Auch dieses Jahr ließ die Electronic Entertainment Expo (kurz E3) das Herz aller Gamer für einige Tage höher schlagen. Vom 16. bis zum 18. Juli versuchte sich die Gamingbranche von ihrer besten Seite zu präsentieren. Dennoch bleiben nach dieser Messe ja bekanntlich sowohl Enttäuschung als auch Begeisterung zurück. Deswegen: Hier die Top/Flop Liste unserer Games-Redakteure.

Felix
Flop:

An meiner allgemeinen Enttäuschung von der AAA-Videospielindustrie hat sich nichts geändert. Nach verpatzten Veröffentlichungen, Grafik-Downgrades und – Achtung, Hasswort 2014 – Gamergate fehlt es noch immer an Courage. „You can’t have your cake and eat it too“, würde der Brite sagen. Ja, mit Podiumsrednerinnen und weiblichen Videospielfiguren deuten wir mal an, dass wir auch progressiv können, aber dann ziehen wir die Messe mit „Booth Babes“ doch wieder auf Porno-Niveau runter. Wie es wohl aussähe, wenn sich Standdamen auf der Buchmesse den neuen Stephen King ins Dekolleté klemmten oder die Platzanweiser in Cannes in Strapsen herumliefen? Ja, wir fälschen noch immer Trailergrafik zum Aufhübschen, aber behaupten trotzdem, es sei echtes Footage. Glaubt nach den Ubisoft-Debakeln noch irgendjemand, dass Ghost Recon Wildlands tatsächlich so wie in der Präsentation aussehen wird? Bethesdas Todd Howard gab immerhin halbironisch zu: „As far as stupid gimmicks go, [ours] is the best fucking one I’ve ever seen“. Niemand will Begleitprogramme fürs Smartphone, aber unseres ist wirklich toll! Wenn die E3 eines am deutlichsten demonstriert hat, dann dass sie in ihrer Außenwirkung weder ihr emanzipiertes Publikum verlieren noch ihr hinterwäldliches belehren will, und dass es zwar ein Bewusstsein über dämliche Marketingkonzepte gibt, aber trotzdem irgendwie noch an ihre Effektivität geglaubt wird. Veränderung ist wohl vorerst nicht zu erwarten.

Top

Die E3 ist ein Event der Oberflächlichkeiten, weshalb ich meinen Top-Titel ganz trivial anhand zweier Tweets eines Game Directors festmache: Im Ersteren empfiehlt er das türkische Arthouse-Meisterwerk Kis uykusu, ein dreistündiges Gesprächsdrama berstend vor innerer Spannung, welches aber gleichzeitig so ausufernd erzählt, dass man es der Aufmerksamkeitsspanne eines modernen Videospielbegeisterten kaum zumuten möchte. Und in der zweiten Kurznachricht posiert er mit Actionfilm-Großmeister George Miller, den der Verfasser vergöttert und dessen neuen Film Mad Max: Fury Road er in den Himmel lobt. Der Mann hinter den sympatisch-euphorischen Tweets ist natürlich Hideo Kojima und was soll am neuen Metal Gear Solid V: The Phantom Pain schon schiefgehen, wenn er so einen außerordentlichen Filmgeschmack hat? OK zugebenen, die zwei Spielvideos der E3 haben mich auch überzeugt. Die 40-minütige Demonstration konzentriert sich auf Open world stealth in einer Mischung, die man in dieser Komplexität noch nicht zu Gesicht bekam. Wahlweise infiltriert man tierlieb mit Hund oder technophil mit Roboter Feindbasen und evakuiert Ziele – brachiales oder leises Vorgehen bleibt dem Spieler überlassen. Witzig: Wertvolle Militär-Ausrüstung und ausgeknockte Kampfsoldaten können per Knopfdruck an einen Luftballon (!) gebunden und zur Heimatbasis geschickt werden, wo sie dann tatsächlich stationiert sich auf die Seite von Snake (neu in der Hauptrolle: Kiefer Sutherland) schlagen. Zum frisch geraubten Personal gehörte hierbei ein Dolmetscher und fortan versteht man auch die russischen Feindgespräche via zugeschalteten Untertiteln. Dass Sprache ein großes Thema sein wird, unterstreicht auch der 6-minütige Story-Trailer, der nicht nur Kojimas grandioses Inszenierungstalent zur Schau stellt, sondern wohl auch das weltbeste Werbevideo für Linguistik-Seminare ist. Nicht Waffengewalt, sondern Einheitssprache kontrolliere Nationen!
Besonders freue ich mich aber auch schon auf die ganzen Debatten, wenn Polygon-Autoren und „Krieger der sozialen Gerechtigkeit“ anfangen, sich über das oberflächlich-sexistische Bloßstellen von überproportioniert geformten Frauenfiguren (z.B. Quiet) zu echauffieren, während Metal Gear Diehards wälzerweise Hintergrundgeschichte heraufbeschwören, die das ganze doch irgendwie rechtfertigt, wenn man nur ganz genau zuhört, was die Figur in Cutscene Y bei Timecode 12:48:24 gesagt hatte. Und so drehen sich Empörungskultur und Fanlager im Kreis, schüren indirekt das Marketingfeuer, sodass letztlich alle (klickzahlen-)glücklich sind und das Leben unberührt weitergeht.

