Schnelle Autos, schöne Frauen, spektakuläre Kämpfe – auch der neuste Teil der beliebten James-Bond-Reihe führt die typischen Merkmale der 23 vorangehenden Filme fort. In Spectre wird Bond diesmal seine Lizenz zum Töten entzogen: Max Denbigh, genannt „C“, (Andrew Scott) will ein großangelegtes Überwachungsprogramm etablieren und dadurch das 00-Programm überflüssig machen. Bond wird deshalb von M (Ralph Fiennes) suspendiert und handelt dann natürlich auf eigene Faust. Sein Ziel ist der Bösewicht mit dem wohl unerschreckendsten Namen im ganzen Bond-Universum: Franz Oberhauser, der (wie sein Darsteller Christoph Waltz) Österreicher ist und außerdem Kopf der Terrororganisation Spectre. Auf der Suche nach Oberhauser (der sich natürlich einen supercoolen Schurkennamen überlegt hat) geht Bond die üblichen Wege: Sex, Schlägereien, Verfolgungsjagden zu Lande, zu Wasser und in der Luft, Hilfe aus der Ferne von seinen Treuergebenen: Q und Moneypenny. Das typische Bond-Schema wird beibehalten.

Alteingesessene Bond-Fans freut dies sicherlich, Spectre greift viel auf die „klassischen“ Filme zurück und bedient alles, was man von einem britischen Agenten-Actionthriller so erwartet – die Actionsequenzen sind vom Allerfeinsten, schon in den ersten 10 Minuten sprengt Bond (wenn auch nicht ganz beabsichtigt) spektakulär ein Haus in die Luft und setzt sich danach in einem sich mehrfach in der Luft überschlagenden Hubschrauber in wildem Faustkampf gegen seinen Kontrahenten durch, bis er endlich die Kontrolle über den Helikopter gewinnen kann. Auch Christoph Waltz als Oberschurke brilliert mit seiner Arroganz und unaufgeregten Selbstdarstellung, ohne jemals zu dick aufzutragen, und hätte daher in meinen Augen durchaus mehr Spielzeit verdient gehabt. Sogar der typisch ironische James-Bond-Humor kommt wieder etwas mehr zur Geltung als in den Vorgängern, obwohl Spectre trotzdem größtenteils düster und ernst erscheint.

Wer sich allerdings erhoffte, dass die Reihe sich in gewissen Punkten weiterentwickelt, der hofft vergebens. Gerade als Frau wünsche ich mir seit langem eine starke weibliche Rolle, die James Bond endlich widerstehen kann. Nachdem Judi Dench als M, die Bond in Goldeneye Paroli bot und ihn als „sexistischen, frauenfeindlichen Dinosaurier“ bezeichnete, in Skyfall leider verstarb, sucht man eine neue starke Frau vergeblich. Madeleine Swann (Léa Seydoux) gibt da anfangs noch Hoffnung, outet sich jedoch dann als typisches Bondgirl, das dem Charme des Geheimagenten völlig verfällt. Selbst Monica Bellucci, deren Rolle vielleicht auch das Zeug zur selbstbewussten, bondfeindlichen Witwe hätte, lässt sich nach ein paar laschen Widerworten verführen und Macho Bond hinterher einfach ziehen – meiner Meinung nach nur ein trauriger Versuch, sich mit über 50 Jahren noch als attraktiv darstellen zu müssen, was leider völlig in die Hose geht.

Die aktuelle und vor allem brisante Problematik der totalen Überwachung und des stetigen Verlustes der Privatssphäre, die Spectre aufgreift und durch Andrew Scott (bekannt durch seine Rolle als Jim Moriarty in der Serie Sherlock) als C personifiziert, ist jedoch sehr gut gewählt und schafft einen tiefgründigen Mehrwert des Films abseits von Actiongeballere und weiblicher Erotik, der sich dem Zuschauer subtil offenbart und nicht (wie in manch amerikanischer Produktion) plump moralisch aufdrängt. Spectre überzeugt sowohl mit überwältigenden Bildern aus der Special- und Visual-Effects-Trickkiste für die Action-Enthusiasten, als auch mit aktuellem Thema und etwas tiefergehender Aussage. Wem ein wenig Handlung mit viel Action dazwischen nichts ausmacht, dem sei Spectre wärmstens empfohlen – für alle Bond-Fans ist er sowieso ein Muss!