A long time ago in a galaxy far, far away…

So beginnt – wie auch alle vorhergegangenen und nachfolgenden Filme der Reihe – Star Wars Episode II: Attack of the Clones. Der unumstritten beste und großartigste Film der gesamten Star Wars-Hexalogie, voll von brillanten Dialogen („I don’t like sand.“), liebenswürdigen Charakteren (das wohl prominenteste Beispiel: Jar Jar Binks) und vor allem einer mitreißender Handlung voller unerwarteter und tückischer Wendungen, die ihresgleichen suchen (Boba Fett folgt der Profession seines Vaters Jango nach?! Kontrovers!).
…natürlich nicht.
Aber mit diesem billigen reißerischen Intro, das direkt aus den trüben Wassern des Internets dem Lehrbuch des Journalismus stammen könnte, kann ich mir auf jeden Fall der Aufmerksamkeit der armen Irren gespannten Leserschaft sicher sein, die jetzt – so wie du, der du durch subtile Beeinflussung und mittels Suggestionskraft auf diesen Artikel gestoßen bist – mit hochgezogenen Augenbrauen wartet, welch glorreiche Thesen voller leidenschaftlichem Hass und schwer verdaulichem Humor in den folgenden Absätzen auf sie wartet.

I have a bad feeling about this…

Kein Grund nervös zu werden. In diesem Artikel wird es nicht um sinnlosen Hate und seitenlanges Charakter-Bashing gehen auch wenn es dazu mehr als genügend Gründe gibt und ich, da ich kein Leben habe, sowieso nichts besseres zu tun habe, als mich über die fragwürdigen Frisuren innerhalb des Jedi-Ordens sowie deren Fähnchen-im-Wind-Mentalität aufzuregen. Stattdessen probieren wir es doch mal mit etwas Neuem: einem Konzept, das in den Schulen zwar gepredigt wird, welches im Internet jedoch ungefähr so oft auftaucht wie Leonardo DiCaprio auf der Gewinnerliste der Oscars: konstruktive Kritik (sorry, Leo).
Das klingt im ersten Moment ein wenig abgefahren, ich weiß, aber ich habe den Glauben an die Menschheit noch nicht ganz aufgegeben warum nicht einfach mal was Neues wagen und statt leerem Bashen nach Gründen dafür suchen, warum Episode II gemeinhin als der schwarze Schandfleck auf der Seele eines jeden echten Star Wars-Fans der schlechteste Film der Reihe gehandelt wird? Denn, obwohl es ungeheuer schwer ist, alle Fans auf einem Film als besten Teil zu vereinen, scheinen sich hier wiederum alle einig zu sein.
Also, dann mal rein ins Vergnügen, auch wenn ich mir lieber ein Bein abbeißen würde und immer daran denken: hart aber herzlich – und alle, die trotzdem nur hier sind, um zu bashen, denen kann ich hoch und heilig versprechen, dass auch sie auf ihre Kosten kommen werden, wenn mein schwarzes Herz Amok läuft und dabei seine gesamte Boshaftigkeit über dem verkümmerten Rest von George Lucas‘ Seele ausgießt.

I’m Brian! No, I’m Brian! Hey, I’m Brian too!

