Das Dispositiv… relaunched… alles ist neu. Und im Zuge der ganzen Neuerungen und dem daraus entstandenen Chaos nutzte ich meine Chance und mogelte mich in die Position des Ressortleiters der Gaming Sparte. Rechtschreibkenntnisse? Fachwissen? Erfahrung in der Branche? Alles nicht vorhanden! Aber egal! Wer braucht so etwas schon, wenn er sich über alles Mögliche aufregen kann, was ihm auf die Eier geht?

Und damit will ich auch gleich beginnen! Es geht um eine Sache, die den Meisten wohl bekannt sein wird. Eine Sache, die der Tod für jedes gute Spiel ist. Eine Sache, die wirklich den innovativsten Indietitel zum 08/15 Massenprodukt macht. Es geht natürlich um den Erfolg! Denn sobald ein Spiel einen gewissen Erfolgsgrad erreicht hat, führt dies unabweichlich zum Tod jeder Innovation.

Day Z

Wenn Erfolg ein Spiel zerstört
Nehmen wir zum Beispiel die Zombie Suvival Mod Day Z für Bohemia Interactives Militärsimulation  ArmA 2. Als die Mod im Juli 2012  erschien, überschlug sich die Presse förmlich mit Lob. Und das zu Recht. Der realistische Ansatz mit dem Thema Zombieapokalypse umzugehen war neu, frisch und zwang die damals noch wenigen Spieler zusammen zu arbeiten. Lief man zu diesem Zeitpunkt einem anderen Spieler in der riesigen Welt von Tschernarussland über dem Weg, so trieb das den Puls richtig hoch, denn man konnte niemals wissen ob der andere Spieler aggressiv oder friedlich sein würde. Kommunizierte man aber über die eingebaute Voice-Chat Funktion, so ließ sich das Schlimmste meist verhindern und manchmal sogar ganz neue Freundschaften und Allianzen knüpfen. Man beriet sich, ging einander zu Hand und erfahrene Spieler halfen den Neuankömmligen mit Nahrung und Waffen aus. Natürlich war Day Z damals von eigentlich spielzerstörenden Bugs übersät und Features wie den Basenbau oder ein eigener Hund waren zu dieser Zeit noch lange nicht in Sicht. Trotzdem erzeugte es ein einzigartiges Spielerlebnis, das sich mit nicht’s vorher Dargewesenen vergleichen lies.

Das alles war einmal…

Denn durch die viele positive Presse begannen immer mehr Menschen Day Z zu spielen. Und mit den Spielermassen kamen die Hacker. Sie machten das Spielen in den Weiten der Osteuropäischen Einöde fast unmöglich. Viele alteingesessene Zombiejäger gaben zu diesem Zeitpunkt auf und wanden Day Z den Rücken zu. Doch es wurden Lösungen gefunden und so kamen die Spieler wieder… auch ich! Doch die Welt von Tschernarussland hatte sich während meiner Abwesenheit verändert. Auf dem ersten Blick war alles noch viel besser. Das Spiel hatte weniger Bugs, es gab mehr Waffen und auch weitere Features sollten das Gameplay eigentlich verbessern. Doch da war etwas anders… sie waren gekommen und Day Z sollte nie wieder dasselbe sein… die „COD-Kiddies“. Vorsichtige Kommunikation über den Ingame-Chat wird sofort mit Gewehrfeuer beantwortet. Egal, ob man gerade erst neu und somit komplett ohne brauchbare Gegenstände gespawned ist, oder nicht. Geholfen wird nur noch sich selbst. Größere Aufgaben wie das Reparieren von Autos oder sogar Helikopter, für die man früher selbst als große Gruppen mehrere Stunden gebraucht hat, wurden durch modifizierte Server mit über 200 schon vollständig reparierten Fahr- und Flugzeugen zur Lappalie. Und Waffen, für die man früher mehrere Meilen zurücklegen und sich auf den Weg selbst mit Essen und Trinken versorgen musste, findet man dank zusätzlicher Gebäude wie Sand am Meer. Auch der Side Chat, in dem zu den Anfangszeiten Hilferufe aus der ganze Welt vermengt mit vereinzelten Beleidigungen zu lesen waren, quillt von den hitzigen Wortgefechten der scheinbar oft legasthenischen Spielern regelrecht über.

Schnell wird klar, dass die einst so realistische Zombieüberlebenssimulation zu einer Spielwiese vorpubertärer Fast-Food-Spieler geworden ist, die in keiner Weise an dem von Dean „Rocket“ Hall, dem kreativen Kopf hiner Day Z,  intendierten Spielprinzip interessiert sind. Der Spaß mit anderen zu überleben und das Gefühl des Misstrauens seinen Gefährten gegnüber fiel blinder Zerstörungswut zum Opfer. Ein Spielen wie noch in den Anfangszeiten war nicht mehr möglich.

Und es waren nicht die Bugs die Day Z zerstört haben, nicht die schlampigen Animationen und auch nicht die miserable, viel zu CPU-lastige Programmierung. Nein! Day Z ist seinem eigenen Erfolg zum Opfer gefallen.

