Von den einen sehnlichst erwartet, von den anderen abwertend als Kinderfilm berzeichnet: Schon vor seiner Veröffentlichung polarisierte The Lego Movie die Kinowelt. Anfang April startete der Lego-Film nun auch in den deutschen Kinos. Doch erfüllt die Geschichte rund um Bauarbeiter Emmet wirklich die Erwartungen der Fans?
Darum geht’s
„The story of a nobody who saved everybody…“
Eigentlich ist Emmet ein ganz normaler Typ. Fast zumindest. Er arbeitet als Bauarbeiter, hält sich sehr genau an Regeln, ist immer freundlich und liebt es, Zeit mit seinen Liebsten (in seinem Fall mit seiner Pflanzenfreundin Pflanziska) zu verbringen. Eines Tages jedoch stolpert er in ein Loch auf der Baustelle und sein Leben verändert sich schlagartig. In der Höhle, in die er fällt, hat er eine Vision. Er wacht wieder als Gefangener eines Polizisten auf. Der nimmt Emmet aufgrund eines mysteriösen Blocks, der seit dessem Sturz auf seinem Rücken klebt, ins Verhör, erklärt ihn zum Verbrecher und will ihn einschmelzen lassen. Während des Verhörs erfährt Emmet auch, wofür ihn seine Bekannten wirklich halten: Einen langweiligen Typen, ohne Wiedererkennungswert.
Emmet wird jedoch aus der Gefangenschaft von Wyldstyle erettet. Sie erklärt ihm, dass er dazu auserwählte sei, die Welt vor Lord Business und seinem Helfer, dem Polizisten, zu retten. Wyldstyle bringt Emmet zu Vitruvius, einem alten Zauberer, der zu Emmets Mentor wird. Emmet wird der Riege der Meisterbauer vorgeführt, die er nun als Besonderer, Auserwählter anführen soll, gegen Lord Business‘ böse Pläne mit dem Kragle zu kämpfen. Nur leider ist Emmet so gar nicht der Helden-Typ, war er doch mit seinem bisherigen Leben voll und ganz zufrieden. Obwohl der Großteil der Heldenriege bald erkennt, dass Emmet wohl nicht ganz geeignet für den Job ist, gibt es kein Zurück mehr für den Bauarbeiter – er muss sich dem Bösen, den Selbstzweifeln, den Bedenken seiner Mitstreiter und auch noch Lasern, Haien und sogar Laiserhaien stellen…
Helden ohne Ende
Begleitet wird Emmet von einer Reihe hochkarätiger Helden. Zur Gilde der Meisterbauer zählen neben seinem Mentor Vitruvius und Wyldstyle u.a. die „Zerfleddermaus“ Batman, die kleine Meerjungfrau, Superwoman, das süße und immer gut gelaunte Einhorn Kitty, Green Lantern, Robin Hood, Kleopatra, Michelangelo, Gandalf, Transformer-Pirat MetalBeard, Shakespeare, Abraham Lincoln, Milhouse und eine Teenage Mutant Ninja Turtle. Bei der großen Bandbreite an Helden mit unterschiedlichsten Talenten und Vorlieben ist Chaos natürlich vorprogrammiert. Das pink-weiße Einhorn-Kätzchen Kitty liebt seine Regenbogenwelt, hat eine quietschige Stimme und Kulleraugen und ist immer freundlich und positiv gestimmt. Batman dagegen verkörpert eher den Macho-Helden, der aber mehr Kräfte dafür aufzuwenden scheint, cool rüberzukommen, als wirklich heldenhafte Taten zu vollbringen. Die meisten Charaktere sind in ihren Verhaltensweisen übertrieben dargestellt, was sie alle einzigartig macht. Der einzige halbwegs normale Charakter scheint Vitruvius zu sein. Als Mentor ist er auch derjenige, der von Anfang an zu Emmet steht und ihn jedes Mal aufs Neue ermuntert, stark zu bleiben und an sich selbst zu glauben.