Tja, wer von uns wäre nicht gerne Brian? Aber an der Beantwortung dieser Frage scheitert Episode II leider gleich in den ersten 20 Minuten. Schließlich sind im Vorgänger eine handvoll eher weniger liebenswürdiger Charaktere mit Wiedererkennungswert eingeführt worden, die dem Zuschauer erst einmal mit der subtilen Art eines Maschinengewehrs ins foveale und periphere Sichtfeld gepfeffert werden der Reihe nach vorgeführt werden, und zwar so, dass auch selbst der letzte Depp die absoluten Neulinge der Reihe verstehen, wer und was genau die betreffende Person ist, tut und zuletzt gegessen hat. Ohne groß Zeit auf Charakter-Aufstellung oder Dynamiken zu verschwenden, wird dann auch im Captain Obvious-Style zügig das Problem etabliert: Padmé = Senatorin = wichtig → Attentat = schlecht!
Warum oder wozu genau gerade diese eine Senatorin wichtig ist, ist eigentlich auch vollkommen egal, schließlich hätte Bail Organa genau so gut die Partei der Loyalisten anführen können, und das ganz ohne lächerliche Frisuren und Kostüme Fakt ist, dass sie zum einen das Love Interest für Anakin, den gruseligen Fanboy unaufdringlichen Padawan darstellt, und zum anderen den perfekten Grund für Obi-Wan liefert, sich in absolutem Pisswetter bei strömendem Regen mit einem unnötigen Cameo mystischen Unbekannten zu prügeln. Wegen Gründen Schwankungen in der Macht, dem Tod von Muttersöhnchens Anakins Mutter und anderen zweifelhaften wohl durchdachten Motiven landen dann alle in Disney Land auf Geonosis, es kommt zu einer langweiligen dramatischen Schlacht, Meister Yoda zeigt uns als einziger Charakter wie ein richtiger Jedi die Dinge regelt, und dann heißt es endlich schon Abspann, vielen Dank und bis zum nächsten Mal. So viel also zum Plot.
Dabei ist die Grundidee weder eine schlechte, noch eine besonders komplizierte oder innovative: die Handlung wird in mehrere Stränge aufgeteilt und der Film folgt den einzelnen Figuren bis zum großen Finale, an dem alle Stränge sich verdichten und es zum großen Twist und dem dazugehörigen Showdown kommt. Das Problem von Attack of the Clones stellt sich bei den Charakteren, denn wie auch schon in Episode I fällt es dem Zuschauer unheimlich schwer, auch nur mit irgendeiner der Figuren mitzufühlen. Der Film versagt schlicht dabei, Empathie für die Charaktere und deren Beziehungen welche Beziehungen? zu wecken.
Um das zu verdeutlichen eine kurze Frage: Wer ist der Protagonist in Episode II?
Ist es Obi-Wan? Oder eben doch Anakin Skywalker, dessen Arc eigentlich das Bindeglied zwischen den beiden Trilogien darstellen soll? Anstatt einfach alle bekannten Gesichter abzuklappern, würde ein klarer Fokus auf Obi-Wan einen der beiden Jedi OBI-WAN helfen, die Geschichte mit deutlich mehr Tiefe zu erzählen.

Always two there are: a master and an apprentice

Und was für eine Geschichte wäre Star Wars ohne den Konflikt, auf den letzten Endes alles hinausläuft? Es ist eine dieser Tatsachen, die Star Wars so vorhersehbar besonders macht: wir Zuschauer wissen bereits, was passieren wird da George Lucas in der Schule anscheinend so elementare Dinge wie die Zahlenfolge von 1 bis 10 komplett verpasst hat. Der große Held und Auserwählte Anakin Skywalker wird zu Darth Vader. Das ist unabwendbar. Was wir nicht wissen, ist wie. Wie genau verliert Obi-Wan seinen Schüler an die dunkle Seite?
Geschichten leben von Charakteren, glaubwürdigen Charakteren, für die man Empathie hegt, und das funktioniert am besten über Charakter-Dynamiken. Rekapitulieren wir an dieser Stelle kurz, wie der Film uns das Meister-Schüler-Gespann näher bringen möchte: ein epischer Kampf zur Eröffnung? Eine atemberaubende Action-Sequenz mit Raumschiffen und Blastern Pew Pew Pew? Nein, meine jungen Padawane, wir haben etwas viel besseres: eine Fahrt mit dem Hogwarts-Express Aufzug!

