Es ist schon längst der meistverkaufte Manga aller Zeiten, in Japan ohne Konkurrenz und wird seit 15 Jahren immer besser. Das ist Eiichiro Odas Meisterwerk One Piece. Und wer jetzt denkt: „Boah geht der jetzt full Fanboy, ey?!“, dem sei gesagt: „Jap, definitiv.“ Ich habe in meinem Leben nicht viele Serien gesehen. Das hat zum einen damit zu tun, dass ich kein Serienfanatiker bin, zum anderen aber damit, dass die Serien, mit denen ich anfange, mich nicht fesseln. Ich hatte beispielsweise nach der ersten Folge Game of Thrones kein brennendes Bedürfnis, sofort die zweite zu sehen. Kurzum: Cliffhanger sind nicht das, was für mich eine gute (und sehenswerte) Serie ausmachen. Und: Calm your pants Game of Thrones-Fans. Ich kann und will GoT(t) an dieser Stelle gar nicht bewerten. Es geht ja um One Piece und warum es mir diese Animeserie/Mangareihe so angetan hat. Doch zunächst:
Worum Geht’s?
One Piece dreht sich um den Jungen Monkey D. Ruffy (oder Luffy, wenn man hip sein will). Dieser hat sich in den Kopf gesetzt „König der Piraten“ zu werden. Klingt kindisch und billig, aber wie der Autor Oda selbst bereits mehrmals sagte: Es geht um die Reise und nicht das Ziel. Auf seiner Reise trifft Ruffy diverse Mitstreiter. Unter anderem die Diebin Nami, den Piratenjäger Zorro und den Lügner Lysop. Mit seinen Freunden gründet er die „Strohhut Piraten“, die gemeinsam das größte Meer, die „Grand Line“ durchqueren wollen. Generell geht es auf dieser Reise um Freundschaft, Verlust, die Überwindung von Ängsten, Abenteuer und Fleisch.
Die Charaktere
Ja richtig, Fleisch. Genau da liegt einer der Zauber von One Piece. Jeder Charakter hat seine eigenen überzeichneten Ticks und Gewohnheiten. Es gibt zum Beispiel die Fleischgier von Ruffy oder die totale Orientierungslosigkeit von Zorro. Oda versteht es, diese Ticks genau zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, sodass man teilweise nicht nur lacht, sondern eine regelrechte Abneigung oder Scham dafür hat, was die Charaktere tun. Das Schöne ist, dass diese Ticks nicht nur bei den Strohhutpiraten (der Bande um Monkey D. Ruffy) zu finden sind. Oda schafft es, allen Antagonisten und Nebencharakteren ebenfalls eigene Ticks und witzige oder verabscheuenswerte Charakterzüge zu verpassen. Daraus resultiert eine sehr lebendige, in sich kohärente Welt, die immer glaubwürdig wirkt.
Die Welt
Natürlich liegt hier auch ein Problem. Wenn man nämlich nicht mit der Welt an sich zurecht kommt, wird man vermutlich auch die Serie nicht mögen. Dazu sei jedoch gesagt, dass diese Welt definitiv nicht kindisch ist, wie es am Anfang noch scheint. Je weiter man in der Story vordringt, desto ernster werden die Themen, die behandelt werden. Sklaverei, Machtgier, Korruption und Verfolgung sind einige dieser Themen. Durch das stetige Einwirken der Strohhüte wird der Manga dabei sogar stellenweise satirisch.
Die Welt selbst lässt sich wohl am besten als „abgedreht und vielfältig“ beschreiben. Von den trostlosen Wüsten Alabastas, über die venezianischen Wasserkanäle von Water 7 bis hin zu den Yarukiman-Mangroven des Sabody-Archipels. Die Settings, die Oda für die Strohhüte wählt, sind immer wieder erfrischend und verzaubernd. Dazu kommen noch Odas Kreaturen, die dem Ganzen einen noch fabelhafteren Flair verleihen.
