Gerade hatte man sich von dem letzten Ausflug der Avengers erholt und nun schießt Marvel gleich den nächsten großen Super-Helden Film in die Kinosäle. Bereits im Jahr 2014 musste sich das Publikum, abgesehen von den hartgesottenen Comic-Fans, schon deutlich am Kopf kratzen, um die Guardians of the Galaxy überhaupt einordnen zu können, obwohl der Kontext mit den großen weißen Buchstaben auf dem roten Rechteck familiär wirken sollte. Die Frage, ob der Verlag/das Studio nun in absehbarer Zeit immer öfter auf seine „B-Helden“ zurückgreift, um sein Kino-Universum zu expandieren, darf auch ruhig bei Ant-Man gestellt werden. Zwar ist dieser einem größeren Publikum weitgehend unbekannt, aber in der Comic-Vorlage als eigentlicher Mitbegründer der Avengers eigentlich eine zentrale Figur, die natürlich für zukünftige Filme nicht gemieden werden darf. Oder, aber nur vielleicht – es soll einfach Geld gemacht werden.
Anders ist besser. Wenn man diesem Motto folgt, muss Ant-Man auf jeden Fall gelobt werden. Erfreulicherweise steht hier mal nicht direkt eine große globale Bedrohung im Mittelpunkt, sondern der Film ordnet sich in seinem Grundgedanken eher dem sogenannten „Heist-Genre“ ein, bei dem ein Raubüberfall begangen werden soll, der sich schon fast nahtlos mit den Oceans-Filmen auf eine Stufe stellen lässt. Letzteres ist Stärke und Schwäche zu gleich, denn obwohl die „andere“ Art des hier vorgestellten Helden-Abenteuers eine Erfrischung ist, können die Rückblicke oder die Verbrechensplanungen manchmal als etwas gewöhnungsbedürftig angesehen werden. Aber man muss es dem Ant-Man einfach lassen, dass er z.B. mit seinen Fähigkeiten nicht versucht, den nächsten Supermarkt vor einem Überfall zu bewahren oder ein terroristisches Atom-Komplott zu vereiteln.
Zu einem guten Überfall gehört natürlich das richtige Team und auch in diesem Fall werden hier eben mal „neue“ Helden vorgestellt. Paul Rudd, der übrigens auch am Drehbuch mitschrieb, schafft es erstaunlicherweise einen Großteil des Films, nicht wie der Typ zu wirken, den er im letzten Dutzend romantischer Komödien gespielt hat. Stattdessen nimmt man seine Figur trotz der vielen Witzeleien ernst und sieht ihn hier quasi als den sympathischen Anti-Helden, der seiner Situation nicht immer gewachsen ist. Dass Michael Douglas trotz des fortgeschrittenen Alters eine coole Sau ist, bedarf eigentlich keiner Erwähnung, vielleicht wäre es aber schön gewesen, noch ein wenig mehr von seiner „dunklen Seite“ zu erfahren (schließlich wird die psychologische Wirkung des Schrumpfens mehrfach erwähnt).
Der obligatorischen Bösewicht? Die Figur des ominösen Darren Cross erinnert in seinen Grundzügen doch teilweise sehr stark an den Iron Man Antagonisten Obadiah Stane, was natürlich keinen negativen Aspekt darstellt, aber die plötzliche Wandlung zum ebenbürtigen Kampfgegner in der großen Endschlacht kommt dann doch wesentlich sprunghafter als man denkt. Der Grad zwischen Geschäftsmann/Wissenschaftler und Wahnsinnigem wird in jedem Fall in dieser Figur fast besser verkörpert als im ersten Abenteuer von Iron Man.
Eine negative Erwähnung, die dem Film sogar enorm schadet, muss allerdings gemacht werden: Michael Pena. Natürlich lässt sich nichts gegen einen lustigen Sidekick sagen, aber sein Charakter Luis bewegt sich mit fast jedem Satz und jeder Szene auf dem Niveau einer schlechten US-Sitcom. Man möchte gar nicht „Jar Jar Binks des Marvel Universums“ sagen, fühlt sich aber doch sehr verlockt, diesen Titel zu verleihen…
Der Humor-Anteil in Ant-Man ist in jedem Fall wesentlich größer als in den bisherigen Marvel-Filmen. Glücklicherweise setzt der Film aber wesentlich mehr auf visuellen Humor, anstatt ein Sprücheklopfer-Feuerwerk à la Avengers zu wiederholen. Die Mischung aus Action und Witzen hat hier zwar durchaus eine gute Balance, aber hin und wieder finden sich Stellen, die vielleicht ein bisschen mehr Ernsthaftigkeit verdient hätten. Abgesehen davon ist der Look des Films natürlich hervorragend, speziell die „kleinen“ (haha Wortspiel -.-) Action-Szenen sind zum Teil großartig inszeniert. Ant-Man als CGI-Orgie zu bezeichnen wäre zwar zu viel gesagt, aber die Effekte als sporadisch eingesetzt zu bezeichnen wäre eine Untertreibung. Der größte Kritikpunkt sind an dieser Stelle vielleicht wirklich die Ameisen (die sind überall!), sehen sie aufgrund ihrer Künstlichkeit doch an einigen Stellen viel zu sehr wie ein schlechter Monster-Effekt aus, der sich seiner Umgebung nicht immer perfekt anpasst. Selbiges gilt leider auch für das Effekt-Feuerwerk am Schluss.
Was ist nun also das Fazit über Ant-Man? Hier auf billige Witze wie „mit kleiner Macht kommt kleine Verantwortung“ zurückzugreifen, soll natürlich vermieden werden. Aber welchen Anspruch sollte dieser Film nach der unendlichen Welle von Super-Helden Filme überhaupt mit sich bringen? Letztendlich ging es in erster Linie darum, dem Publikum einen (fast) unbekannten Helden vorzustellen, der sich in das MCU einbetten soll. Das ist auch gelungen. Mit einer ungewohnten Leichtigkeit sorgt der Ameisen-Mensch mit seinem ersten Auftritt für Spaß und Unterhaltung. Die Zukunft (hust „Civil War“ hust) wird zeigen wie sich dieser neue Held in die Reihen der Avengers einfügt. Bis dahin bleibt Ant-Man ein größtenteils überzeugender Film. Steigerungen sind aber natürlich immer gern willkommen.
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