das Game of Thrones Titellied….“Däm däm da da däm däm..“

Nadja Ich denke, wir alle waren nach dem fulminanten, 10 minütigen Schlachtgetümmel in Hardhome sehr gespannt, was die diesjährige Folge 9 uns auftischen würde. Ich habe da an Cersei gedacht, die noch im Kerker versauert oder an die Schlacht von Winterfell. Doch DIE ultimative Szene, die die verhängnisvolle Tradition der 9. Folgen weiterführte und wie immer ein Leben eines Protagonisten kostet, diese Szene hat mich doch vollkommen überrascht. Obwohl es ja schon angedeutet wurde, habe ich nicht damit gerechnet, dass es so kommen würde. Vielleicht auch, weil ich ab dieser Stelle nicht mehr mit meinem Buchwissen glänzen konnte, denn die Serie hat nun das Buch fast überholt – und wir haben ja gelernt, dass man sich darauf sowieso nicht mehr verlassen kann. Insgesamt ist The Dance of Dragons eine sehr gelungene, wenn auch eine der düstersten (nicht unbedingt bildlich gesehen) Folgen von Game of Thrones. Und eine Folge, die durchweg mit Spannung glänzte. Spannung kam bereits bei den anderen Handlungssträngen der Folge auf: Lässt Ser Allisar Jon durch das Tor? Werden Bronn und Jaime für ihre Aktion bestraft? Wird Arya Ser Meryn umbringen? Durch und durch eine intensive Folge. Da tat etwas Aufheiterung durch den Auftritt von Marc Gatiss alias der Chef von der Eisernen Bank, der doch schwer an seine Performance als Mycroft Holmes in Sherlock erinnert, und durch Bronns kleine Bestrafung ganz gut.

Jannik Nadja hat natürlich Recht – The Dance of Dragons kann sich mühelos in die lange Riege der schockierenden 9. Folgen einreihen. Neben der schon angesprochenen unfassbaren Szene, auf die wir gleich noch etwas genauer eingehen werden, wird mir besonders der Kampf in Meereens Arena noch lange im Gedächtnis bleiben. Tyrion, Jorah, ein schier unbesiegbarer Drache, viel zu viele maskierte Männer und viel zu wenig Stroh, Daenerys und ihr Verlobter, der plötzlich massakriert wurde. War ja auch ein langweiliger Charakter. Jorah hätte diesen sinnlosen Tod vielleicht verhindern können, so wie er wenige Augenblicke zuvor bereits Daenerys gerettet hat, doch greift er derzeit nach jedem Grashalm, um ihrer Friend Zone zu entkommen. Generell sorgte die 9. Folge bei uns für viel Vorfreude auf das Staffelfinale. Doch dazu später mehr. Zunächst einmal geht es um die Szene, die uns alle erschüttert hat: Stannis, der seine eigene Tochter verbrennen lässt.

Stannis‘ Entscheidung

Nadja Ich fürchte mich beinahe davor, diese Szene noch einmal zu schauen. Sie war fürchterlich. Und ich bin eigentlich niemand, dem irgendwelche Gewaltszenen in Game of Thrones so auf den Magen schlagen. Aber diese Szene tat es. Mir war förmlich schlecht. Shireen war ein so unschuldiger Charakter, jeder hat sie wohl wegen ihrer liebevollen Art und ihrer Geschichte gemocht. Ich lobte noch die Szene, in der Stannis seine Vatergefühle zeigte, als eine der intensivsten Beziehungs-Szenen in Game of Thrones. Umso unfassbarer ist es, wie sich plötzlich ein Charakter, der sonst so fest mit beiden Beinen auf dem Boden stand, so entscheiden kann. Man hoffte, er würde sich umentscheiden, schließlich war sie seine Tochter, wie er es so oft betonte. Aber es kommt wieder ganz anders als gedacht: Die Mutter, die das Kind bisher hasste, ist es, die ihre Tochter retten möchte… mir fehlen wirklich einmal die Worte… so überlege ich nur im Stillen, was Ser Davos wohl tun wird, wenn er zurückkehrt und seine Shireen nicht mehr vorfindet?

Oliver Ich muss zugeben, mich hat das nicht wirklich geschockt, hat Stannis aber nochmal eine schöne Portion Wahnsinn hinzugefügt, die sich seiner doch sehr verzweifelten Situation angepasst hat. Man muss sich wohl daran gewöhnen, dass gerade Figuren die eine hohe Gefühlsbekundung erfahren haben, das Zeitliche segnen werden. Manchmal geht es schnell, wie bei Ser Barristan, der einfach mal ne schöne Anekdote über Daenerys Bruder zum Besten gibt, damit man noch mehr Sympathie für seine Figur empfindet, nur damit er 5 Minuten später abgeschlachtet wird. Aber dann kann es eben doch mal 3-4 Folgen dauern. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, Shireen hatte gar keinen rechten Platz in der ganzen Geschichte, außer ein unschuldiges Kind zu sein, welches früher oder später den Melissandrischen-Fanatikern zum Opfer fällt. Aber die Idee war in jedem Fall extrem grausam….

