Unvorsichtig ins Netz ist wie ungeschützter Sex: Die Folgen sind in ihren Variationen nicht gleich absehbar und wie lang sie einem anhaften ist auch nicht ganz übersichtlich. Eigentlich sollte man meinen, dass die „Horrorstories“ über soziale Internet- netzwerke schon mindestens fünfmal um den ganzen Globus gewandert sind und somit wirklich jeden Erdenbürger erreicht haben – aber die Realität kennt wohl andere Regeln.

Warum nur finden wir sonst häufig genug immer noch Hinweise solcher Art: „Nutzer sollten so wenig private Daten wie möglich angeben und ihr Profil nur für echte Freunde sichtbar machen. Am besten ist es, unter einem Pseudonym aufzutreten und seine Identität nur echten Freunden mitzuteilen.“ So gelesen in der Stiftung Warentest (SW), Jahrbuch 2011. Die Stiftung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Waren und Dienstleistungen zu testen, hat sich im Jahr 2010 daran gemacht, den Datenschutz der in Deutschland am weitesten verbreiteten sozialen Onlinenetzwerke zu prüfen. Mit einem klaren Ergebnis: alle getesteten Netzwerke haben Mängel beim Datenschutz und der Datensicherheit. Im Prinzip nur eine Bestätigung dessen, was wir alle schon längst wussten. Mit dem Unterschied, dass es jetzt wirtschaftlich unabhängig (wie die Stiftung immer wieder betont) geprüft ist.

Zehn Netzwerke hat die SW unter die Lupe genommen und mit Erlaubnis der Betreiber versucht herauszufinden, mit welchem Schwierigkeitsgrad sich die Benutzerkonten knacken lassen und somit für Dritte uneingeschränkter Zugriff auf die Daten bestünde. Nur sechs der zehn Anbieter haben der SW aber die Erlaubnis zum Hacken gegeben. Xing (Unternehmenssitz Hamburg, Gründung 2003), Facebook (Palo Alto/ Kal., 2004), LinkedIn (Mountain View/ Kal., 2003) und Myspace (New York  2003) fanden die Idee nicht so toll und verweigerten der deutschen Stiftung den den Versuch.

Da drängt sich einem der unweigerlich der Gedanke auf, dass diesen Unternehmen sehr bewusst ist, was sie tun. Und da muss ja nicht auch noch ein Ausbund deutscher Korrektheit kommen und das bestätigen. Die SW hat dieses Weigerungsverhalten gleich mal mit einem dicken Minus auf der Haben Seite verbucht (unter dem Kriterium „Organisation und Transparenz“), was dem Endergebnis „Erhebliche“ Mängel“ (bis auf Xing, das hat nur „deutliche Mängel“) nicht ganz unzuträglich gewesen sein dürfte. Stayfriends zählt – trotz Hackerlaubnis – ebenfalls zu den Abräumern im Schlussfeld, was hauptsächlich an den eingeschränkten Nutzerrechten liegt.

Diese führten auch bei Facebook, MySpace und LinkedIn zum miserablen Endergebnis: da, wo Nutzerrechte eingeschränkt werden, nehmen sich diese Unternehmen auf der anderen Seite doppelt so viel heraus und geben die Daten u.a. an Dritte weiter.

Umgang mit Nutzerdaten, Datensicherheit, Nutzerrechte, Jugendschutz und Mängel in den AGB waren neben der Transparenz die fünf weiteren Kategorien, die die Stiftung bewertet hat. Neben Xing kämpfen auch wer-kennt-wen.de, lokalisten und Jappy (hoffentlich nicht nur mir als eines der größten deutschen Onlinenetzwerke bis dato völlig unbekannt) mit dem Stempel „deutliche Mängel“. Am besten, soweit man das so sagen kann, schnitten schülerVZ und studiVZ ab. Datensicherheit und Jugendschutz waren hier die ausschlaggebenden Negativpunkte. Das Datenschutzmanagement wurde als deutlich besser als das der Konkurrenz bewertet.

Was viele Smartphonenutzer interessieren dürfte und wahrscheinlich vielen nicht bewusst ist: wer sich vom mobilen Endgerät an einem ungeschützten Hotspot in die sozialen Netzwerke einloggt, überträgt Nutzername und Passwort unverschlüsselt. Wer es also darauf anlegt, könnte die Daten mitlesen und sich unter fremden Namen austoben.

Mal ganz abgesehen vom Datenschutz. Etwas, das vielen Social Networkern vermutlich ohnehin schon länger aufgefallen ist, wird in oben zitierten Sätzen wieder deutlich: Der Begriff „Freunde“ ist dehnbar. Sogar die Stiftung Warentest muss unsere Freunde nun schon als „echte Freunde“ bezeichnen, um Klarheit zu schaffen. Ein Freund (ein echter, also real life und so, mit dem ich auch vis à vis spreche) sagte einmal zu mir, Facebook vergewaltige den Begriff „Freunde“. Das führt dazu, dass wir uns Kategorien ausdenken. VIPs, Familie, Kommilitonen, Bekannte, Arbeit, Andere, Hmpf u.s.w. . Idealerweise erleichtert es uns Facebook ungemein, mit Leuten, die wir aus reiner Höflichkeit|purem Opportunismus|waschechter Neugierde etc. geaddet haben, den Kontakt auf ein Minimum, das bei Null liegt, zu reduzieren. Der Facebooker kann nämlich sehr schön unterscheiden, in welcher Freundeskategorie er im Chat online zu sehen sein möchte und in welcher nicht. Sprich, die Kategorien Bekannte, Hmpf und Arbeit werden seltenst den grün leuchtenden Punkt an ihrer Seite stehen haben, der unsere Anwesenheit verrät.

Abschließend zurück zum Test:

Weiterhin steht im Heft der Stiftung Warentest: „Eltern sollten ihre Kinder über Gefahren aufklären und bei der Profileinstellung helfen.“

Muhahahahaha. Dass ich nicht lache. Umgekehrt trifft das wohl durchaus genauso zu. Vielleicht sollten manche Kinder ihren Eltern mal zeigen, wo die Einsicht des Profils eingeschränkt werden kann. Damit ihnen so etwas Dummes nicht noch einmal passiert.