Während alle Science-Fiction-Fans vermutlich sehnsüchtig auf den neuen Star Wars-Film warten, hat am Samstagabend eine ganz besondere Serie dieses Genres ihre neunte Staffel abgeschlossen. Die Rede ist natürlich von Doctor Who. Die Serie mit Peter Capaldi, dem wohl coolsten Doctor aller Zeiten, und Jenna Coleman, der wohl nervigsten Begleiterin aller Zeiten.

Warum wir Clara nicht leiden können

Finn:

Seit ihrem ersten Erscheinen am Anfang der siebten Staffel war sie mir unsympathisch. Ich konnte nicht definieren wieso, aber als sie zum ersten Mal über den Bildschirm flimmerte, stellte sich ein ungutes Gefühl in meinem Magen ein. Ein Gefühl, das ich zuerst ignorierte. Immerhin war sie ein Nebencharakter in nur EINER Episode.

– Gute Alte Zeit –

Inzwischen sieht das Ganze ein bisschen anders aus. Sie hat nicht nur JEDE Inkarnation des Doctors vor Vernichtung, Tod oder Schlimmerem gerettet. Nein! Sie hat auch den Doktor, den „oncoming storm“, in seinen Kindheitstagen auf Gallifrey besucht und ihm erzählt, dass Angst eine Superkraft sei. Und wenn es nicht genug der Wichtigkeit wäre, ist sie nun auch (theoretisch) unsterblich, besitzt eine eigene Tardis und reist durch Raum und Zeit. Es ist unglaublich was eine Lehrerin in Großbritannien mit Mindestlohn alles erreichen kann.

Im Endeffekt ist sie „The Doctor 2.0“. Wieso also stört mich ihr Verhalten, wenn es mich bei meinem Lieblingsalien fasziniert und begeistert? Das Problem liegt in der Spezies. Ohne hier irgendwelche „Alien-Menschen Rassismus“-Diskussionen aufmachen zu wollen – dafür gibt es die Folgen “Zygon Invasion” / “Zygon Inversion” -, ist ihre Menschlichkeit einer der Hauptfaktoren für ihre Unglaubwürdigkeit. Der Doktor, mag er auch menschlich aussehen, ist der letzte ein Timelord. Mitglied einer uralten, so fortgeschrittenen Rasse, dass wir ihre Technologie mit Magie gleichsetzen können. Er ist mehr als 3000 Jahre alt, hat den Menschen das Wort „Doktor“ beigebracht, kennt die Queen of England und mag keine Umarmungen. Kurzum: Er hat Credibility. Man nimmt ihm ab, dass was immer er an Technobabble von sich gibt, irgendwo schon Sinn ergibt. Man vertraut ihm in seinen Entscheidungen und man kann ihm seine oftmals irrational wirkenden Entscheidungen abnehmen. Immerhin ist der Typ ein 3000-Jahre-altes Alien, das in einer blauen Polizeibox durch Raum und Zeit reist! Irrationale Handlungen sind da Teil des Programms.

Clara wiederum ist eine – vermutlich unterbezahlte – Lehrerin an der Coal Hill-Gesamtschule in Großbritannien. Ein Mensch. Ein normaler Mensch. Alle wundersamen, fantastischen Dinge, die ihr widerfahren, geschehen nur durch den Doktor. Sie selber ist nicht fantastisch. Besitzt keine Credibility. Man nimmt es ihr einfach nicht ab, wenn sie sich doktorartig verhält.

Die Versuche von Moffat, ihr durch die oben erwähnten Rettungen des Timelords bzw. den Besuch in der Kindheit mehr Credibility zu verleihen, scheitern leider kläglich an dem sehr konfusen Aufbau der achten und neunten Staffel. Es ensteht nicht das Gefühl, als ob die Rettung wirklich Anstrengung auf Seiten Claras benötigt hätte. Einen solchen Akt ohne sichtbare Anstrengung zu erledigen, das kann nur der Doktor und um seinen Status zu erlangen, muss man schon „leiden“.    