Die Story
Doch was mir an One Piece am meisten gefällt ist die Story. Denn die wird, im Gegensatz zu vielen, vielen anderen Serien, seit 15 Jahren konsequent besser. Im Laufe der Story merkt man, wie Oda seinen Erzählstil perfektioniert. Die Story-Arcs sind (trotz eines ähnlichen Aufbaus) immer besser strukturiert und zunehmend spannender. Darüber hinaus gibt es allerdings noch eine weitere Story, für die die Handlungen der Strohhüte beinahe irrelevant erscheinen. Ruffy und seine Crew werden dabei in die Wende einer Ära geworfen, die für sie eine Nummer zu groß zu sein scheint. Nachdem die Strohhut Piraten ihr Heimatmeer, den „East Blue“, verlassen, gibt Oda dem Leser zwischen den einzelnen Story-Arcs immer wieder kleine Häppchen dieser überspannenden Story. Dadurch merkt man als Leser nach jedem Arc aufs Neue, wie riesig die Welt von One Piece ist und wie viel die Strohhüte noch zu erleben haben. Im Laufe der Zeit verstärkt sich der Einfluss, den die Strohhüte auf die großen Ereignisse haben, auch noch. Aber zu viel spoilern will ich an dieser Stelle nicht.
Foreshadowing auf höchstem Niveau
Oda zeigt immer wieder, dass er ein Meister der Planung ist. Zum Teil werden gewisse Orte oder Personen erst 400 Kapitel, nachdem sie das erste Mal erwähnt wurden, relevant. Dabei ist es jedoch nicht so, dass man von dem Ort hört und 400 Kapitel lang enttäuscht wird. Oda lässt den Namen beiläufig fallen, sodass man sich 400 Kapitel später denkt: „Ach SO war das! Deswegen hat diese Person das gesagt!“ Mit seinem meisterhaften Foreshadowing macht Oda seine Welt noch glaubhafter und ermutigt den Leser auf kleine Details zu achten.
Fazit
Insgesamt bietet One Piece eine fabelhafte Welt, mit liebenswerten wie verabscheuungswürdigen Charakteren und einer genialen Story. Allerdings muss ich an dieser Stelle trotzdem noch einige Dinge erwähnen. Erstens: One Piece ist lang. Wer nicht die Zeit hat, vollkommen in die Welt einzutauchen, dem wird ein großes Stück der tollen Serie entgehen. Zweitens: One Piece ist trotz allem ein Shonen Manga. Denn obwohl One Piece viele Probleme anderer Shonen Manga (wie z.B. Dragon Ball) nicht hat, ist die Serie im Großen und Ganzen trotzdem ein Shonen Manga (auf heranwachsende Jungen ausgelegt). Wer allerdings nur Dragonball gesehen (bzw. gelesen) hat, der sollte sich One Piece zumindest bis Kapitel 100 genehmigen und dann nochmal über das Genre urteilen. Drittens: Lest den Manga! Ich weiß, ich habe diesen Artikel als Serienkiller geschrieben, und die Anime-Serie hat einen sehr schönen Soundtrack, (für eine Anime-Serie) gute Synchronisation und vermittelt One Piece in durchaus akzeptabler Qualität. Aber sie wird v.A. in den späteren Episoden vom Pacing und von der Animation her schlecht. Man sollte also definitiv die Mangas lesen. Die Anime Serie ist zwar nett, aber die Manga Serie ist unübertroffen. So oder so: One Piece ist definitiv ein fantastisches Erlebnis!
Is mir tatsächlich nie aufgefallen o_o. Du meinst schon die Print-Bände oder?
Haste konkrete Beispiele, weil mir fällt grad echt keins ein.
Was allerdings erwähnt werden muss ist, dass die deutsche Manga-Übersetzung von Carlsen so grottig ist, dass sie nicht nur Orts- und Charakternamen inkonsequent (!) übersetzt, sondern auch die Zahlen der Kopfgelder unglaublich verdreht. Vor allem die inkonsequente Übersetzung der Eigennamen führt dazu, dass man Orts- und Charakternamen die geteasert wurden später nicht wirklich wiedererkennt.
Hehe, ja ich will auch GoT definitv noch schaun (allein aus medienwissenschaftlichem Interesse). Es hat mich halt nicht direkt gepackt^^.
„Zum Teil werden gewisse Orte oder Personen erst 400 Kapitel, nachdem sie das erste Mal erwähnt wurden, relevant. […] Oda lässt den Namen beiläufig fallen, sodass man sich 400 Kapitel später denkt: “Ach SO war das! Deswegen hat diese Person das gesagt!” Mit seinem meisterhaften Foreshadowing macht Oda seine Welt noch glaubhafter und ermutigt den Leser auf kleine Details zu achten.“
Als GoT-Fan (keine Sorge – ich bleibe ruhig^^) kommt mir das ehrlich gesagt bekannt vor, vielleicht wäre die Serie ja doch was für dich 😀
btw: schöner Artikel!