Zelda hat mein Leben verändert, meinen Charakter geformt, mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Und ich glaube, dass jeder, der Zelda gespielt hat, das Gleiche sagen wird. Im Jahr 1998 kam der erste Titel für den N64 raus, nämlich „Ocarina of Time“. Die Reise des grünbemützten Jungen Link begann nun auch in 3D. Im Kokiri Wald, wo der kleine Link aufwächst, konnte man seine ersten Eindrücke von der Welt sammeln. Allein im Kokiri Wald habe ich 5 Stunden am Stück gespielt, obwohl man nach 2 Stunden den Wald schon locker verlassen hätte können. Es ging nicht um das was ich dort tat, sondern eher um das Gefühl, dass ich an diesem Ort hatte. Die Kinder des Waldes hielten zusammen, standen füreinander ein, und waren freundlich. Begleitet wurde all das von einer Musik, die mich heute noch gelegentlich als Ohrwurm in den Wahnsinn treibt.

Die Atmosphäre… einfach alles. Selbst während ich das schreibe bekomme ich noch Gänsehaut. Als ich den Wald verlassen hatte, erreichte ich die Hylianische Steppe. Sozusagen die offene Welt, die alles miteinander verband. Als kleiner Junge, der dieses Spiel das erste Mal spielt, konnte man sich mit Link identifizieren, denn auch für einen selbst war diese Welt neu, und man wusste nicht, wohin man sollte. Eine Eule zeigte Link den Weg. Man musste zum Schloss. Der nächste Checkpoint meiner kindlichen Neugier war jedoch nicht das Schloss selbst, sondern eher der Marktplatz, der sich als Zentrum Hyrules entpuppte. Ich fühlte mich so klein und alles war in Eile. Selbst die Kamera half mir nicht dabei, in diesem Getümmel den Überblick zu behalten. Dennoch wollte ich diesen Ort erst verlassen, wenn ich mit jedem NPC gesprochen, und jeden Winkel des Marktplatzes erkundet habe. Nachdem ich dann das Schloß besucht und seinen königlichen Auftrag von Prinzessin Zelda (ja, die Prinzessin heißt so, nicht der Typ mit der grünen Mütze und dem Schwert!) erhalten hatte, musste Link den Völkern rund um Hyrule in ihren Problemen zur Seite stehen.

Die Goronen, das friedliche Volk der Steinmenschen, und die Zora, das anmutige Volk des Meeres, brauchten Links Hilfe. Nachdem Link den beiden Völkern geholfen hatte, konnte ich in der Kirche Hyrulesnun das Portal der Zeit öffnen. Sieben Jahre wurde man in die Zukunft geschickt, und der kleine Link wurde zu einem Teenager. Das schwere Hylia Schild trug er nun nicht mehr auf dem Rücken, sondern in seiner rechten Hand. Der erste Eindruck war toll, denn ich war ja nun erwachsen. Doch als ich die Kirche verlies, sah ich das wahre Ausmaß des Erwachsenseins. Der Marktplatz war wie leergefegt, vereinzelt waren Zombies und die Häuser lagen in Trümmern. Selbst Schloß Hyrule war nunmehr ein Tempel des Bösen, und der Burggraben war gefüllt mit Lava.

„Bitte lass es im Kokiri Wald noch so sein wie früher“. Das war mein einziger Gedanke, als ich die Ausmaße des Erwachsenwerdens in Hyrule gesehen habe. Doch selbst der Kokiri-Wald war ein Ort, der von Unheil heimgesucht wurde. Die Magie des Ortes, der mir einst Sicherheit gab, war verschwunden. Bösartige Kreaturen, giftige Pflanzen und keine Musik verwandelten den Wald in ein finsteres Abbild seines einst schönen Selbst. Die Goronen waren aus Furcht eines Drachens aus ihrem Dorf geflohen, die Zora eingefroren von Kälte. Nichts war mehr so, wie ich es als Kind erlebt hatte. Über Hyrules Reich lag der Schatten einer mächtigen und bösartigen Kreatur. Ganondorf, der König der Gerudo und Symbol des Bösen, hatte dieses Unheil über Hyrule gebracht. Doch mir genügte diese Erkenntnis nicht. Für mich war die Message hinter „Ocarina of Time“ eine ganz andere: Erwachsen werden ist blöd.

Zombies in der Stadt, die vermutlich auf ihre Smartphones schauen würden, wenn sie welche hätten. Die Magie des Waldes und der Natur ging verloren, denn wann war ich zum letzten Mal im Wald oder in der Wiese und habe versucht einen Grashüpfer zu fangen. Auch das Wasser verlor immer mehr an Reiz, denn als Kind konnte man in jedem Fluss baden, in den man wollte, denn man war ja Kind; heute bekommt man fürs Nacktbaden eher vom Ordnungsamt auf den Deckel. Selbst die Goronen, ein friedliches Volk, ziehen in den Krieg; denn auch der Friede, der in userer Gesellschaft für selbstverständlich genommen wird, ist ein Privileg und kein gegebenes Recht. Doch es muss nicht so sein. Das Triforce liefert ingame die Lösung um das Böse zu besiegen. Doch ich glaube, das Triforce (3 Kräfteelemente) liefert auch im realen Leben Antworten, wie man das Erwachsenwerden meistern kann. Mut, Stärke und Weisheit. Den Mut, gegen seine Ängste und Probleme vorzugehen, die Kraft, Stress und Liebeskummer zu überwinden, und die Weisheit, zu Unterscheiden zwischen Dingen, die wir ändern können, und jene die wir nicht ändern können. Jedoch nicht nur das Triforce, formte meinen Charakter.

Der Kokiri Wald zeigte mir, dass kein Mensch eine Insel ist und man sich in einer Gemeinschaft viel wohler fühlt, denn nirgends fühlt man sich geborgener als bei seiner Familie oder seinen Freunden. Die Goronen zeigten mir, dass man für sich selbst einstehen und bereit sein muss, das Geliebte zu verteidigen. Denn es mag der Zeitpunkt kommen, an dem es uns jemand wegnehmen möchte. Selbst die Zora, ein eitles Volk, zeigten Menschlichkeit, indem sie nicht nur für sich selbst einstehen, sondern für jene, die es nicht selbst können. Sofern ich eines Tages Kinder haben sollte, werde ich sie auf diese Reise schicken.

Denn mit Zelda aufzuwachsen, war für mich ein wundervolles Privileg. Es brachte mir Werte auf einer spielerischen Weise bei, die ich so jeden Tag aufs Neue versuche nach außen zu tragen, und jeden Tag versuche, ein besserer Mensch zu sein. Es zeigte mir, dass es okay ist, gelegentlich seine kindlichen Adern zu zeigen, denn auch das hilft uns manchmal weiter und erinnert uns daran, dass das Leben nicht nur aus Steuererklärungen und Unistress besteht, sondern auch aus Spaß, Freude und der Fähigkeit, Neues zu lernen und sein Leben davon beeinflussen zu lassen. Jeder Teil aus der Legend of Zelda-Reihe ist ein Meisterstück und lässt mich immer wieder die neuen Nintendo-Konsolen kaufen, nur dass ich meinem grünbemütztem Helden erneut zur Seite stehen und Neues von ihm lernen darf. Die Zeit, bis der neue Zelda-Teil erscheint, werde ich mir noch etwas vertreiben müssen, aber es gibt genug Grashüpfer, die ich noch fangen kann, und genug Ordnungshüter, die mich nocht nicht nackt gesehen haben.

So long, my old friend. I’m waiting.