Julia:

Clara, the impossible Girl. Unmöglich ist der richtige Begriff. Unmöglich anstrengend, unmöglich überheblich, unmöglich überflüssig. Zugegeben: In der siebten und achten Staffel mochte ich sie noch echt gern. Sie hat den Doctor viel unterstützt und den zerbrochenen Doctor auch wieder zusammengesetzt. Aber in dieser Staffel war sie so überzeugt von der Meinung, ihr könne nichts passieren und egal wie viel Blödsinn sie baue, der Doctor werde schon da sein, um alles wieder in Ordnung zu bringen, dass sich das mit der Sympathie schnell wieder gelegt hat. Sie profiliert sich so sehr als Besonderes, dass sie der erste Begleiter ist, der nichts vom Doctor lernt, sondern diesen von sich lernen lässt. Das bringt nicht nur das ganze Gleichgewicht der Serie ins Wanken, sondern sorgt auch dafür, dass jeder, den ich kenne, über Clara herzieht. Sie ist der Grund dafür, dass der Doctor sich ständig nur im Kreis bewegt und so auf sie fixiert ist, dass er nicht mehr klar denken kann. Es geht immerhin so weit, dass er zur Waffe greift und einen Timelord erschießt, weil dieser ihm im Weg stand. Clara ist wie Gift, welches nach und nach den Doctor verdirbt. Vielleicht war der Spruch „Run, you clever boy“ ja auf sie bezogen? Wenigstens bin ich Steven Moffat dankbar, dass Clara für eben jene Arroganz sterben musste und dass der Doctor mit ihr abschließen durfte.

Highlights

Julia: 

Als ich den Teaser zur neunten Staffel mit Missy (Michelle Gomez) sah, freute ich mich wie blöd auf die erste Folge “The Magican’s Apprentice”. Ich bin ein großer Fan von ihr und sie enttäuschte mich keineswegs. Die Beziehung zwischen ihr (oder ihm?) und dem Doctor war zwar schon immer kompliziert, jedoch tritt Missy zum ersten Mal als vermeintliche Verbündete auf, sodass Clara ihr vertrauen muss, wenn sie den Doctor retten will. Das lässt einen während der ersten beiden Folgen hadern, ob Missy tatsächlich auf der Seite des Doctors steht, oder nur ihre kranke Fantasie von Hingebung umsetzen will. So erleben wir erneut einen ihrer schrägen Pläne, in welchem sie versucht, die in einem Dalek-Körper versteckte Clara vom Doctor töten zu lassen. Als der Doctor jedoch dahinter kommt, droht er ihr hasserfüllt zu verschwinden, was zuvor noch nie vorgekommen und auch absolut untypisch ist. Die Frage, die man sich nach dem Finale nun stellen kann, wäre: „Weiß der Doctor überhaupt noch, warum er Missy hasst bzw. hasst er sie überhaupt noch?“

Doch nicht nur Michelle Gomez, sondern auch Maisie Williams als Ashildr bzw. Me überzeugten mich in dieser Staffel. Anfangs noch verunsichert und unerfahren, verwandelt sie sich zu einer unberechenbaren und unsterblichen Mischung aus Mensch und humanoiden Cyborg. Irgendwann hat auch sie alles erlebt und gesehen und ist dem Doctor nahezu ebenbürtig. Interessanterweise entwickeln sich diese Personen fast immer zu Gegenspielern des Doctors, wenn man seinen Blick mal auf Davros, Missy oder die Anführer der Timelords richtet. Macht die Zeit Wesen, welche so lange leben, einfach schlecht oder kratzt die Tatsache, dass jemand dem Doctor Konkurrenz machen könnte, an seinem Ego? Gleichzeitig sorgt die Aushändigung des Confession Dials an Ashildr, trotz ihres Mitverschuldens an Claras Tod, für Verwirrung. Inwiefern Ashildr wusste, dass sie den Doctor mit ihren Aktionen in die richtige Richtung lenken würde, lässt viel Raum für Interpretationen. Ob die Geschichte zwischen den beiden damit beendet ist, wird sich wohl noch herausstellen.

