Der Vampirwahn geht in die dritte Runde

Die Tochter erscheint nicht mehr zum Essen und bestellt Tomatensaft auf ihr Zimmer. Die kleine Schwester hört „Supermassive Blackholes“ in der Dauerschleife und möchte ihre Twilight-Bettwäsche auch die nächsten acht Wochen nicht wechseln. Die Nachhilfeschülerin kann das Wort „Vampir“ in 20 Sprachen schreiben und weiß, dass Bellas 18 Jahre wesentlich mehr sind als die ewigen 17 Lenze von Edward: Ring frei für „Eclipse“, den dritten Teil der Twilight-Saga.

Drei Wochen ist es her, dass Fans das Nokia Theater in Hollywood belagerten – im wahrsten Sinne des Wortes. Durch ein Meer von Zelten musste ich glücklicherweise nicht steigen, bevor ich das Bayreuther Kino erreichen konnte. Horden von Frauen zwischen 12 und 49 Jahren scharten sich am Einlass. Meine Angst, den Altersdurchschnitt drastisch anzuheben, war damit vom Tisch. Die – gut gerundet – zwei Prozent männlicher Besucher machten nicht den Eindruck, als wären sie freiwillig hier.

„Eclipse – Biss zum Abendrot“ fängt mit den Worten an, mit denen andere Filme enden: „Heirate mich“. Vampir-Beau Edward Cullen (Robert Pattinson) wird diese Bitte nicht nur einmal an seine menschliche Freundin Bella Swan (Kristen Stewart) richten müssen, bevor sie nachgibt. Soviel sei verraten.

Während das Liebespaar sich im Paradies wähnt, schmiedet Vampirerzfeindin Victoria (Bryce Dallas Howard ) eine etwas andere Himmelfahrt für Bella: in Seattle kreiert sie ein Heer überstarker, neugeborener Blutsauger, die ihr den Garaus machen sollen. Noch ahnt Bella von all dem nichts. Sie versucht, die Freundschaft zwischen sich und Werwolf Jacob (Taylor Lautner) wieder ins Reine zu bringen, die nach Edwards Rückkehr und dem erneuten Zusammenkommen der beiden etwas gelitten hat. Damit nimmt der Geschichtsstrang im Spannungsfeld der drei Charaktere seinen Lauf und der so Twilight-typische Lagerkampf beginnt.

Edward versus Jacob – Vampir versus Werwolf. Konnte ich die jeweiligen Team-Anhängerinnen vor dem Film noch nicht auseinander halten, wurde spätestens während der Vorstellung klar – Jacob ging als klarer Favorit hervor: er konnte die meisten Seufzer und mädchenhaften Kicherer für sich verbuchen, vor allem wenn sich der arme Wolfsjunge mal wieder kein T-Shirt leisten konnte. Mit einigen „oben ohne“, teils überlangen Kussszenen und der knisternden Dreieckskonstellation zwischen Jacob, Bella und Edward kann der Film genau das liefern, was die Fans auf Grundlage des Buches wohl erwarten. Letztendlich wird das Neugeborenenheer wie es scheint mit einem Fingerschnippen vernichtet und der Spuk findet ein schnelles und etwas einfaches Ende.

Mit David Slade hat sich das Eclipse-Team einen Regisseur ins Boot geholt, der mit „30 Days of Night“ bereits Erfahrung im Vampirgenre gesammelt hat. Ganz so blutrünstig ist Eclipse dann doch nicht. Die sterbenden Vampire erinnern mit ihrem Porzellanteint eher an zerbrechende Vasen. Ohnehin rückt Eclipse die (zugegebenermaßen oberflächliche) Schönheit der Figuren sehr oft durch Nahaufnahmen der Gesichter in den Mittelpunkt. Durch abwechslungsreiche Kameraperspektiven werden Kampf- und Verfolgungsszenen rasant und spannend umgesetzt. Die animierten Wölfe wirken wie in den Vorgängerfilmen sehr echt. Einziger Kritikpunkt an der Filmtechnik: die (wenigen) Nachtszenen wurden mit Filter gedreht.

Auf der Schmalzspur der letzten (Heiratsantrags)Szene gleitend verließ ich nach zwei kurzweiligen Stunden das Kino, den Applaus der zufriedenen Zuschauer im Rücken.

Aufgrund seiner Vorgeschichte ist der Film hauptsächlich für Twilight-Leser und Fans der beiden Vorgängerfilme gemacht. Zu empfehlen, wenn man einen „Gutfühl-Film“ braucht, um den Abend ausklingen zu lassen. Ein Film, von dem man genau weiß, was man bekommt. Er verspricht nicht mehr, als er auch halten kann.