Seien wir mal ehrlich: Wer von uns hat sich nicht schon einmal gewünscht, besondere Kräfte zu haben? Superstark, superintelligent oder superschnell sein und dadurch zum Helden werden, der Bösewichte bekämpft und die Welt rettet? Was aber ist, wenn eben diese Superkräfte ungefähr so zuverlässig sind wie der Internet Explorer?
In einer Welt, in der viele Superkräfte aus intergalaktischen Geschlechtskrankheiten entstehen, sieht sich Protagonistin Empowered, ihres Zeichens neuestes Mitglied der Superheldengruppe der Superhomeys, mit eben diesem Problem konfrontiert. Ihre Fähigkeiten gewährt ihr ein mysteriöser Bodysuit, welcher allerdings bei der kleinsten Beschädigung den Dienst quittiert und dann nicht mehr viel mehr tut, als Empowereds Körper (sehr notdürftig) zu verhüllen (und glaubt mir, wenn ich euch sage, dass der Anzug wirklich sehr fragil ist…). Aufgrund eben dieses Umstandes ist Empowered auch nicht, wie sie es sich immer gewünscht hatte, die strahlende Ikone der Superheldengesellschaft, sondern hat in selbiger eher ein ziemlich stabiles Image als „Damsel in distress“, da sie sich überdurchschnittlich oft gefesselt und geknebelt in der Ecke eines Superschurken-Verstecks wiederfindet.
Auch ihre Heldenkollegen sind, was ihr angeknackstes Ego angeht, keine große Hilfe, da diese sich entweder über sie lustig machen oder sogar wie Heldenkollegin Sistah Spooky einen ganz offenen Kleinkrieg gegen sie führen. Aber Empowered steht all diesen Widrigkeiten nicht alleine gegenüber, sondern bekommt tatkräftige Unterstützung in Form ihres Freundes Thugboy, ein Minion (Superschurkenhandlanger) im vorzeitigen Ruhestand, und ihrer besten Freundin Ninjette, der dem Alkohol nicht abgeneigten Ninjaprinzessin. Als letzte wichtige Figur der Serie wäre dann wohl noch der gefangene Dämonenoverlord zu nennen, welcher aufgrund gegebener Umstände Empowereds Küchentisch bewohnt und (natürlich) Oakland-Raiders-Fan ist…
Während ungefähr die erste Hälfte des ersten Sammelbandes aus relativ zusammenhanglosen Kurzgeschichten besteht, welche einzig und allein dem Ziel zu dienen scheinen, den Hauptcharakter Empowered vorzustellen (und eventuell ein wenig ihre „Opferrolle“ zur Schau zu stellen), entwickelt sich nach diesem Punkt eine durchaus interessante und fesselnde Geschichte rund um unsere Heldin, ihre Freunde, Mitstreiter und verschiedene Gegner wie zum Beispiel Superschurke Willy Pete oder Ninjettes alter Clan (dem Kaburagi Clan aus New Jersey). Diese Superheldenabenteuer stellen jedoch immer nur die Hälfte der erzählten Geschichten dar, die andere befasst sich mit den mehr oder weniger alltäglichen Problemen von Empowered, Thugboy und Ninjette wie Beziehungsstreitigkeiten und die nie enden wollenden Selbstvertrauenskrisen von Emp und den dazugehörigen Aufbauversuchen ihrer beiden Vertrauten.
Wem es noch nicht aufgefallen sein sollte, bei Empowered handelt es sich um einen Fun-Comic, welcher neben seinem Slapstick-Humor auch noch das ein oder andere sehenswerte zu bieten hat. Ein Beispiel dafür wäre der recht interessante Zeichenstil von Adam Warren (Dirty Pair, Livewires, Gen13, Iron Man etc.), welcher nach seiner eigenen Angabe eine Mischung aus Comic- und Manga-Stil darstellt und welcher, wie ich anfügen möchte, aufgrund seiner Einfachheit teilweise schon etwas Skizzenhaftes bekommt, was aber in keinem Fall etwas schlechtes ist, sondern ganz im Gegenteil der Serie nochmal eine ganz eigene Note verleiht. Die sympathischen (oder auch unsympathischen) Figuren und die immer wieder liebevoll versteckten, kleinen Gags, wie beispielsweise ein lustiger Aufdruck auf einem Stück Unterwäsche, tragen zudem auch noch ihren Teil zum Erfolg der Serie bei.
In den Sammelbänden, von welchem im Englischen bis jetzt sieben Stück erschienen sind, finden sich zusätzlich zu den kurzen Geschichten aus den Comicheften zwischen selbigen viele, mehr oder weniger liebevoll gestaltete, jedoch in jedem Fall unterhaltsame Trennseiten. Auf diesen durchbricht Empowered meist die sogenannte Metaebene, was bedeutet dass sie den Leser direkt anspricht, und lässt ihm auf diese Weise kleine Witzchen oder Fun Facts über den Comic oder seinen Autor zukommen oder macht auch einfach mal wieder ihrem Ärger Luft, dass ihr jeder (der Leser inklusive) andauernd nur auf ihren, ihrer Meinung nach zu fetten, Hintern starrt. Neben diesen Sammelbänden (und den vorangegangenen Comics) sind bei Publisher Dark Horse Comics bereits drei Sonderhefte erschienen („Empowered special #1 The Wench with a million sighs“, „Empowered special #2 Ten questions for the Maidman“ und „Empowered special #3 Hell bent or heaven sent“), welche kleine Geschichten außerhalb der Hauptstoryline erzählen, die Szenarien, wie beispielsweise ein fiktives Interview mit einem der Hauptcharaktere, enthalten, die sonst nicht unbedingt in die Hauptgeschichte rund um Empowered passen würden.
Zum Autor und Zeichner:
Adam Warren war einer der ersten Amerikaner, die bereits in der Mitte der Achtziger die Idee hatten, Comics mit starken Mangaeinflüssen zu produzieren. Diese Idee fand aber zunächst keinen großen Anklang, bis er Takachiho Haruka traf. Takachiho war der Schöpfer der Dirty Pair Mangas, welchem Warren seine Dirty Pair bezogenen Comicideen präsentierte. Nachdem Warren zusammen mit seinem Partner Toren Smith von Takachiho die nötigen Rechte bekommen hatten, einen Dirty Pair Comic in Amerika zu produzieren, brachten sie zusammen drei Dirty Pair Comicbücher heraus.
Nach diesen führete Warren diese als Soloprojekt fort. Während der Neunziger brachte er weitere DP Comics heraus, arbeitete an verschiedenen anderen Serien wie zum Beispiel Gen13 oder Iron Man mit und machte einige Freelance-Art-Arbeiten wie Coverartworks oder Pinups. Diese waren vermutlich der Ursprung von Empowered, da dabei auch einige „Damsels in distress“-Auftragsarbeiten waren, auf welche sich Emp auf einer der Zwischenseiten des ersten TPB bezieht. 2007 brachte er dann schließlich sein erstes Empowered-Heft heraus. Seinen sehr individuellen, stark mangalastigen Zeichenstil hat er sich dabei bis heute bewahrt.
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