Puppen, Genderdiskussion, Geld und ein Hauch von Psychoanalyse – Jürgen Kuttners Theaterstück „Der Geldkomplex“ beinhaltet genau das. Und noch ein bisschen mehr. Oder weniger?

Das nach dem Briefroman von Franziska Reventlow erzählte Stück „Der Geldkomplex“ dreht sich um akute Geldnot und lässt diese als eine Art Krankheit erscheinen. Die Hauptprotagonistin wird dreigeteilt – gespielt von Katharina Pichler und Carolin Konrad; und von einer Puppe. Sie lässt sich aufgrund ihres Geldkomplexes in ein Sanatorium einweisen um ihrem dem etwas entgegenzusetzen. Dort trifft sie noch zwei andere Patienten (gespielt von Arthur Klemt und Jürgen Kuttner), mit denen sie über Erbschaften und anderes spekuliert – und keinesfalls geheilt wird. Immer wieder tauchen Puppen auf, die als Sprachrohr von Freud, Marx oder Simmel dienen. Sie werden wunderbar realistisch zum Leben erweckt durch Peter Lutz und Suse Wächter.

Alles in Allem hört sich das doch sehr vielversprechend an: Ein Geldproblem, das von der eher humorvollen Seite beleuchtet werden soll, schillernde Kostüme, eine ungewöhnliche Bühne in Form von durcheinander übereinander gestapelten Sofas, Songeinlagen,  Plastikhühner, die von der Decke fallen. Doch trotzdem erscheint alles als ein Mix von konfusen, ungeordneten Einfällen, die unpassend zusammengewürfelt sind. Einiges findet man lustig, über anderes lacht man dann doch wegen der sichtlichen Zusammenhangslosigkeit. Auch fällt es einem schwer, den Grund auszumachen, warum die Hauptprotagonistin durch zwei Schauspielerinnen und eine Puppe dargestellt wird.

Das Bühnenbild lehnt sich laut dem Regisseur an das „Freud´sche Sofa“ an. Im Stück wird nämlich klar, dass der Geldkomplex nicht durch psychoanalytische Ansätze zu heilen ist. Dennoch bleiben noch Fragen offen: Warum besteht dann die ganze Bühne aus Sofas, wieso wird Freud durch eine Puppe dargestellt, die zwar gekonnt inszeniert ist, aber völlig sinnlos in die Handlung eingeflochten wird? Sonst wird doch auch nie der Bezug zu Freud dargestellt. Eher flammt immer wieder ein Ansatz einer Gender-Diskussion auf. Die Hauptperson ist nämlich der Ansicht, dass Frauen nichts können und auch nichts können müssen, sie möchte sich mit Haut und Haar dem Mann unterwerfen. Doch auch dieses Thema wird unzureichend behandelt. Der Regisseur legitimiert viele der Unverständlichkeiten durch den Witz, den er mit seiner Inszenierung herüberbringen möchte. Doch dies ist kaum nachvollziehbar, da viele Sätze einfach zu komplex und überflüssig gehalten sind, um dabei noch folgen zu können.

Unmissverständlich im Zentrum steht allerdings die Frage um das ersehnte Erbe – Telegramme werden erhalten und mit dem Empfänger über die Bühne gejagt, es fliegt Glitzer, die Charaktere sind aufgebracht. Eingebaut sind außerdem Songeinlagen. Dazu zählt ´money money money´ und ein Stück, das sich die Frage stellt, warum der Kaufmann statt Geld keinen Stuhlgang als Bezahlung akzeptiert. Die Lieder sind Playback und meiner Ansicht nach das einzige, was wirklich Witz transportiert: Denn es wird sehr betont, dass es sich um Playbackvorstellungen handelt, indem beispielsweise die Damen die Männerstimme übernehmen und umgekehrt.

Auch wenn die Frage aufkam, warum man gerade in diesem Stück mit Puppen arbeitet, sind die Puppenspielkünste eindeutig hervorzuheben. Peter Lutz und besonders Suse Wächter, die die Puppen eigenhändig gebaut hat, zeigen großes Können. Die Puppen wirken lebensecht und vermitteln dadurch sehr viel Spannung. Leider konnte auch der Regisseur die Frage nicht beantworten, warum er gerade diese Puppen einbaut – er erwähnt lediglich Suse Wächter, die er kennt und die noch Puppen von vorangegangenen Vorstellungen parat hatte. Genauso verhält es sich auch bei der kleinen Feuerspuck-Einlage, die der Regisseur damit begründet, dass sein Schauspieler eben gerade Feuer spucken kann.

Alles in Allem bleibt festzuhalten, dass das Theaterstück „der Geldkomplex“ durchaus unterhaltsam ist, stellenweise aber zu langatmig. Sinnzusammenhänge sind kaum erkennbar, was zwar nicht unbedingt schlimm sein muss, aber durch nichts aufgewogen werden kann. Das Lachen durch innovative Witze steht im wechselnden Kontrast zu einem verhaltenen Lächeln durch das bekannte Fremdschämen. Man kann nur hoffen, dass der Regisseur sich für seine nächsten Stücke ein durchdachteres Konzept überlegt und sich nicht nur von kurzzeitigen Eingebungen leiten lässt, die zwar teilweise sehr gut sind, aber leider nur angedacht und nicht konsequent durchgezogen.