Besonders sticht Bad Cop hervor. Als Scherge von Lord Business ist er dessen ausführende Kraft und nimmt Emmet ins Verhör. Doch da jedes gute Verhör auch einen Good Cop braucht, gibt es auch diesen – verkörpert in derselben Gestalt wie Bad Cop. Er hat wortwörtlich zwei Gesichter. Seine zwiegespaltene Persönlichkeit bringt Bad Cop dazu, im gesamten Film zwischen seiner guten und seiner bösen Seite hin- und hergerissen zu sein. Obwohl er der bösen Seite angehört wirkt er ungemein sympatisch und hat die besten Voraussetzungen dafür, der Liebling vieler Zuschauer zu werden.
Die Bandbreite der Charaktere schafft viel Abwechslung, jeder Hauptcharakter schafft es, auf seine eigene Art und Weise den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Das Aufeinandertreffen der verschiedenen Persönlichkeiten schafft die Möglichkeit, ungewöhnliche Kombinationen – wie z.B. Batman in einer Welt voller Pink und Freude – zu erleben.
Es ist ohne Frage (…) einer der phantasievollsten und ideenreichsten Filme seit langer, langer Zeit.
(Oliver Kalkofe, Moderator)
Kindheit in 3D
Eine weitere Besonderheit des Films ist die 3D-Technik. The Lego Movie gehört zu einer kleinen Auswahl an Filmen, bei denen sich der 3D-Effekt wirklich lohnt. Spannende Kamerafahrten, jede Menge fliegende Gegenstände, Action-Kampfszenen mit Laserstrahlen und eine sehr detaillierte, wunderschön ausgearbeitete Lego-Welt wirken in 3D einfach umwerfend. Auch Bewegungen wie fließendes Wasser, Explosionen oder Eisenbahndampf sind wirklich schön animiert und lassen sehr schnell Begeisterung entstehen.
Detailliert dargestellt sind auch die agierenden Figuren. Um sie möglichst realitätsnah zu gestalten, wurden echte Lego-Figuren teilweise per Mikroskop betrachtet, um alle Details ausarbeiten zu können. Um den Figuren Leben einzuhauchen, wurde v.a. auf eine CG-Animationstechnik zurückgegriffen, jedoch wurden auch über 3,5 Millionen reale Lego-Steine eingesetzt. Obwohl der Film computeranimiert ist, wirken die Bewegungsabläufe wie durch Stop-Motion entstanden, da sie oft eher eckig wirken. Das verschafft dem Film viel Authentizität. Überhaupt war Authentizität eines der Hauptkritierien bei der Produktion des Filmes: Die Welt und die Figuren sollten so gestaltet werden, dass sie wie wirklich benutzte Spielobjekte wirken:
If you were animating this in real life, there would be all of these dust particles, and there is a bit of actual dandruff.
(Chris Miller, Regie und Drehbuch – Interview mit der New York Times)
Neben Staubpartikeln und Fingerabdrücken wurde auch auf den Zustand der Figuren geachtet: Ältere Figuren, wie Raumschiff-Liebhaber Benny, der den 70er bzw. 80er Jahren entstammen soll, weisen deutliche Gebrauchsspuren wie Kerben oder Brüche auf.
Spaßfaktor Lego
Schon der Trailer lässt erwarten, dass The Lego Movie eher komödiantisch aufgebaut ist. Viele Dialogstellen sind witzig angelegt, jedoch sorgen die Bewegungen der Männchen, die unrealistisch oder einfach nur ungewollt süß aussehen, für die meisten Lacher. Auch die gezielt künstliche Darstellung – wie zum Beispiel das deutliche Zeigen eines Fadens, der einen Geist zum Schweben bringt – wirkt zum Einen komisch, ist aber auf der anderen Seite auch sehr realistisch, da es der normalen Spielweise von Kindern sehr nahe kommt. Die Realität wird auch im Ton nachgestellt. In vielen Szenen sind Geräusche deutlich hörbar von Menschenstimmen nachgeahmt, wie Kinder beim Spielen das auch tun. Das Besondere liegt im Kontrast: Im Visuellen wechselt der Film zwischen detaillierten Welten, tollen Animationen und unbeholfen wirkenden Bewegungen der Charaktere. Im auditiven Bereich wechseln sehr unrealistische, gespielte Töne mit tollen orchestralen, Gänsehaut erzeugenden Teilen ab, was den Film ungemein vielfältig macht.
