Ein Cheerleader-Girlie aus einer Zombie-Killer Familie, die gegen ihre in Untote verwandelten Mitschüler kämpfen muss, weil ein ehemaliges Mobbing Opfer ihrer Schule ein Loch in die Wand zu einer bösen Dimension gesprengt hat, um die Welt in eine Hölle zu verwandeln. Das ist Juliet, der Hauptcharakter im neuen Grasshopper Manufacture Spiel Lollipop Chainsaw. Für Nichtkenner von Goichi Sudas (alias Suda 51) Spielen mag diese Geschichte abstrus und verrückt klingen, für Kenner von Suda ebenfalls. Doch letztere wissen jetzt schon, dass auch dieses Stück Software genau wie seine vorherigen Werke, wie z.B. No More Heroes oder Killer 7, bis auf den letzten Soundschnipsel durchgestylt sein wird.
Das Spiel beginnt mit einem sehr wichtigen Tag für Juliet, denn heute ist ihr achtzehnter Geburtstag. Zur Feier des Tages will sie ihrer Familie ihren neuen Freund Nick vorstellen, der schon in der Schule auf sie wartet. Doch als Juliet auf dem Campus eintrifft, wurden die Gebäude schon von den in Zombies verwandelten Schüler und Lehrkräfte übernommen. Zu allem Übel wurde ihr Liebster ebenfalls mit dem Zombie-Virus infiziert. Um ihn zu „retten“ trennt Juliet dessen Kopf ab, damit der besagte Virus nicht in das Gehirn gelangen kann und trägt, mit Hilfe eines Rituals, Nicks lebenden Kopf ab sofort an ihrer Hüfte mit sich herum. Nachdem dieser Juliets Kampfkünste miterleben durfte, zeigt sich auch bald der Verursacher der Apokalypse: Der ehemalige und gemobbte Schüler Swan rief, aus Hass auf seine Schule, Zombies in die Welt um sie ins Chaos zu stürzen. Juliet, ihre zwei Schwestern, ihr Vater und ihr Sensei ziehen also in den Kampf gegen die untoten Mächte.
Um die Zombies unter die Erde zu bringen, stehen Juliet mehrere Waffen zu Verfügung: Eine Kettensäge, die gleichzeitig als Telefon und eine Art Beschleunigungsantrieb funktioniert, ihre Pompons aus dem Cheerleader-Verein, später noch ein Maschinengewehr und natürlich Nicks Kopf. Dieser wird des öfteren als Morgenstern benutzt und kann auch dazu verwendet werden, Zombiekörper zu kontrollieren. Die von Nick übernommenen Zombies sprengen dann, wenn man die angezeigten Tasten schnell genug drückt, den Weg zum nächsten Spielabschnitt frei. Gekämpft wird in der dritten Person. Durch gezieltes drücken der drei Angriffstasten und der Ausweichtaste, lässt man Juliet stylische Angriffskombinationen an den Zombies verüben. Schafft man es, durch gezielte Pompon-Hiebe mehrere Gegner ins Wanken zu bringen hat man die Möglichkeit, Bonuspunkte zu verdienen, indem man sie gleichzeitig um einen Kopf kürzt. Zu den irgendwann eintönig werdenden Standard Kämpfen kommen noch Minispiele hinzu, wie z.B. Zombie-Baseball, -Basketball oder ein Abschnitt, in dem man Zombies mit dem Mähdrescher zerteilen muss, was den Spielfluss ungemein auflockert.
Neben den Auseinandersetzungen mit den ehemaligen Mitschülern, sind vor allem die Boss-Kämpfe gegen die beschworenen Untoten das große Highlight des Spiels. Diese Abschnitte spielen sich anders, denn zuerst will der Widersacher geschwächt werden, ehe man die Kettensäge zum tödlichen Schnitt ansetzen kann. Die sehr skurrilen Gestalten strotzen nur so vor Zitaten auf die Popkultur, so bekommt man, nachdem man den ersten Boss Zed getötet hat, die Trophäe „Zed’s dead baby, Zed’s dead“, benannt nach dem berühmten Satz von Bruce Willis in Pulp Fiction. Die durch getötete Zombies verdienten Münzen, lassen sich anschließend im Laden „chop2shop“ gegen Attacken, zusätzliches Leben oder neuen Outfits für Juliet eintauschen. Ebenfalls motivierend ist die Möglichkeit, beendete Levels in Sachen Leistung, online vergleichen zu können. Dadurch steigt der Wiederspielwert und die Punkte-Jagd wird angeheizt.
Die Grafik, basierend auf der Unreal 3 Engine, ist zwar nicht auf dem aktuellen Stand der Technik, sprüht aber dank Comic-Look nur so vor knalligen Farben und Texturen. Einzig die etwas zu langen Ladezeiten stören den Spielfluss ein wenig. Wie schon bemerkt, wird Stil bei Lollipop Chainsaw groß geschrieben: Gekämpft wird in einer Traumwelt, einer Videospielumgebung mit passender Tron-Optik oder auf dem Schulhof. Dabei wird Blut im Überfluss benutzt, aber so mit Regenbögen und Sternchen verziert, sodass man die Gewalt auf dem Bildschirm nicht mehr als solche wahrnehmen kann. Auch musikalisch besitzt das Spiel seinen ganz eigenen Charme. Von Skrillex bis hin zum „Lollipop-Song“ mit dem „Plop“, der nach Lollipop Chainsaw wieder für einige Zeit im Kopf bleiben wird, untermalt jedes Lied die jeweilige Szene perfekt. Die Gestaltung des Spiels wäre allein schon eine eigene Bachelor-Arbeit wert, denn bis auf den letzten Bildschirmtext wurde alles mit Liebe zum Detail entworfen und umgesetzt.
Die große Stärke des Spiels ist, dass trotz der Fokussierung auf Style, die Spielbarkeit nicht zu kurz kommt. Es motiviert, die Kombos freizukaufen und danach auszuprobieren. Die Minispiele und Endgegner heben sich vom Rest des Spiels ab und gestalten Lollipop Chainsaw abwechslungsreicher. Hinzu kommt der Humor, der vor allem in den Dialogen und Zwischensequenzen voll auftrumpft und es schafft einen wirklich zum Lachen zu bringen. Der FIFA- oder Call of Duty-Spieler mag überfordert sein, denn das Spiel ist klar auf Leute zugeschnitten, die sich überraschen lassen wollen und denen der Mainstream-Kram zu eintönig geworden ist. Bezogen auf Filme wäre Lollipop Chainsaw vielleicht ein Tarantino-Streifen, Michael Bay Gelegenheits-Kinogänger können damit auch eher wenig anfangen.
Professionell redigierte Fassung auf: www.abendblatt.de
Großer Dank an das Hamburger Abendblatt & Dennis Sand
„San Romero Knights“? Keine Zombiegeschichte ohne George Romero Referenz!