Mein größtes Highlight dieser Staffel ist die Folge “Heaven Sent”, wenn nicht sogar von der gesamten Serie. Besonders nachdem die vorherigen Folgen eher schwach waren, so war diese unglaublich genial geschrieben. Starring Peter Capaldi und … ja, damit hat es sich auch quasi wieder. Peter Capaldi schafft es 55 Minuten lang, gefangen in seinem Confession Dial, seine größten inneren Dämonen zu bekämpfen, mit einer Genialität, die ihresgleichen sucht. Dies geschieht in einer schier endlosen Wiederholung, die nicht eine einzige Sekunde über Langeweile erzeugt. Wir lernen hier auch ein ganz neues Monster kennen. Jenes steht für die große Angst des Doctors vor dem Tod, welchen er durch dieses Wesen mehrere Millionen Mal erleben muss.

Finn:

Highlights? Davon gab es in der aktuellen Staffel schmerzlich wenige. So gut Peter Capaldi auch schauspielert, so schlecht schreibt in letzter Zeit Steven Moffat beziehungsweise das Writing Team. Bevor ich jetzt hier meinen Rant beginne, ein paar kurze einführende Worte. Ich liebe Doctor Who. Bin Langzeit-Fan und lasse grundsätzlich auf mein persönliches Lieblingsalien vom Planeten Gallifrey nichts kommen. Als selbst erklärter Super-Fan bin ich aber auch verpflichtet, meinen Fandom zu hinterfragen, zu überlegen, ob meine Obsession noch gerechtfertigt ist. Momentan kann ich das mit einem klaren „Nein“ beantworten. Was mich natürlich nicht davon abhält, trotzdem sehnsüchtig auf das Weihnachtsspecial zu warten.

Zurück zu den Highlights, beziehungsweise dem Highlight – singular.

Heaven Sent”, die vorletzte Episode, ist fantastisch. 55 Minuten voller Schauspielkunst und guten Dialogen Monologen. Was will man mehr? Vielleicht nächstes Mal mehr als nur eine fantastische Episode pro Staffel.

Lowlights

Finn:

Lowlights = Staffel – Highlight

Nun gut, ganz so schlimm ist es auch wieder nicht, so gab es z.B. auch die spannende Endsequenz in “The Zygon Inversion” oder die Zeitraffersequenz am Ende von „The Girl who died“. Einzelne Szenen kann das Writing-Team sehr gut, nur bei der übergreifenden Geschichte, da schwächelt es.

Auch der Höhepunkt der übergreifenden Geschichte, “Hells Bent”, ist enttäuschend. Viele spannende Ansätze und Möglichkeiten, mit denen viel zu wenig gemacht wurde. Das Finale funktioniert gut als Episode aber nicht als dramatischer Höhepunkt einer Geschichte, die im 50th Anniversary Special begann.

Julia:

Auch wenn es mich etwas traurig stimmt, das sagen zu müssen: als Lowlight sehe ich leider die komplette Staffel. An sich ist sie ja nicht schlecht, nur im Vergleich zu der restlichen Serie sehr schwach. Sie hat zwar hier und da Höhen, aber so gefesselt wie in den vorhergehenden Staffeln hat es mich nicht. Der rote Faden war irgendwie fast unerkenntlich, die Folgen waren zu vorhersehbar oder sie wirkten wie eine reine Wiederholung von bereits dagewesenen.

Das Schöne an Doctor Who ist, dass nicht nur die einzelnen Folgen eine Handlung haben, sondern auch ganze Staffeln und sogar jeder Doctor noch seine eigene. Besonders die fünfte und sechste Staffeln schafften das mit der Silence herausragend. Hier hingegen wartet man. Und wartet. Und wartet…An sich ist die Idee mit dem Hybriden gut. Jedoch hätte man sie viel tiefer in der Storyline verflechten müssen, damit die Zuschauer Lust auf weitere Folgen haben und nicht nur darauf warten, dass endlich Clara stirbt oder zumindest geht.

