Der Trailer zu den neuen Pokémon Editionen (Pokemon Let’s go Pikachu und Pokemon Let’s go Evoli) ist da und die Reaktionen sind, nun ja, durchwachsen. Der Unmut über die Annäherungsversuche der Reihe zum Mobile-Ableger ist groß und teilweise verständlich. Ebenso ist es verständlich, zumindest aus Vermarktungssicht, dass Nintendo die neuen Fans der Taschenmonster nicht nur am Handy zur Kasse bitten will. Die potentiellen Spielenden sind eben auch potentielle Konsumenten eines Vollpreistitels.

Für mich war die Ankündigung aber vor allem eine kleine Erinnerung, dass es da ja auch mal dieses Pokémon Go gab, mit dem ich sogar ein paar schöne Stunden verbracht habe, bis es mir dann doch zu unkomfortabel und technisch zu unausgereift war. Und jetzt, drei Wochen später, sitze ich zu Hause, schreibe diesen Artikel und hoffe, dass ich nebenbei ein Ditto fange um endlich in der Spezial Questreihe weiterzukommen. „Wie bitte? Es gibt Quests in Pokémon Go?“ mögen sich jetzt Manche fragen. Ja die gibt es, und noch eine ganze Menge anderer Features und Verbesserungen die Niantic mittlerweile ins Spiel gebracht hat.

Im ersten Moment fühlt sich GO wirklich so frisch an, dass man meinen könnte, man hätte vor zwei Jahren ein anderes Spiel in der Hand gehabt. Die Arenen können nun auch von Normalsterblichen bekämpft werden, es kann zusammen gegen Raidbosse gekämpft werden, welche sich dann sogar fangen lassen. Hinzu kommt die Möglichkeit Freundschaften zu schließen und Geschenke zu tauschen. Einmal im Monat gibt es Community Days, bei denen ein besonderes Pokémon für ein paar Stunden häufiger erscheint und andere Boni für die Spieler freigeschaltet werden. Am letzten Community Event habe ich mich auf die Suche nach den Trainerinnen und Trainern gemacht, die den Hype überlebt haben um zu ergründen, was die Menschen antreibt sich dutzende Stunden die Füße für ein paar virtuelle Monster wund zu laufen.

Getroffen habe ich eine offene, hilfsbereite Community bei der alle Altersklassen vertreten sind und die teils sehr unterschiedliche Herangehensweisen hat Pokémon GO zu spielen.

Für die Meisten steht das Miteinander ganz oben auf der Liste der Motivationen für GO. Ohnehin hat sich seit dem Erscheinen eine aktive Community gebildet, die sich vielerorts über Messenger für Raidkämpfe organisiert. Teilweise braucht es zehn bis zwanzig Spielende um einen Boss zu besiegen. Das sorgt natürlich auch dafür, dass bestimmte Inhalte alleine nicht zu erreichen sind. Zusammen mit der neuen Freundefunktion und den Community Days zeigt das, in welche Richtung Niantic Go weiterentwickelt. Der Fokus wird auf die Gemeinschaft und das gemeinsame Spielen gelegt.

Nichtsdestotrotz, kann man sich auch gut alleine mit Go beschäftigen. Die großen Raidbosse sind zwar eine sehr coole Sache aber trotzdem ist es möglich, mit allen normalen Pokémon Arenen zu meistern und zu verteidigen. Erfüllt man eine Woche lang täglich eine normale Quest, so gibt es direkt eine kleine Belohnung und am Ende sogar die Möglichkeit, ein besonders seltenes Pokémon zu fangen. So bleibt die Motivation erhalten täglich mal reinzuschauen und sich auf das starke Pokémon zu freuen. Auch ohne, dass ständiges Grinden oder Teilnahme an großen Raidbossen von Nöten ist. So bin ich auch auf einige Menschen gestoßen, die es zwar lieben an der frischen Luft oder mit ihrem Hund unterwegs zu sein, aber für die Pokémon GO einfach eine kleine Ablenkung für zwischendurch ist und kein Spiel bei dem IV-Werte abgeglichen und Raids vereinbart werden.

Dieser Spagat zwischen Zugänglichkeit und Tiefgang ist Niantic im Großen und Ganzen gut gelungen, aber verständlicherweise habe ich viele Fans getroffen, die immer noch einige Kernfeatures aus der Hauptreihe vermissen, allen voran natürlich das Kämpfen. Auch wenn es die verschiedenen Pokémon-Typen und die damit verbundenen Stärken und Schwächen gibt, so ist der Kampf doch nur eine einzige Klickorgie ohne Tiefgang. Klar, Pokémon GO soll auch kein richtiger Ableger mit allen Funktionen sein und die stumpfe Klickerei, die meistens nicht mehr als ein paar Minuten dauert, passt gut zu der angestrebten Linie von Niantic. Trotzdem würde man doch so gerne mal seine Lieblinge gegen die seiner Freunde antreten lassen, gerade weil man sein Handy immer dabei hat. Und natürlich wird auch nach wie vor der hohe Akku- und Datenvolumenverbrauch bemängelt. Gegen den Stromverbrauch lässt sich vermutlich nicht viel machen, aber der Datenverbrauch liegt im Normalfall bei aktivem Spielen bei eigentlich verschmerzbaren 20 Mbyte pro Stunde.

Für mich versüßt Pokémon GO vor allem längere Laufwege oder Wartezeiten aber ich erwische mich auch häufig bei schönem Wetter mal ein paar Umwege zu gehen. Wenn die Motivation groß ist, kämpfe ich mal in einer Arena oder lasse die IV-Werte meiner Pokémon errechnen. Wenn sie nicht so groß ist, dann reicht auch der ein oder andere Fang und mal einen PokéStop drehen. Ich kann es also genau so spielen, wie ich möchte und werde nicht durch unnötige Pay2Play Mechaniken daran gehindert schnell Fortschritte zu machen, fühle mich aber auch nicht wie der größte Versager, wenn ich mal etwas Pause mache. Hier ist zu erwähnen, dass Pokémon GO einen verhältnismäßig fairen Umgang mit der Ingame-Währung pflegt. Euer Pokémon verdient beim verteidigen alle zehn Minuten eine Münze, davon maximal fünfzig am Tag. Wenn es besiegt ist, bekommt ihr die Münzen. Dafür muss man nur eine gut ausgestattete Arena des eigenen Teams mit mindestens einem freien Platz finden. So lassen sich auch schon auf niedrigen Leveln ausreichend Münzen verdienen, um sich die ein oder andere Geschenkekiste zu leisten (einzelne Items zu kaufen lohnt sich fast gar nicht!).

So sei all den Menschen die damals dem Hype erlegen waren, und natürlich auch allen anderen, wärmstens empfohlen wieder mal einen Blick zu riskieren. Es lohnt sich!