Paul
Top:

Mich hat auf der diesjährigen E3 die Hololens von Microsoft am meisten beeindruckt. Selbstverständlich gibt es auf jeder E3 auch interessante Spieletitel, aber selten kann man bei diesen von einer Erweiterung des Mediums sprechen. Das meiste, was heute produziert wird, ist nun einmal Fließbandware. Technische Neuerungen wie die Oculus Rift, oder jetzt eben die Hololens, geben mir Hoffnung, dass auch bei den Großen Entwicklern die Risikobereitschaft wieder steigt und sie die Stagnation des Mediums aufhalten!

Flop:

Zum Flop würde ich dieses Jahr die immer wiederkehrenden Dornen im Auge des PC Spielers kühren. Die Exklusivtitel. Darüber gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Das meinten auch die Zuschauer der Sony Pressekonferenz. Insofern – Flop für die Spiele, aber Top für die Reaktion der Anwesenden! Man muss eben doch nicht immer applaudieren!

Finn
Top:

Auf der diesjährigen E3 wurden viele Titel vorgestellt, die mir gefallen haben, allein schon die Sony PK mit Last Guardian und Shenmue 3. Ein Titel stach jedoch ganz besonders hervor: Unravel vom Entwicklerstudio Coldwood Interactive. Allein wegen dem Umstand, dass die Vorstellung des Titels es geschafft hat, die sonst so ermüdende und von Sequels beherrschte EA Konferenz ertragbar zu machen. Dass es mir sogar ein Lächeln aufs Gesicht zauberte, als der sichtlich nervöse Entwickler „die Rote Stoffpuppe“ aus seinem Jacket holte, ist schon Lob genug. Wenn man sich nun auch den zum Niederknien schönen Grafikstil ansieht, muss man sich doch als fühlendes Wesen sofort in dieses Spiel verlieben!

Flop:

Auch mein diesjähriger Flop ist auf der EA Konfernez zu finden. Als langjähriger E3-Veteran ist man bei EA auf das auschweifende PR-Gelaber sowie den nicht endenwollenden Sportteil vorbereitet . Dieses Jahr wurden jedoch auch die alteingesessen E3-Veteranen überrascht, als EA nach dem schwer ertragbaren Sportteil noch einmal nachsetzte und den Zuschauern vor den Bildschirmen kollektiv das „Mobile-Messer“ ins Rückgrat rammte.
Mir ist es unbegreiflich, wer in der PR-Abteilung auf die Idee kam, auf der Electronic Entertainment Expo ein Minion-Mobile Game vorzustellen?! Wie ein guter Freund von mir mal sagte: „Die Menschen, die Mobile Games spielen, schauen hier nicht zu!“ – und dem kann ich nur zustimmen!

