Welche Filme betrachtet das deutsche Publikum am liebsten? Nun, zumindest keine deutschen Filme wie es scheint. Laut dem Spiegel gingen die Besucherzahlen bei heimischen Produktionen im ersten Halbjahr 2018 ganze 17% zurück und ließen damit 17% des Umsatzes zuhause liegen. Mit Sauerkrautkoma befindet sich aktuell gerade einmal ein einziger deutscher Film in den Top 10 der aktuellen Kinocharts. Und bei dem mittlerweile fünften Teil der bayerischen Heimatkrimi-Filme handelt es sich um eine etablierte Reihe, die nicht darum bangen muss ein Publikum zu finden.

Natürlich muss man hier anmerken, dass der Umsatz in deutschen Kinos allgemein zurückgegangen ist. Streaming Services wie Netflix oder Amazon Prime sind daran wahrscheinlich maßgeblich daran beteiligt. Doch woran liegt es, dass vor allem der deutsche Film mit so schweren Zuschauer Verlusten zu kämpfen hat?

Ein deutscher Film? Och nee…

Der deutsche Film hat ein Imageproblem. Versteifte Komödien, schnulzige Dramen, lustlose Liebesfilme und Kinderunterhaltung von der Stange. Das sind die ersten Konnotationen, die mir beim schreiben dieses Textes in den Sinn kamen. Ich gehörte lange Zeit zu zu jener Gruppe Mensch, die bei den Wörtern “deutscher Film” erstmal genervt mit den Augen rollt. Dabei bin ich bei weitem nicht alleine, nein, diese Art Mensch ist keine gefährdete Spezies. Man beachte nur die Anzahl der “Och Nee”s beim Erscheinen deutscher Produktions-Logos in einer Sneak-Preview Vorführung. Es ist schwierig das zu verurteilen, wenn sich gefühlte 90% der deutschen Kinofilme innerhalb der letzten Jahren mit folgenden Worten zusammenfassen lassen: Comedy, Dramedy, Romcom, Schweiger/Schweighöfer und M’barek.

Der deutsche Kino Ninja

Schnell möchten man sich hier über mangelnde Qualität und Diversität auslassen, sich den ganzen Frust über die ewig gleichen Schweighöfer/Schweiger Komödien (man betrachte den Trailer zu Klassentreffen 1.0) von der Seele schreiben oder sich auskotzen, wenn ein weiterer deutscher Filmemacher daran scheitert, Berliner Schnauze, bairische Grantigkeit oder Hamburger Schnodder in Hochglanz Hollywood Ästhetik verpacken zu wollen.

Doch mit einer stumpfen Schimpftirade würde man dem deutschen Film in seiner Gesamtheit nicht gerecht werden. Denn Sie existieren, die deutschen Filmperlen, die wacker gegen die Durchschnittsflut Stellung halten. Doch mit unterhaltsamen, innovativen, besonderen deutschen Filmen, verhält es sich leider wie mit Ninjas: Man sieht sie nicht.

Hat man sie doch gesehen, dann ist es bereits zu spät und der Film starb ungesehen an der Kinokasse.

Perlen zwischen den Säuen

Liegt das vielleicht am Genre? Sind das nicht alles nur Kunstfilme und Dramen, wie sie Filmpreise so gerne sehen, mit der man als Otto Normalbürger aber wenig anfangen kann? Mitnichten.

Von Der Hauptmann, einer bitterbösen Kriegs-Groteske, bis hin zu der im Mockumentary-Stil gedrehten Superheldengeschichte Lux-Krieger des Lichts. Vom ekelhaft/witzigen Fikkefuchs bis hin zum Oscar nominierten Toni Erdmann. Vom mitreißenden Victoria zur Romcom Zwei im Falschen Film. Jedes Genre ist vertreten, für jeden ist etwas dabei. Sogar Horrorfilmfans kommen mit der Nachtmahr auf ihre Kosten und erleben Genrekino vom feinsten. Wer übrigens mehr als zwei Filme von dieser Liste kennt, geschweige denn gesehen hat, der mag sich nun bitte auf die Schulter klopfen. Denn was diese Filme nicht haben, und weswegen sie zwischen den neuesten (Mach-)Werken des Schweiger-Schweighöfer-Gespanns untergehen, ist… Aufmerksamkeit. Die Aufmerksamkeit eines großen Publikums.

Denn diese erlangt man vor Allem durch gute Werbung. Betrachten wir doch einmal die Trailer zu Fikkefuchs oder Lux. 

