Willkommen in Japan. Im Japan alter Zeiten. Willkommen in einem Japan, in dem Dämonen gegen tapfere Samurai kämpfen, in dem Ehre das einzige ist, wofür ein Mann lebt, und in dem die Menschen scheinbar so wortkarg sind, dass ich beinahe in meinem Kinosessel einschlafe.

Das war mein Eindruck der ersten 46 Minuten des Films 47 Ronin. Und wer jetzt denkt: „Na das kann ja heiter werden“, der hat gar nicht mal so unrecht. Dass der Film in den Vereinigten Staaten so grandios gefloppt ist, hat durchaus einen Grund. Doch ganz so einseitig, wie es die Kritiker erscheinen lassen, ist 47 Ronin meiner Meinung nach nicht. Ich denke, dass der Film vor allem ein entscheidendes Problem hat, nämlich die Tatsache, dass er als Hollywood-Film nicht funktionieren kann. Und warum? Weil hier versucht wurde, eine typische japanische Legende mit einem Schuss Hollywood zu versetzen und auf die Leinwand zu bringen. Netter Versuch Plankton!

 

Die Sprache

Das größte Problem sind die Dialoge und da diese die erste Hälfte des Films prägen, ist das auch sein Niedergang. Die Wortwechsel beschränken sich nämlich auf Einzeiler und wirken absolut nicht natürlich. Das kann zwar unter anderm an der deutschen Synchronisation liegen, aber ich habe die Befürchtung, dass diese Dialogform von den Autoren absichtlich so gewählt wurde, um die traditionellen japanischen Sprachsitten zu replizieren. Aber ‚Onegaishimasu‘ klingt leider ganz anders als ‚Bitte‘ und überhaupt sind wir im Westen diese Art zu sprechen nicht gewohnt. Die Dialoge wirken also sehr gestelzt und abgehackt. Was dann bleibt sind Sekunden der peinlichen Stille, wie sie oft in Komödien vorkommen. Durch eine etwas andere Inszenierung hätte man die erste Hälfte von 47 Ronin übrigens gut als Komödie verkaufen können. Dieses Problem wird in der zweiten Hälfte des Films zwar irrelevant, aber das rettet ihn im Ganzen nur bedingt.

Die Filmästhetik

Was schade ist, ist die Tatsache, dass die Qualität der Schnitte und Einstellungen scheinbar mit der der Dialoge einhergeht. Mir kam es so vor, als hätten die Post-Produzenten zu wenig Zeit gehabt, den Film ordentlich fertig zu schneiden, und sich gedacht: „Naja, die erste Hälfte ist jetzt nicht so wichtig, die können wir am Ende noch irgendwie zusammenstöpseln.“ Die Einstellungen haben oft zu viel Himmel bzw. Boden und dauern zu lange. Das macht die ohnehin schon peinlichen Dialoge noch peinlicher. Die Actionszenen laufen dann wiederum zu schnell und ich habe beim ersten Kampf überhaupt nicht durchgeblickt. Zugegeben – vielleicht liegt das auch an mir, aber normalerweise habe ich bei Action-Filmen nicht so große Probleme dem zu folgen, was auf der Leinwand passiert. Interessanterweise bessert sich auch dieses Manko im Laufe des Films.

Das Positive

Die erste Hälfte des Films ist also schlecht. Was ist an der zweiten besser? Kurz gesagt – alles. Ab dem Punkt, an dem die Samurai zu Ronin werden, steigt das Niveau des Films stetig an. Wie erwähnt werden die Schnitte und Einstellungen besser und die Dialoge weniger peinlich. Auch das kann eine bewusste Entscheidung des Regisseurs bzw. der Drehbuchautoren gewesen sein, denn hier lässt die Gruppe um die beiden Protagonisten Kai und Oishi die Förmlichkeit, die ihnen die Japanische Gesellschaft am Anfang noch aufzwingt, fallen. Der Mischmasch aus Japano-Film und Hollywood-Action/Drama entscheidet sich nun für letzteres. Es folgen 63 Minuten solide Action bis der Film gegen Ende wieder typisch japanisch wird. Allerdings diesmal ohne hinzugefügten Hollywood Firlefanz. Tatsächlich fand ich die Inszenierung des Endes sehr gut gelungen. Hier war die kurz angebundene Förmlichkeit angebracht, die Einstellungen super und die Schnitte passend. Untermalt wurde das Ganze von wirklich guter Musik.

Im Ganzen bleibt der Film aber durchschnittlich. Er ist ein mutiger Versuch, eine japanische Legende von der Narration her möglichst unverändert so in Hollywood zu integrieren, dass die breite Masse einen Zugang dazu bekommt. Das Ergebnis ist ein Film, dessen Qualität sehr stark schwankt. Das Problem ist, dass der Film zu langsam anläuft und sich anfangs nicht zwischen Hollywood- und Japano-Film entscheiden kann. Dabei stört es mich nicht, dass beides im selben Film vorkommt, sondern beides zum gleichen Zeitpunkt. Denn nachdem der Film sich entscheidet, ein Actionfilm zu sein, läuft alles wieder in geordnete Bahnen. Und als der Film am Ende noch einmal zur japanischen Legende wird, ist er dieses Mal darauf fokussiert ebendies darzustellen – ohne Hollywood. Das funktioniert wiederum sehr gut. Da fragt man sich dann schon: „Warum nicht gleich so?“ Deswegen ist die Antwort auf die Frage aus dem Titel 08/15 Ronin (?) leider doch: 08/15 Ronin (!).