Dies ist ein Phänomen, dem man in der Unterhaltungsbranche leider nur zu oft begegnet. Steigt der Erfolg eines Produkts, so sinkt seine Qualität exponentiell. Dabei muss nicht einmal das Produkt selbst schlechter werden. Wie wir an dem Beispiel von Day Z gesehen haben, kann es auch die unschätzbare Masse an (oft für das Produkt nicht geeigneten) Konsumenten sein, die ein eigentlich wunderschönes Erlebnis zur reinsten Qual machen. Die Macher sind in so einem Fall meist machtlos und können nur tatenlos zusehen wie ihre Vision zerstört wird. Besonders MMOs sind hier natürlich schwer betroffen. Doch auch andere Genre haben mit dem Erfolg zu kämpfen. Denken wir nur einmal an die Call of Duty Reihe. Und daran, wie Jahr für Jahr neue Verkaufsrekorde aufgestellt werden. Und auch daran, dass trotzdem die verbreitete Meinung existiert, dass das erste Modern Warfare der bisher beste Teil der Serie war. Oder aber auch an Spiele wie Dead Space, die ihren Erfolg ihrem speziellen Spielprinzip zu verdanken haben, dann aber in den Sequals durch aufgezwungene Massentauglichkeit nur zu langweiligen Einheitsbrei mutiert sind. Das sind alles Beispiele, bei denen, anders als bei Day Z, die Macher sehr wohl etwas für den Qualitätsverlust ihres Franchises können. Und dieses Phänomen kann man nicht nur bei Spielen beobachten.

How I Met Your Mother

Wenn Erfolg zu Gier führt

Auch Serien sind besonders anfällig für diese Art des Qualitätsverlusts. Hier sind es die Macher selbst, die, vermutlich meist nach Anweisung ihrer Chefs, für den Niedergang ihres Franchises verantwortlich sind. Nehmen wir als Beispiel die Sitcom How I Met Your Mother.

Die ersten Staffeln der amerikanischen Serie um die 5 New Yorker Ted, Robin, Marshall, Lily und Barney wurde für ihr Fortführen langer Storybögen über mehrere Episoden oder sogar Staffeln von der Fachpresse gelobt. Jede Folge hatte eine Bedeutung für die Charaktere und man sah sie an den Aufgaben, vor die sie gestellt wurden, wachsen. Doch aufgrund des Erfolgs der Serie bestellte der Sende CBS logischerweise immer mehr Staffeln mit noch mehr Folgen. Dies führte zu einer unnatürlichen Streckung der eigentlichen Geschichte und das eigentliche Merkmal, nämlich die großen, geschlossenen Storylines über mehrere Folgen, wurde ersetzt durch austauschbare Standalone Episoden mit generischen Witzen. Und noch viel schlimmer, der größte Humorpunkt der Serie, Barney Stionson, dessen Kultstatus mit dem Erfolg der Serie ins Unermessliche wuchs, wurde zum Inbegriff davon, was der Erfolg einem kreativen Produkt anhaben kann. Denn als die Macher erkannten, warum die Zuschauer sich gerade How I Met Your Mother und nicht andere Sitcoms ansahen, und der Grund dafür war zweifelsohne bei den meisten Zuschauern Barney Stinson, wurde diese Cash Cow gemolken was das Zeug hält. Und der Zuschauer wollte es so! Denn sobald versucht wurde Barneys Charakter etwas Tiefe zu geben, schrien die Fans nach „dem alten Barney“, „dem Aufreißer-Barney“. Doch warum ist das so? Warum wurde das ursprüngliche Modell nicht einfach konsequent weiter geführt und warum können die Zuschauer nicht mit Veränderungen klar kommen, zumal auch in den besagten Episoden noch genug von „dem alten Barney“ vorhanden war?

Nun zum einen gehen selbst den talentiertesten Schreiberlingen irgendwann die tiefen und bedeutsamen Geschichten aus und so muss wohl jeder einmal in seiner Karriere auf einen brennenden Mann im Imkeranzug zurück greifen, der schreiend durch Haus rennt. Zum anderen hat sich aber auch die Zielgruppe der Serie verändert. Zwar wurden die Fans der Serie bestimmt nicht weniger, jedoch kamen auch viele Gelegenheitsschauer hinzu. Menschen, die ihr Abendprogramm nicht um eine Serie planen, um auch ja nichts zu verpassen. Dieser Typ Zuschauer sieht die Serie gerne, wenn sie gerade läuft, ihm ist es aber auch egal wenn er mal eine Folge verpasst. Um diesen Zuschauertypen nicht zu überfordern, muss auf komplexe Storybestandteile, die sich über mehrere Folgen erstrecken, verzichtet werden, da er sonst nicht in der Lage wäre, der kompletten Handlung zu folgen. Dies endet in zirkulären Episoden. Und dadurch, dass dieser Zuschauer eben nicht an einer komplexen Handlung interessiert ist, ist es auch nicht möglich, den meist sehr einfachen und flachen Humormittelpunkten einer Serie mehr Tiefe zu verleihen.

Und dabei kann man den Machern der Serie keinerlei Vorwürfe machen. Wer führt schon ein Siegerpferd zum Schlachter? Und immerhin hat es HIMYM ja sogar versucht. Trotzdem ist es schade, dass sich der Erfolg einer Franchise doch so oft negativ auf dessen Qualität auswirkt. Und versteht das bitte nicht falsch. Ich bin derLetzte, der einem guten Medienprodukt den Erfolg nicht gönnen würde, doch es scheint eben so, dass Erfolg, so schön er auch sein mag, immer etwas vom eigentlichen Grundgedanken des Produkts nimmt.