Wer schon hat, der will nicht mehr

Liest man die Kommentare zu beiden Filmen unter den YouTube Trailern, so stößt man auf Meinungen wie “Es sollte Deutschen verboten werden Filme zu produzieren”, “Fremdscham pur” oder “Das wäre ein Film mit viel Potential gewesen(…) und was machen die Regisseure draus, einen deutschen Film…”. Natürlich möchte man gegen diese plumpen Aussagen dagegenhalten, sagen, dass diese Filme alles andere als die typischen deutschen 08/15 Komödien sind. Doch das fällt einem bei diesen Trailern wirklich nicht leicht. Wie oft man wohl auf schnell geschnittene Comedy-Szenen, traurige, mit Wohlfühl-Popmusik unterlegte Clips bringen kann? Nun, die Antwort scheint wohl “immer” zu lauten. Es soll schließlich gezeigt werden, dass der Film Humor, aber auch Herz hat. Anstatt auf die Einzigartigkeit und wunderbare Verschrobenheit dieser Filme einzugehen, wird probiert, das ganze in Richtung schweigerisches Wohlfühlkino zu quetschen. `Damit erreicht man aber Niemanden. Die vermeintlich angepeilte Schweiger/Schweighöfer Zielgruppe, sieht darin nur einen müden Abklatsch und der Rest sieht sich in seiner Meinung bestätigt, dass der deutsche Film verloren scheint.

Im falschen Film

Auf die Spitze treibt es hier ausgerechnet der Trailer zum fantastischen Zwei im falschen Film. Die Synopsis des Films von Laura Lackmann lässt auch auf nichts anderes als klassischer Romantic Comedy Unterhaltung schließen. Wir haben zwei Charaktere, die in einer festgefahrenen Beziehung stecken und ihr Liebesleben ein bisschen aufpeppen wollen. Dabei wird sich neu ver-und entliebt, es wird gelacht, geweint und am Ende ist buchstäblich alles so, wie man es von Anfang hat kommen sehen. Klingt ziemlich abgedroschen und der Trailer vermittelt eben dieses Bild eines x-beliebigen deutschen durchschnitt Comedyfilms. Nur, dass er damit komplett am Film vorbei produziert es verpasst, irgend einen interessanten Aspekt des Filmes zu bewerben.

Denn Zwei im falschen Film ist kein RomCom-Film sondern eher ein Kommentar dazu. Leute, die an eine Liebe wie in Hollywoodfilmen glauben? Wie dämlich! Leute, die eine  Liebe-wie-im-Film haben wollen? Verklärte Träumer! Hier werden Genrestandards veräppelt, die vierte Wand durchbrochen, auf andere Filme angespielt und Bilder präsentiert, die so durchdacht und mit liebevollen Details gespickt sind, dass man den Film mindestens zwei mal sehen muss, um nur ansatzweise alles mitzubekommen. Aber solange an einer Stelle im Film hysterisch geweint wird, kann man das bestimmt lustig in den Trailer packen. Guck mal, wie doof die weint, hahaha.haha…ha.

Money, Money, Money

Letztendlich ist es eine Frage des Geldes. Denn natürlich war die Intention hinter dem Trailer von Zwei im falschen Film, ein Stück von der Schweiger/Schweighöfer (und mittlerweile auch M’barek) Erfolgsformel abzubekommen und zu hoffen, dass doch genug Leute zwischen den Fans dieser Filme und den Zynikern übrig bleiben.

Schließlich sind deren Filme, meistens große finanzielle Erfolge. Laut Angaben der FFa, der Filmförderungsanstalt, gelang es dem deutschen Film in den letzten Jahren nur zweimal mehr als 50% des Publikums einzuheimsen, nämlich im Februar 2013 (Vaterfreuden & Stromberg- der Film) und im September 2015 (Fack Ju Göhte 2). Das Volk hat mit seinem Geldbeutel entscheiden, möchte man meinen. Das ist, was es will. Das ist Entertainment. Doch bevor die Millionen in die Kasse der Produktionsfirmen gingen, flossen mehrere Millionen erst einmal ins Werbebudget. Fack ju Göhte, Honig im Kopf, Der Nanny etc. erreichten dadurch eine Omnipräsenz, von der ein Zwei im falschen Film oder selbst ein für den Oscar nominierter (!) Toni Erdmann nur träumen können. Und das zeigt sich dann eben auch beim Einspiel Ergebnis.

In einer perfekten Welt, würde der Zuschauer auch von den “kleineren” Filmen mitbekommen. Die Fans von Romcoms kämen somit auf ihre Kosten und die ewigen “deutsche Filme sind voll schlecht”-Zyniker würden die großartigen Filme sehen, die sich vor ihrer Nase verstecken. Filme wie Safari: Match me if you can  hätten dann einen geringeren EInfluss auf das Image der deutschen Filme, wenn Produktionen wie 303, Asphaltgorillas oder Werk ohne Autor ähnliche Erfolge feiern könnten. Ziemlich sicher, dass dann die Zuschauerzahlen für deutsche Filme auch wieder steigen würden.