Ich liebe Civ! Ich liebe es einfach!
Bei Teil 3 bin ich eingestiegen und seither habe ich wahrscheinlich mehr Zeit mit Civ verbracht, als mit irgendeinem anderen Spiel. Dabei ist der Ablauf doch immer irgendwie derselbe. Man startet in der Steinzeit als kleiner Stamm und forscht und kämpft sich dann bis in die Moderne und zu einer großen Supermacht durch. Ein paar Schlachten mit Barbaren hier, einen kleinen Krieg mit einer anderen Zivilisation dort und schwupp sind über 20 Stunden deines Lebens weg und man steckt immer noch im Mittelalter. Diese zeitfressende, aber süchtig machende Formel hat sich bewährt und sich bis auf ein paar Kleinigkeiten nicht verändert. Doch jetzt steht Civilisation: Beyond Earth vor der Tür und Entwickler Firaxis will das Spiel in neue Sphären befördern. Ich hatte die Möglichkeit das Spiel vorab gründlich zu testen, mittlerweile schon wieder über 50 Stunden, und kann sagen es ist ihnen gelungen… zumindest teilweise.
Alte Klasse im neuen Gewand
Das Grundprinzip ist gleich geblieben. Ihr startet mit einer Stadt und müsst eure Zivilisation durch Forschung und militärische Stärke zum Ruhm und Sieg führen. Doch eigentlich steuert ihr gar keine Zivilisation und gestartet wird auch nicht in der Steinzeit. Ihr seid vielmehr ein Kolonistentrupp der von mächtigen Unternehmen ausgesandt wurde, um neue Planeten zu bevölkern, nachdem Ressourcen und Lebensraum auf der Erde knapp geworden sind. Das neue Civ schließt also da an, wo der Weltraumsieg der alten Teile aufgehört hat. Dabei setzt das Spiel auf Entscheidungsfreiheit und Optionen. Denn da ihr keine historischen Länder und Herrscher mehr spielt, sind die Vorteile, die vom Mutterunternehmen gegeben werden, relativ frei wählbar. Dies führt zu einer enorm hohen Kombinationsmöglichkeit, die dazu anregt, immer weiter zu testen, welche Vorteile für euren Spielstil am besten geeignet sind. Leider verlieren dadurch die einzelnen Zivilisationen auch ihren Charakter. Die abgebildeten Anführer sind generisch und auswechselbar. Keine Nation hat eine bestimmte Spielweise und Sondereinheiten wurden ganz aus dem Spiel gestrichen. So werden Auseinandersetzungen, die vorher zwischen euch und dem aggressiven Mongolenführer Dschingis Khan ausgetragen wurden, zu Konflikten zwischen dem Spieler und den generischen Weltraumsiedlern 5.
Das Spiel schafft es nicht mehr so gut, den Spieler dazu anzuregen, sich seine eigene Geschichte im Kopf zusammen zu spinnen, dafür wird euch vielmehr eine Erzählung vorgegeben. Dies geschieht durch das neue Questsystem. In kleinen Texttafeln werdet ihr dann dazu aufgefordert, eine bestimmte Technologie zu erforschen oder eine Handelsroute zu errichten. Diese Quests sind zwar völlig optional, geben euch bei erfolgreichem Abschluss jedoch Vorteile für Gebäude, Ressourcen oder Affinitätspunkte, mit denen ihr eure Zivilisation weiterentwickeln könnt.
Auslöschen oder Domestizieren?