I

Fun-o-fun-o-man-o-man. Diese Szene ist die Einzige, welche die Beziehung von Obi-Wan und Anakin zeigt, und selbst hier sind beide schon antagonistisch aufgestellt: Obi-Wan, der loyale Jedi-Meister, und Anakin, sein eigenschaftsloser rebellischer Schüler. Foreshadowing at its worst oberster Güte. Warum bekommen wir als Zuschauer nicht einfach mehr banter von den beiden zu sehen, um diese Meister-Schüler-Dynamik kennen und lieben zu lernen? Anstatt später endlose Minuten mit einer sinnlosen Speeder-Jagd zu verschwenden, die beiden Charakteren für ihre Entwicklung nichts bringt, außer sie natürlich auf möglichst unwitzige und pseudo-heroische Art und Weise vom einen Plotpunkt zum nächsten zu jagen wäre es deutlich interessanter gewesen, ein Team aus Meister und Padawan zu sehen, das gemeinsam das Mysterium um den geheimnisvollen Attentäter aufklärt.
Ein netter Nebeneffekt: die einzelnen Figuren und ihre Charakterzüge würden auf diese Weise deutlich subtiler vorgestellt, als in den hölzernen geistreichen Dialogen und langsam würde sich eine Geschichte entwickeln, die dem Zuschauer davon erzählt, wie eine innige Vater-Sohn-ähnliche Beziehung langsam auf den Bruch zusteuert, der dann in Episode III in dem epischen Showdown gipfelt, dem alle entgegenfiebern. Stattdessen jedoch reduziert der Film diese Beziehung auf die Diskussion im Aufzug und bricht damit den bekannten Grundsatz show, don’t tell (und das auch nicht zum letzten Mal). Apropos, show, don’t tell

May I introduce myself: Skystalker, Anakin Skystalker

Ebenso wenig vorhanden subtil wie Einführung von Charakteren oder deren Beziehungen untereinander sind Anakins haarsträubende Versuche, seine Angebetete Padmé mit seinen Blicken aufzufressen zu umgarnen. Bevor jetzt alle erst einmal „Hayden Christensen raus!“ schreien, einmal kurz die Luft anhalten: zu seiner Verteidigung muss nämlich gesagt werden, dass die Dialoge der romantischen Szenen in Episode II auch wirklich nicht gut sind. Trotzdem: eine Liebesgeschichte, die auf dem Grundsatz „I love you because you’re not like sand.“ aufbaut, ist vielleicht bezüglich ihrer Tiefe ungemein etwas zweifelhaft. Es könnte aber auch an der Tatsache liegen, dass Padmé letztlich einem absoluten creep emotional und psychisch labilem Muttersöhnchen Teenager verfällt, den sie zuletzt vor zehn Jahren unter zweifelhaften Umständen und mit noch zweifelhafterer Frisur getroffen hat – und zwar nur, weil dieser sie auf ungemein verstörende durchdringliche Art und Weise anstarrt. Zu meiner Zeit hat man junge Frauen vor solchen Typen noch gewarnt. Aber selbst, wenn man von all den Fehlern mal absieht (den Dialogen, der nicht vorhandenen Schauspielkunst, der Twilight-esken Entwicklung der Liebesgeschichte) bleibt immer noch ein ganz großer Punkt: Anakin bleibt nach wie vor nervtötend selbst als der Charakter, welcher später der überlebensgroße Bösewicht werden soll, immer noch blass wie Edward Cullen.
Dazu ein kleiner Ausflug zu den alten Griechen: Die in der Antike von Aristoteles entwickelte Lehre zu Dramen prägt bis heute die Literaturwissenschaft und viele der Elemente, mit denen sie sich beschäftigt. Dazu gehört unter Anderem auch der Begriff Hamartia, mit dem quasi die Achillesverse, der eine große tragische Fehler des sonst perfekten männlichen Helden in der Tragödie, bezeichnet wird. Was das mit Star Wars zu tun hat?
Nun, Star Wars ist im weitesten Sinne nichts anderes als ein Drama, also ein Bühnenstück. Wenn nun in der neueren Trilogie Anakin besagter tragischer Held ist, der zum Fall des Jedi-Ordens und des Demokratischen Kindergartens der Republik beitragen wird, dann braucht auch er seine Hamartia. Die ist – was für ein Twist! – zufällig genau das, wogegen der Jedi-Orden sich ausspricht: die bösen, bösen Kohlenhydrate Arroganz, Angst und zu starke Bindung an andere Menschen. Als Katalysator für diese Hamartia dient nun Padmé – oder nicht?
Genau das ist nämlich der Punkt: weder die Charaktere noch deren Dynamiken werden gut genug etabliert, um das glaubhaft zu verhandeln. Der geplagte Zuschauer empfindet keine Empathie für flache Figuren Jar Jar Binks mit schlechten Dialogen Jar Jar Binks, und so geht auch der Versuch, Padmé als Anakins Hamartia einzuführen, katastrophal daneben fehl.

