Seit Juli 2013 haben die Fans der 2005 neu aufgesetzten Serie Doctor Who sehnsüchtig auf eine Fortsetzung der Geschichten rund um den Timelord gewartet. Dann war es am 23. November endlich soweit! Das Jubiläums-Special zum 50-jähigen Bestehen der auf BBC laufenden Serie wurde gefeiert. Und das nicht zu knapp. In über 75 Ländern wurde die Geburtstagsfolge direkt im Kino ausgestrahlt. Fans auf der ganzen Welt konnten zum Zeitpunkt der ersten Ausstrahlung das Spektakel genießen, auf das sie sich so lange gefreut haben – das Ganze auch noch in 3D. Und ich war dabei!
Seit 50 Jahren tobt ein Zeitreisender über den Bildschirm unserer Fernseher. Er ist meistens ein wenig verwirrt und komisch, dann wieder ernst und fast schon erbarmungslos. Er stellt sich selbst vor mit „I am the Doctor.“ – Doctor who? – Exactly! Im Zentrum der Serie steht eben dieser Timelord mit seiner TARDIS (Time And Relative Dimension In Space), eine Zeitreisemaschine mit einem kleinen Defekt in der Tarnungsfunktion, der sie stets als dunkelblaue Police Box erscheinen lässt. Zum Doktor selber, der sein Erscheinen und seine Persönlichkeit durch regenerative Kräfte mittlerweile in elf Versionen präsentierte, treten Companions hinzu, die ihn auf seinen Reisen durch Raum und Zeit begleiten.
Dabei werden fiktive Plots mit Geschichte verknüpft. So begegneten die Fans der Serie bereits Marco Polo und Vincent van Gogh, Queen Victoria und natürlich auch William Shakespeare. Seit 50 Jahren zeichnet sich die Serie durch eine gelungene Mischung von Komik und Ernst aus, die es kaum jemanden möglich macht, nicht zum Fan zu werden. Außer man hat sie nie gesehen. Was erstaunlich viele betrifft. Umso erfreulicher und fabelhafter nun der Aufwand für das Prozedere sowie die weltweite Begeisterung der Fangemeinde.
Über fast ein halbes Jahr hinweg wurden die Fans auf die Folter gespannt, mit Ankündigungen und Teasern gelockt. Zuerst waren da die kleinen Anspielungen in der letzten Folge der siebten Staffel. John Hurt wurde uns als der „dunkle Doktor“ vorgestellt, der, der den Timewar beendete und so die restlose Auslöschung der Timelords, seiner eigenen Art, initiierte. Die neuste Begleiterin des Doktors Clara (Jenna Coleman) wurde uns als eine der wichtigsten Personen im gesamten, über 900 Jahre andauernden Leben des Hauptcharakters vorgestellt – das Mädchen, das den Doktor rettet. Zudem erschienen alle Matt Smith vorangegangenen Darsteller in einer Rückblende und erinnerten so an die zurückliegenden 50 Jahre der Serie.
Und kurz nachdem klar wurde, dass wir noch ein halbes Jahr warten mussten, bis wir den Doktor und seine Begleiter wiedersehen durften, folgten bereits die nächsten Anspielungen. David Tennant, Matt Smiths Vorgänger, von den Fans verehrt, sollte in der Geburtstagsfolge mit von der Partie sein. So wie John Hurt und Billie Piper, die uns von den ersten zwei Staffeln seit 2005 noch all zu lieb in Erinnerung ist. Erste Setfotos erschienen und dann wurde Peter Capaldi als neuer, zwölfter Doktor angekündigt, der nach dem Weihnachtsspecial 2013 die Rolle von Smith übernehmen sollte. Und wie zur Hölle sollten wir es aushalten, dann noch bis zum 23. November zu warten?
Wie wir das geschafft haben? Keiner weiß es. Aber als es dann am Samstagabend – endlich! – so weit war, platzte die Nürnberger Cinecitta beinahe aus allen Nähten. Aus der ganzen Region strömten Doctor Who-Fans ins Kino und man fühlte sich angesichts der liebevollen Verkleidungen fast wie auf einer Fan-Convention. Da waren verschiedene Doktoren, in Smith- wie auch Tennant-Manier, Amy Ponds und River Songs, aber auch verschiedenste Gegenspieler wie Angehörige des Silence Ordens. Wichtigste Accessoirs schienen zum einen Smiths über zahlreiche Episoden getragener roter Fez zu sein und zum anderen das wichtigste Gadget des Doktors: Sonic Screwdriver, die in Massen grün und blau leuchtend durch die Gegend „bzzzz“-ten. Die Vorfreude und Spannung war den Anwesenden allen anzusehen – wann kann man schon einmal seine Lieblingsserie im Kino auf einer gigantischen Leinwand sehen?