Denn der Hauptunterschied zwischen den verschiedenen Siedlergruppen manifestiert sich jetzt darin, wie sie mit ihrer neuen Heimat umgehen: Terraformen sie diese zu einer neuen Erde und erhalten dabei ihre Menschlichkeit? Oder streifen sie die Fesseln des Menschseins ab und manipulieren sie ihre Gene so, dass sie an ihr neues Habitat perfekt angepasst sind. Werden wilde außerirdische Lebensformen, die die Barbaren im Spiel ersetzten, vernichtet oder wird versucht mit ihnen im Einklang zu leben? Vielleicht führt aber auch ein Mittelweg zum Sieg? Je nachdem, wie ihr euch hier entscheidet und handelt, bekommt ihr Affinitätspunkte, die für eine der drei Umgangsweisen mit der neuen Welt stehen. Diese führen dann dazu, dass sich eure Zivilisation weiter entwickelt und eure Einheiten neue Fähigkeiten bekommen. So durchstreift ihr zum Beispiel anfangs mit popligen Marines die Wälder des fremden Planeten, während ihr im späteren Spiel dann mit Plasmawaffen ausgestattet und auf Aliens reitend durch das Land zieht. Besonders beeindruckend sind hier die Supereinheiten der jeweiligen Affinitäten. Vom riesigen Alienkoloss über den Kampfroboter bis hin zur fliegenden Militätfestung ist alles dabei.
Gefährliche Welten
Und diese militärische Stärke ist bitter nötig, denn eure neue Heimat zeigt euch ziemlich deutlich, dass ihr hier die Eindringlinge seid. Ob giftige Pilzsporen, die eine Bewirtschaftung mancher Felder unmöglich macht oder riesigen Würmern, die ganze Städte zerstören können, Beyond Earth schafft es vor allem in den ersten Spielen sehr gut das Gefühl eines fremden und gefährlichen Planeten zu erzeugen.
Auch die neuen Ressourcen, wie zum Beispiel schwebende Steine, tragen dazu bei, dass sich auch Veteranen der alten Spiele erst einmal in dieser neuen Welt zurecht finden müssen, genau wie die Siedler selbst. Leider verliert dieser Effekt sehr schnell an Wirkung. Denn auch bei späteren Spielen landet ihr immer wieder auf einem ähnlichen Planeten, bei dem sich lediglich die Form der Landmasse verändert hat. Ein paar mehr Alienmodelle und Farbgebung der Landschaft, die bei Spielstart zufällig ausgewürfelt werden, hätten hier Wunder in Sachen Variation vollbracht.
Verschenktes Potential
Allgemein scheint es, dass es trotz der vielen Optionen viel weniger Variation gibt als in den vorrangegangen Spielen. Denn nicht nur das Aussehen der Landschaft bleibt relativ gleich, auch eure Städte verändern ihren Look nur minimal während ihr voranschreitet. Das Gefühl, ein Volk, das vor 20000 Jahren noch in primitiven Hütten gehaust hat, in riesige Wolkenkratzer zu befördern, kommt einfach nicht auf. Vielmehr fühlt es sich so an, als würde man die ganze Zeit irgendwie auf der Stelle treten. Denn auch unter den neuen Technologien, die jetzt viel freier erforsch- und kombinierbar sind, kann man sich relativ wenig vorstellen, sodass das Hinarbeiten auf eine Technologie, die einen Meilenstein in der menschlichen Entwicklung markiert, einfach mehr oder minder sinnlos erscheint. Man forscht nicht mehr, um der Welt endlich die Schrift zu schenken, sondern man forscht um den +2 Nahrungsbonus auf Farmen zu erreichen.
Trotzdem ist das Spiel eine Wucht und behauptet den Anspruch der Civ-Reihe auf den Rundenstrategiethron. Das Spielprinzip ist gewohnt suchterzeugend und genau wie in älteren Titeln könnt ihr Tage mit nur einer einzigen Partie verbringen und trauert danach der „vergeudeten“ Zeit keine Sekunde hinterher.
Civilisation: Beyond Earth schafft es, die Serie in neue, fremde Welten zu befördern, lässt dabei aber leider einen Teil seines alten Charmes auf der Erde zurück.
Cooler Artikel. Allerdings find ich den Punkt, dass man in Beyond Earth kein Gefühl von Fortschritt hat nicht richtig. Die drei Wege (Harmonie, Vorherrschaft und Reinheit) geben einem mmn. einem ein sehr schönes Gefühl von Progression. Man hat halt keinen direkten Bezug dazu, weil nicht die Vergangenheit rekapituliert wird.
Aber das kann man dem Spiel nun wirklich nicht vorwerfen.