Was soll man davon halten, wenn man bei seinem Sonntagmorgenspaziergang durch den Park mit seinem Dackel zwei junge Männer antrifft, die versuchen mit einer riesigen Aluleiter einen 6 Meter hohen Baum zu erklimmen? Das wusste der ältere Herr auch nicht, als er sie bei diesem merkwürdigen Treiben ertappte. Nach dem Motto „Fragen kostet nichts“, tippt er den Jüngeren, der die Leiter festhält, auf die Schulter und fragt nach, was genau das werden soll, wenn sie fertig sind.
Seine schlichte Antwort darauf: „Wir Cachen.“
Cachen? Ihr habt richtig gelesen. Die Rede ist von Geocaching. Oft wird dieser neuartige Zeitvertreib als moderne Schnitzeljagd abgetan, dabei steckt hinter diesem eigentlich simplen Spielprinzip fast schon eine Lebenseinstellung.
Zunächst einmal musste dem Dackelbesitzer aber erklärt werden, was hier eigentlich vor sich ging. Sie versuchten eine Dose, den sogenannten Cache (engl. Geheimes Lager), von diesem Baum zu holen. In dieser Dose befindet sich dann eine Liste, in die man sich eintragen kann und in die man schreibt was man beim Bergen des Cache so erlebt hat. Außerdem findet man noch allerlei Kleinkram wie Schlüsselanhänger, Würfel, Ü-Ei-Figuren und Ähnliches zum Tauschen. Hin und wieder ist auch ein Zettel vorhanden, der erklärt, warum der Cacher, der den Cache gelegt hat, diese Stelle ausgesucht hat. Denn es kann ja sein, dass diese Stelle ein Stück lokale Geschichte verbirgt, von der man nichts geahnt hätte. Nun noch schnell den Cache wieder dort versteckt, wo man ihn gefunden hat, und ab ins Internet um den Cache zu loggen. Denn dort findet die andere Hälfte des Spiels statt.
Auf Seiten wie „www.geocaching.com“ meldet man sich an, um dort zu erfahren, wo die Caches liegen. Teilweise bekommt man einfach die Koordinaten, die man in sein Navigationssystem eingibt. Manchmal muss man auch erst ein Rätsel lösen, wie ein Sudoku oder einen komplexen Text dechiffrieren, bevor man die Koordinaten erhält. Denn erst dann kann die Suche im Freien losgehen.
Das ist auch etwas, was Geocaching ausmacht: die Nutzung von moderner Technik wie Internet und GPS, verbunden mit der Zeit an der frischen Luft, egal ob in der Stadt oder in der Natur. Wobei hier darauf geachtet wird, der Natur nicht zu schaden. Ein Cache, der beispielsweise in einer Höhle liegt, in der Fledermäuse ihre Jungen groß ziehen, wird in der Zeit, in der die Fledermäuse die Höhle bewohnen, entfernt und gesperrt, um die Fledermäuse nicht zu stören.
Es geht bei der Suche natürlich primär um den Cache. Der wird so gut wie möglich getarnt, damit Nicht-Cacher ihn gar nicht erst wahrnehmen und Cacher möglichst viel Spaß beim Suchen und Finden haben können. So kann man kleine Caches finden, die sich in ausgehöhlten Schneckenhäusern verstecken oder auch Größere, die als Vogelhaus getarnt sind. Aber sekundär geht es auch darum, die Umwelt wahrzunehmen und diese soll auch immer erhalten bleiben. Dafür finden dann sogar so genannte „Cache In Trash out“- Events statt, wo Waldstücke oder Stadtgebiete von ganzen Cacher-Gruppen nebenbei gesäubert werden, während diese auf der Suche nach der nächsten Dose sind. Sichtlich fasziniert von den Erklärungen der beiden betrachtet der Mann die schlichte, braun lackierte Tupper-Dose, die ihm bei seinen täglichen Spaziergängen noch nie in den Baumwipfeln aufgefallen ist. Beiläufig erwähnt er, dass er auch ein Navigationsgerät in seinem Auto hat, aber er nie erwartet hätte, dass man GPS auch für so was nutzen könne.
Genau das macht dieses Hobby aus. Es sind die unerwarteten Möglichkeiten, die mit dem einfachen Spiel vom Dosensuchen einhergehen. Es ist egal, ob man gerne knobelt und Rätsel löst, im Urlaub Sehenswürdigkeiten entdecken möchte, die normalen Touristen verschlossen bleiben, sich selbst beim Tauchen oder Klettern an seine Grenzen bringen will, gerne Detektiv spielt und einem Hinweis nach dem anderen durch die Stadt nachjagt oder einfach eine ausgeprägte Sammelleidenschaft hat. Bei über 1.600.000 Caches weltweit, 197.000 in Deutschland und davon 91 in Bayreuth ist wirklich für jeden etwas dabei, und sollte man wirklich Gefahr laufen, dass einem die zu findenden Caches ausgehen, kann man immer noch seiner Fantasie freien Lauf lassen und selbst einen Cache verstecken.
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