Die Folge an sich übertraf dann auch noch in mehrfacher Hinsicht die Erwartungen der meisten Fans. Mit viel Liebe zum Detail wurde das weltweit ausgestrahlte Special eingeleitet, Commander Strax instruierte uns in unverblümter Sontaran-Manier, Mobiltelefone und Gespräche während der Vorführung zu unterlassen – andernfalls könnte das weitreichende und nicht sehr angenehme Konsequenzen haben. Smith und Tennant begrüßen uns auch noch einmal fast wie persönlich und zeigten bereits hier wieso wir die Serie so lieben: Humoristisch und voller kleiner Anspielungen auf vergangene Episoden, die alle zu verstehen eine echte Herausforderung ist, wurden wir erst einmal verwirrt („Welcome to the 100th anniversary special in 12D!“) und weiterhin zum Lachen gebracht und damit für die kommende Geburtstagsfolge aufgewärmt.
Diese zu beschreiben, ohne zu große Spoiler zu bringen, ist tatsächlich eine Herausforderung. An für sich kann man sagen: Die Folge zum 50-jährigen Jubiläum hat alles, was man sich von einem Doctor Who-Special nur wünschen kann. Situationskomik, Slapstick und Wortspiele übertrafen sich gegenseitig – gerade in den Szenen, in denen zwei bis drei Versionen des Doktors gleichzeitig über die Leinwand trabten und sich gegenseitig zu übertreffen wie bewundern versuchten. Gleichzeitig kamen der Ernst und das Dramatische, das wir an der Serie so lieben, bei weitem nicht zu kurz.
Momente des Zweifelns und des Schmerzes, die uns dem Doktor schon immer so nahe wirken ließen, wurden in einer beinahe schreienden Stille des Kinos ertragen. Das Auftreten von Billie Piper sowie das erneute Erscheinen aller Doktoren der letzten 50 Jahre, von William Hartnell bis Christopher Eccleston, weckte Nostalgie. Bisherige Lücken in dem Wissen der Fans rund um den Timewar und die Rolle von Jon Hurt wurden geschlossen, wie eine Andeutung auf die bald folgenden Abenteuer mit Peter Capaldi gebracht. Wir haben gelacht, wir haben gefiebert, wir haben geweint.
Insgesamt kann man sagen, dass sich das Warten auf die Geburtstagsfolge mit all den kleinen Teasern und Anspielungen, zwischendrin erschienenen Minifolgen (The Night of the Doctor am 14. November), Setfotos, Interviews oder Blogs der Darsteller, die uns mit doch recht geschickten Marketing-Strategien mehr und mehr gereizt haben, durchaus gelohnt hat. All die Kritiken, die gerade in den letzten Jahren zunehmend laut wurden – Matt Smith als „zu junger“ Darsteller, die verwirrenden Scripte von Steven Moffat, die irgendwann niemand mehr verstand, der Eindruck, dass der Doktor an Tiefe wie an Witz verloren habe – all das kann sich nach dieser Folge hoffentlich ein wenig beruhigen. Die Produzenten haben sich angesichts des Jubiläums noch einmal selbst übertroffen, Nostalgie, Witz und Drama geschickt verknüpft, Lücken geschlossen sowie neue Möglichkeiten aufgetan.
Den einen oder anderen Wermutstropfen kann man klar dennoch verbuchen. Es ist doch zu schade, dass es nicht möglich war, Eccleston zurück ans Set zu holen und auch die Rolle von Clara, die als Companion doch noch recht frisch und neu ist, erscheint eher nebensächlich in dieser Folge. Wenige Auftritte, die eigentlich nicht wirklich etwas zur Entwicklung der Geschichte beitragen und dabei auch noch irgendwie weniger sinnvoll waren, als dass sie mehr wirkten wie „hallo, ich bin auch noch da… nur so… nebenbei…“, lassen sie ein ganzes Stück hinter den drei Versionen des Doktors zurück stehen.
Allerdings – und das mit Recht – trägt das Special den Namen „The Day of the Doctor“, sodass es klar ist, dass dieser mit seiner charakterlichen, persönlichen Entwicklung sowie in seiner Beziehung zu den treuen Fans im Mittelpunkt steht. Und natürlich stellt sich jetzt im Nachhinein die Frage: Wie geht es weiter? Wir wissen, dass Matt Smith für uns nur noch einmal zum Weihnachtsspecial 2013 als Doktor das Universum erkunden wird, bevor Capaldi übernimmt. Und sonst? Sonst wissen wir eigentlich wenig. Nur, dass uns noch mindestens 50 weitere Jahre voller wibbly-wobbly, timey-wimey Zeitreisen mit Unmengen an Spaß, Tränen, Sonic Screwdrivern, Timelords, Daleks, Cybermen, Planeten, Raumschiffe, Companions und Versionen des Doktors bevorstehen – bis zum 100. Geburtstagsspecial in 12D.
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