Jannik Shireen war – so leid es mir tut, das zu sagen – ein Opferlamm. Ein reines Herz, unschuldig, liebenswürdig – also niemand, der in der gnadenlosen Welt von Westeros überleben kann. Und das, obwohl sie schon erfolgreich die Steinkrankheit überwunden hatte. Stannis stand wie wohl keine andere noch lebende Figur (armer Ned…) für einen unerschütterlichen Gerechtigkeitssinn, doch vertraute er aus Verzweiflung und Verblendung schließlich allein dem Urteil des Herrn des Lichts. Es gibt bei Game of Thrones nur sehr wenige Figuren, die tatsächlich böse Absichten verfolgen. Die meisten Schandtaten werden von Leuten begangen, die eigentlich etwas Gutes bezwecken wollen. Stannis merkte leider nicht, dass er zu weit gegangen war, egal, was die Opferung seiner Tochter bewirken würde. Genau das machte diese Szene so unerträglich.

Daenerys, Jorah und Drogon

Nadja Nach dem vorausgegangenen Grillfest mit Melissandre am Schürhaken tat der Szenenwechsel in die sonnenbeschienene Trockenheit Meereens mehr als gut. Meereen wirkte mal richtig freundlich und einladend. Und dann folgt der zweite Streich der 9. Folge. Eine wunderbare Szene. Erst bangt man mit der Khaleesi um Jorah und hofft doch, dass sie, genauso wie bei Stannis, endlich eingreift. Dann Jorahs Speerwurf, der so schnell kam, dass man gar nicht realisierte, was los ist. Der Angriff der Harpyien. Zwischen dem ganzen Gemetzel wird dann mal eben der Zwist zwischen Khaleesi und ihrem alten (Stein-)Bären gelöst, Missandei und Daenerys halten Händchen (Gott sei Dank hat man mal Grey Worm weggelassen, oder er ist mir einfach nicht aufgefallen) und dann kommt der wohl beste Auftritt dieser Staffel neben Ghost in Folge 7: Drogon. Und wieder fieberte man mit, als er mit Speeren beworfen wird. Eine sehr intensive Szene, die einen doch genauso großäugig dreinschauen lässt, wie Tyrion, Daario und Jorah, als der Abspann kam.

Oliver Manchmal, aber nur sehr selten, entstehen bei GoT dann doch mal die Situationen oder die Ergebnisse die man sich wünscht. Normalerweise ist ja das Gegenteil die Regel, „Oh hoffentlich stirbt der nicht!“ , „Das wird doch wohl jetzt nicht passieren!“, aber bei The Dance of Dragons passierte endlich mal etwas Gutes, was man sich in diesem Moment auch mehr oder weniger gewünscht hat. Zwar war es schön zu sehen, dass dieser hartnäckige Bastard von Jorah endlich wieder die Chance hatte, Daenerys seine Loyalität zu beweisen, aber, wie du schon sagtest, das ware Highlight war der Auftritt von Drogon. Was hätte man sich sehnlicher wünschen können? Die MUTTER DER DRACHEN, die im Prinzip vielleicht 2-3 Mal einen Vorteil daraus gezogen hat, Feuer speiende Bestien zu besitzen, wird mit ihrem Gefolge von einer Überzahl Feinden umzingelt, was könnte sie jetzt noch retten? Genau! Ihr verdammter Drache! Eine positive Erwartung, die erfüllt wird. Danke Game of Thrones, ich wusste, du kannst auch mal nett sein! Aber man muss natürlich auch sagen, wie großartig es ist, Tyrion ab jetzt in Daenarys Handlungsstrang zu haben, auch wenn ab jetzt vielleicht wieder ein wenig Distanz zwischen die beiden kommt…

Jannik Mein erster Gedanke beim Auftritt Drogons war: Daenerys scheint nun also die Macht zu haben, ihre Drachen durch die Kraft ihrer Gedanken herbeizurufen – wer will sie jetzt noch aufhalten? Doch die Antwort kam leider viel schneller als erwartet. Die Harpyien brachten mit ihren Speeren die fauchende Echse in arge Bedrängnis, die schließlich nur mit einiger Mühe aus der Arena fliehen konnte. Nein, nur mit ihren Drachen wird es Daenerys nicht gelingen, in Westeros Fuß zu fassen. Sie ist auf die Unterstützung ihrer Verbündeten angewiesen, von denen sie mittlerweile ja auch eine ganze Menge hat. Eine große Bitte habe ich an dieser Stelle aber auch noch an die Produzenten der Serie: Sie waren für ein paar Szenen unterhaltsam, aber bitte macht den Harpyien in der sechsten Staffel schnell den Garaus. Ich weiß nicht, wie es den anderen geht, aber ich finde, es ist Zeit für Daenerys und ihre Gefährten, sich Richtung Westen aufzumachen. Der Kriegsschauplatz mit den ehemaligen Sklavenhaltern wurde nun lange genug thematisiert. Ein paar vereinzelte Vögel mit Masken haben zwar den Angriff des Drachen überlebt, doch hoffe ich, dass Tyrion sich nicht fünf weitere Folgen mit ihnen herumschlagen muss.