Robin:
Top:

Ubisoft hat auf seiner Pressekonferenz nicht nur mit einem neuen South Park oder Ghost Recon überrascht. Mich hat vor allem die neue IP namens For Honor umgehauen. Samurai, Wikinger und Ritter, die sich in einer prächtig aussehenden Belagerungsschlacht auf die Mütze geben? Ich will! Erstes Gameplay-Material wurde direkt nach der Ankündigung gezeigt. In einem vier-gegen-vier-Match ging es strategisch, gleichzeitig chaotisch, durchaus brutal und äußerst anschaulich daher. Als Spieler übernimmt man die Kontrolle über einen Krieger, den man in der Third-Person-Ansicht in die Schlacht führt. Dabei kann man sowohl gegen die „Minions“, als auch gegen andere Spieler kämpfen. Und ebendiese Schwertkämpfe gegen andere Spieler wirken sehr strategisch: Wie führe ich meinen Schlag aus, wie pariere ich? Selbst die Kampfhaltung seines Soldaten kann man im Kampf anpassen. Die verschiedenen Klassen sorgen zudem für unterschiedliche Kampfstile. Der schnelle Samurai oder doch lieber der gepanzerte Ritter? Mich erinnert das Spiel bisher an eine Mischung aus Chivalry und Dynasty Warriors. Welche Spielmodi letztlich im Spiel enthalten sind, wie die Kampagne aussieht, wenn es denn überhaupt eine gibt, und wie ausbalanciert das Spiel vor allem im Multiplayer wird, steht noch in den Sternen. Genauso übrigens der Release-Termin, der wurde auf der Pressekonferenz ebenfalls nicht genannt.

Flop:

Ich mag The Legend of Zelda. Zusammen mit Mario und Pokémon bildete die Reihe um den eher sprechfaulen Link, den dunklen Hexenmeister Ganondorf sowie die zauberhafte Prinzessin Zelda das Dreigestirn meiner Videospiel-Kindheit. Und auch heute noch freue ich mich über jedes Zelda-Spiel, das das Licht des Spielemarktes erblickt. Zugegeben: Ich habe nicht jeden Teil der Serie gespielt und besitze nicht einmal eine Wii U. Doch trotzdem habe ich mich vor und auch während Nintendos Digital Event auf den neuen Teil für Wii U gefreut. Digital Event? Ja, Nintendo war wieder einmal nicht vor Ort, die Pressekonferenz dadurch nicht vorhanden. Doch das hat mich nicht gestört, im Gegenteil: Im Vergleich zum typischen PR-Gerede der anderen Publisher war es eine Freude, die großen Köpfe von Nintendo als Muppets auftreten zu sehen. Auch deren Verwandlung zur Starfox-Crew war putzig. Ach ja, Starfox. Cooles Spiel, habe nie einen Teil gespielt, sieht aber toll aus. Danach jagte ein 3DS-Titel den nächsten. Und dann Zelda? Jein. Denn während seines Events zeigte Nintendo zwar The Legend of Zelda, allerdings nicht das für die Wii U. Der gezeigte Teil trägt hingegen den Titel Tri Force Heroes und erscheint ebenfalls für den 3DS. Zwar freue ich mich, da Zelda, aber es ist eben nicht DAS Zelda. „Nagut“, mache ich mir Hoffnung,  „vielleicht heben sie sich das Beste für den Schluss auf?“ Ansichtssache. Denn nicht etwa Link sondern Fox McCloud flimmert auf dem Bildschirm, es gibt weiteres Gameplay zu Starfox. Somit ist Nintendos Digital Event für mich zwar kein Flop im eigentlichen Sinne. Etwas enttäuscht über die Wii-U-Zelda-Abstinenz bin ich allerdings schon.