Fear leads to anger, anger leads to hate, hate leads to suffering

Wo wir schon beim Thema fehlgehen sind: Der Kinobesuch von Attack of the Clones fühlte sich sicher auch für einige Fans eher wie ein Fehlgang an Überleitungs Level Up. Die Enttäuschung gerade bei eingefleischten Star Wars Fans schlug sich in den Kritiken und Umsätzen (im Vergleich z.B. zu Episode 1: The Phantom Menace) des Films nieder. Dabei ist das nicht einmal ausschließlich dem Film selbst vorzuwerfen naja, vielleicht ein bisschen.
Wie andere großes Filmtitel (z.B. Star Trek, Fluch der Karibik, Der Hobbit, etc.) oder Spielefranchises (Final Fantasy, Fallout, Half Life 3 confirmed!!!) stand Episode II genauso wie die kommende Episode VII unter enormem Druck, ausgelöst durch die riesige Erwartungshaltung, die sowohl Fans der Reihe als auch Neulinge haben.

Dass diese Erwartung dabei zwischen den verschiedenen Gruppen, wie den hartgesottenen Männern über 40 Fans der ersten Stunde, und der neuen Generation von Teenagern, deren Geldbeutel schamlos gemolken werden Star Wars-Frischlingen weit auseinander klafft, erscheint irgendwie fast schon logisch. Ebenso logisch ist es dann auch wieder, dass der Film eben nicht alle Zuschauer glücklich machen können wird auch, wenn dieser Film eigentlich niemanden glücklich macht, außer vielleicht den Statist, der bei Minute 47 in die Kamera winkt und eben auch alle viele Zuschauer und Fans mit ihren Hoffnungen buchstäblich im Regen stehen lässt.

Your focus determines your reality

Bevor wir nun aber in einem Regen von Fan-Tränen ertrinken, halten wir doch mal kurz inne und sind ehrlich zu uns selbst: Es war nicht alles schlecht wenn man beide Augen zusammenkneift und vielleicht ein paar bewusstseinserweiternde Substanzen konsumiert hat. Aber im Ernst Attack of the Clones ist zwar eher ein Kind der dunklen Seite der Macht, aber jeder aufmerksame Star Wars-Fan weiß, dass dort, wo Schatten herrscht, auch immer ein Licht leuchtet außer natürlich der Hyperantrieb ist kaputt.
Besagtes Licht findet sich zum Beispiel dann, wenn der Film sich endlich ein wenig weiter von den grünen Wiesen des Auenlandes Naboos entfernt und stattdessen Obi-Wans Besuch bei den Kaminoanern und der Klon-Armee ein wenig in den Vordergrund rückt. Oder wenn Count Dooku Meister Yoda herausfordert und sich der hutzelige Mister Miyagi Jedi plötzlich in einen grünen Kampfgnom verwandelt. Klar, auch hier gehen die Meinungen weit außeinander, aber dieser „Reveal“, der großartige Christopher Lee als der (scheinbar) Strippen ziehendene Count Dooku und eben auch Obi-Wans Detektivbüro kleiner Trip sind die Dinge, die Attack of the Clones zumindest in meinen Augen richtig gemacht hat beziehungsweise richtiger als die restlichen 110 Minuten.
Fassen wir also zusammen: Star Wars Episode II: Attack of the Clones ist bis dato der schlechteste Star Wars-Film der soon-to-be-Heptalogie. Er hat Schwächen – große Schwächen immens riesige Schwächen von multidimensionalen Ausmaßen. Aber eben auch ein paar Lichtblicke, und eventuell genügend willige Fans, um das Ganze eventuell zu verzeihen oder sogar noch einmal neu aufzulegen anyone, please?. Falls sich jemand von Euch jetzt dazu berufen fühlt, kann ich Euch als Inspiration die großartigen Videos von Belated Media an die kalte schwarze Stelle legen, wo vor der neuen Star Wars-Trilogie einst Euer naives Herzchen pulsiert hat ans Herz legen, die auch ein großartiger Zeitvertreib sind, bis es in knapp einem Monat endlich so weit ist und es wieder heißt: Live long and prosper May the Force be with you.“