Es fehlte auch die Überraschung. Der Moment, in der alles aussichtslos aussieht und man einfach nicht auf die Lösung kommen will, bis der Doctor alle rettet und man nur noch baff vor seinem Fernseher sitzt. Wie ich diese Momente liebe! Ich meine der Doctor hat keine Waffe und neben seiner Wortgewandtheit nur einen Schraubenzieher. Ok, es ist zwar ein Schallschraubenzieher, mit dem man nicht nur Schrauben irgendwo festmachen kann, aber darum geht es ja nicht. Es geht um diese friedliche Genialität in Doctor Who, die einem das Gefühl gibt, dass man jedes Problem auch ohne Gewalt lösen kann. Zwar schaue ich gerne Superheldenfilme, doch so ist und bleibt der Doctor der einzig wahre Held für mich. Abgesehen von den beiden finalen Folgen fehlte mir dieses Gefühl. Hat Doctor Who ein Ablaufdatum? Besonders die “Zygon-Folgen lagen mir sehr schwer im Magen. Von Anfang an war klar, dass die Kisten leer sein würden, denn der Doctor würde wohl kaum eine Waffe in Menschenhand geben. Mal ganz zu schweigen von Osgood. Selbst die Idee mit dem neuen Zwilling, welcher zuvor eigentlich noch ein Feind war, konnte mir diese Doppelfolge nicht mehr retten.

Doch mein größter Dorn im Auge, neben Clara, ist die Folge “Sleep No More. Sie ist der reinste Abklatsch von “The Waters on Mars, ähnelt zudem auch noch der Doppelfolge “Under the Lake und “Before the Flood (welche beide sogar noch in der gleichen Staffel liefen) und ist ein reiner Lückenfüller, denn sie erfüllt absolut gar keinen Zweck. Wo ist denn bitteschön der große Unterschied zwischen von bösem Wasser kontrollierten Menschen und von bösem Schlafsand kontrollierten Menschen? Da wäre es mir lieber gewesen, wenn man komplett auf diese Folge verzichtet oder Clara in dieser Schlafkapsel eingesperrt lassen hätte. Das hätte zumindest mir viel Unmut erspart.

Fazit

Julia:

Abschließend lässt sich sagen, dass die Staffel nicht die beste ist. Doch gegen Ende bekommt sie gerade noch die Kurve und lässt einen auf eine neue großartige zehnte Staffel mit einem neuen Begleiter hoffen. Wie wird sie/er (wobei selbst Peter Capaldi findet, der Doctor müsse weiterhin eine weibliche Begleitung haben) wohl sein? Oder bekommen wir weitere Perlen wie “Heaven Sent serviert? Eines bleibt gewiss: Trotz der eher schwachen neunten Staffel ist und bleibt Doctor Who meine Lieblingsserie.

Vielleicht war Steven Moffat auch einfach nur zu beschäftigt, Peter Jackson zu bitten, endlich für eine Folge von Doctor Who Regie zu führen, dass er die Serie schlicht und ergreifend vernächlässigt hat? Zumindest scheint der Schöpfer der fantastischen Herr der Ringe-Reihe gefallen an der Idee gefunden zu haben, wie man hier sehen kann.

Finn:

Trotz all dem Rant habe ich Hoffnung, dass es ab jetzt wieder bergauf geht. Clara ist nicht mehr als eine Erinnerung und Capaldi kann hoffentlich in den nächsten Folgen zeigen, was er schauspielerisch wirklich drauf hat. Bisher hatte man immer das Gefühl, dass Clara als Companion Capaldi limitierte. Um das hier noch einmal klarzustellen: Ich habe nichts gegen Jenna Coleman. Einzig und allein die Art, wie Clara geschrieben ist, stört mich ungemein. Alles in allem möchte ich sie einfach nur vergessen und wenn man die letzte Episode betrachtet, hatte Moffat wohl den selben Wunsch.