Die dialogischen Witze regen also zum Schmunzeln an, belassen es aber zum Großteil auch dabei. Wirklich lustig wird der Film erst durch die Art und Weise, wie die Figuren sich bewegen und interagieren, und wie manche „Special Effects“ umgesetzt wurden.
Die Botschaft & eine Reise in die Vergangenheit
Lustige Filme gibt es viele. Das Tolle an The Lego Movie ist, dass er nebenher noch viel mehr zu bieten hat. Die Hauptbotschaft des Films ist, dass jeder besonders sein kann, egal, wie normal das eigene Leben auch zu sein scheint. Es ist nicht wichtig, dass andere einen für besonders halten, sondern vielmehr, was man selbst über sich denkt. Aber wer könnte das wohl besser ausdrücken als der gute alte Vitruvius…
Denn um besonders zu sein, muss man nur eins tun: Man muss daran glauben.
(Vitrivius, alter und weiser Mann)
Ein weiterer toller Nebeneffekt des Films ist, dass er den Zuschauer dazu bringt, sich an die eigene Kindheit zu erinnern, was den Film auch für aus dem Lego-Alter herausgewachsene Zuschauer interessant macht. Wer hat nicht Star Wars-Figuren benutzt, um damit das Feen-Lego-Set zu erweitern? Wer hat nicht mit Dinosauriern mittelalterliche Burgen überfallen? Oder mit UFOs Prinzessinen aus Schlössern entführt? Wer würde heute noch verstehen, wieso wir das getan haben? Denn schließlich passen die Figuren überhaupt nicht zusammen, gehören ja nichteinmal derselben Welt an. Als Kind war es toll, solche unpassenden Kontraste zu bilden.
Der Film stellt ganz bewusst die rationale Ordnung der Welt in Frage, springt zwischen verschiedenen Welten hin und her, vermischt sie und plädiert für die kreative Freiheit. Er erinnert an die eigene Kindheit. Wie schön es war, zu spielen, ohne sich auch nur eine Sekunde lang Gedanken zu machen, ob das eigentlich Sinn ergibt, ob alles zusammenpasst. Das Wichtigste war, die eigene Phantasie zu gebrauchen und einfach Spaß zu haben.
Everything is awesome – Fazit
Das wohl (zumindest in der englischen Version des Films) am häufigste verwendete Wort trifft auch auf das gesamte Werk an sich zu: Awesome! The Lego Movie punktet mit einer tollen Szenerie, ungewöhnlichen (aber charmanten) Charakterkombinationen, viel Liebe zum Detail und einer schönen Aussage, was den Zuschauer vergessen lässt, dass die Haupthandlung ein Mix aus sehr viel schon Dagewesenem ist. Durch Action, Witz und die fiktive Handlungswelt ist der Film für alle Altersgruppen geeignet. Oftmals ist es auch wert, von den Fluchtpunkten des Films wegzuschauen und eher an die Bildränder zu sehen, denn dort gibt es sehr viel zu entdecken. Der Film ist perfekt für jeden, der sich einen Abend voller entspannender, aber nicht stumpfer Unterhaltung gönnen will. Als Zuschauer kann man sich auf viele kleine Überraschungen und fast zwei Stunden Kindheitserinnerungen einstellen. Wer neugierig geworden ist, sollte sich am Besten selbst überzeugen, da es unmöglich ist, alle tollen Eigenschaften des Filmes aufzuzählen, ohne dabei schon zu viel zu verraten.
Ich warte immer noch auf Playmobil The Movie. 😀
Guter Artikel! 🙂 Ich wuerde ihn mir trotzdem nicht anschauen. Aber jetzt hab ich Bock mein altes Lego Technik auszugraben 😀
Awesome!