Die fünfte 9. Folge – Eine Einschätzung

Nadja Wenn man mich fragen würde, welche 9. Folge die „schlimmste“ war, Eddards Tod, die Schlacht von Blackwater, The Red Wedding, Der Kampf an der Mauer oder eben The Dance of Dragons, dann tendiere ich doch tatsächlich zur letzteren. Wieso? Weil der Charakter der 9. Folge diese Staffel eine ganz andere Qualität angenommen hat. Bisher hatten wir Schlachten in Folge 9 serviert bekommen oder Plot Twists, die man ja irgendwie schon erwartet hat und die eben einem oder mehreren Protagonisten das Leben kosteten. Diesmal gab es keinen Plot Twist. Man hatte einen Vater, der eine Entscheidung treffen musste, und zwar eine sehr persönliche. Und man wusste genau, welche Entscheidung er getroffen hat und musste dann quälend lange Minuten mit ansehen und mitfiebern, ob er seine Entscheidung nicht doch noch rückgängig macht. Hatten vorher Überrschungsmoment und blutiges Gemetzel die 9. Folge beherrscht, so ist es diesmal ein Familiendrama und die tiefen Abgründe eines Menschen. Wenn Bolton und Frey Rob Stark abmurksen, dann ist das überraschend und schockierend, aber es ist eine Wendung, mit der Zuschauer irgendwann klar kommen, denn es ist das typische Held-Antiheld-Spiel. Wenn aber ein Vater, der vorher als gerecht, in irgendeiner Weise auch als moralisch und auf seine ernste Art auch als liebenswert galt, seine eigene Tochter, sein einziges Kind, einem Gott opfert, an den er vor einigen Staffeln noch nicht recht geglaubt hat, dann ist das ein so großer Charaktertwist, der in seinen unmittelbaren Folgen einfach mehr als schockierend ist. Eine ganz neue Qualität.

Oliver In Westeros nichts neues,…..Es war in der Tat eine „andere“ Folge 9. Aber nichts ersetzt für mich das Grauen der Red Wedding. Dagegen halte ich Folge 9 sogar noch für „nett“. Obwohl ich dir zustimmen muss: Einen eigentlich sehr nüchternen Charakter wie Stannis einen dermaßen radikalen Schritt machen zu sehen, war schon ein wenig krass. Zumal der gute Mann ja der Hoffnungsträger war, den Norden vom verdammten Ramsay Bolton zu befreien. Aber die Bücher-Menschen wissen an dieser Stelle natürlich sowieso schon mehr. Abgesehen davon ist Arya Stark mal wieder dabei, ihren Handlungsstrang zum langweiligsten der ganzen Serie zu degradieren. Die anfänglichen, nennen wir es Erkundungen, die der Zuschauer gemeinsam mit ihr im „House of Black and White“ gemacht hat, waren bisher zwar ganz interessant, aber jetzt, wo sie hinter Meryn Trant her ist, denke ich nur: „Ach ne, nicht schon wieder vom Weg abbringen lassen, verkauf dem Scheißkerl am Pier einfach die Austern….“ Auch der sympathische Ausflug nach Dorne soll natürlich nicht unerwähnt bleiben. Wie freundlich und verständnisvoll Jaime Lannister letztendlich von Doran Martell empfangen wurde war schon fast erschreckend. Und auch der kleine Gag mit Bronn war ein kleines Highlight. Das kleine (exotische) Völkchen in Dorne scheint, abgesehen von Ellaria Sand, ein ganz netter Haufen zu sein. Bitte mehr davon….The Dornishman’s wife was as fair as the sun, and her kisses were warmer than spring.

Jannik In den vergangenen Staffeln war es so, dass die 9. Folgen sich auf ein zentrales Ereignis konzentrierten, während wir uns nicht mehr wirklich an die restlichen Szenen erinnern können. The Dance of Dragons jedoch lieferte mit dem Kampf in der Arena und der Verbrennung von Shireen zwei sehr einprägsame Momente. Die eine Szene wird wegen ihrer psychischen Grausamkeit in Erinnerung bleiben, die andere wegen der fulminanten Action, die sie geboten hat. In Zukunft können wir wohl wegen der vielen noch auszufechtenden Konflikte mit blutigen 9. Folgen rechnen, die der Schlacht von Blackwater ähneln werden. So kann es sein, dass die Opferung von Shireen auch nach Abschluss der Serie noch als intensiver, wegen seiner psychologischen Facetten besonders tiefgründiger (oder abgründiger) Moment angesehen wird. Dann wird man The Dance of Dragons als eine der besten Folgen in Erinnerung behalten.