Es ist schon wieder fast drei Jahre her, seit eine neue Staffel der BBC Serie Sherlock erstausgestrahlt wurde, und bald kommt endlich die nächste! Im Januar ist es soweit: Die erste Episode der vierten Staffel wird am Neujahrsabend auf BBC One laufen. Höchste Zeit, das bisher Gesehene noch einmal Revue passieren zu lassen und sich mental auf mögliche Entwicklungen in Staffel vier vorzubereiten. (Vorsicht: Dieser Artikel enthält Spoiler und richtet sich an alle, die die vergangenen neun regulären Episoden bereits kennen!)

Ein kurzer Rückblick

Anfang der dritten Staffel. #SherlockLives. Der Stardetektiv kehrt zurück nach London, nur um festzustellen, dass sein bester Freund und treuer Sidekick John Watson verlobt ist – mit Mary Morstan. Aber der Backgroundcheck zu Mary muss warten: Neben der Hochzeit (die selbst einige unerwartete kriminologische Wendungen nimmt) erfordert ein neuer Fall seine Aufmerksamkeit: Medienmogul Charles Augustus Magnussen erpresst ein hochrangiges Regierungsmitglied. Sherlock ermittelt gegen den ausdrücklichen Willen seines Bruders Mycroft, was deren ohnehin angespannte Beziehung nicht unbedingt verbessert. Auch Mary entpuppt sich als jemand anderes als sie zunächst zu sein scheint. Die Lage ist verzweifelt: Es gibt keinen Ausweg, bis Sherlock zu drastischen Maßnahmen greift. Eines Mordes schuldig wird er von Mycroft ins Exil geschickt, besonders lange währt dieses jedoch nicht. England braucht ihn, denn sein Erzgegner James Moriarty scheint zurück zu sein.

Was können wir also in den kommenden drei Episoden erwarten?

Fragen über Fragen

Wie kann Moriarty zurück sein, nachdem wir in der zweiten Staffel seinen Selbstmord miterlebt haben? Hat er etwa, wie Sherlock selbst, das ganze inszeniert? Und wer ist eigentlich Mary Morstan, von der wir nur die Initialen ihres tatsächlichen Namens (A.G.R.A.) kennen? Vertraut John ihr tatsächlich immer noch bedingungslos, nachdem er bruchstückhaft von ihrer zweifelhaften Vergangenheit erfahren hat? Wie steht es mit Sherlocks eigener Vergangenheit, beispielsweise seinem Drogenkonsum? War dieser wirklich nur ein Mittel zum Zweck, um undercover recherchieren zu können, oder ist er etwa schon seit längerer Zeit abhängig? Und weshalb ist das Verhältnis der beiden Holmes Brüder so angespannt?

Was wir bisher (nicht) wissen

Nachdem wir auf unzählige mal mehr, mal weniger überzeugende Spekulationen und bisweilen völlig abwegige Annahmen gestoßen sind, haben wir natürlich selbst einige Ideen, wie es weitergehen könnte. Aber ob diese sich bestätigen, wissen wir erst in gut drei Wochen. Deshalb sei an dieser Stelle einfach mal die ein oder andere Theorie genannt, die als gedanklicher Anstoß dienen könnte. Schließlich ist die Suche nach Hinweisen der halbe Spaß, wenn es um Sherlock geht.

Nach Aussagen der Autoren Mark Gatiss und Steven Moffat bekommen wir es mit der sowohl besten als auch finstersten Staffel bisher zu tun. So vage das klingt, so geheimnisvoll ist auch der kürzlich veröffentlichte Trailer.

https://www.youtube.com/watch?v=qlcWFoNqZHc

Vor diesem Hintergrund zurück zu unseren Fragen. James Moriarty tritt im Trailer nicht in Erscheinung, obwohl sein Darsteller (Andrew Scott) bei den Dreharbeiten gesehen wurde. Es ist möglich, dass wie bereits am Set der dritten Staffel geschehen, einiges inszeniert wurde, um uns auf eine falsche Fährte zu locken. Das wäre denkbar, zumal der Dreh jedesmal scharenweise Beobachter anzieht. Andererseits scheint es weithergeholt, allein zu diesem Zweck einen Schauspieler hinzuzuziehen. Unsere Vermutung: Es könnte sich in den entsprechenden Szenen um Rückblenden handeln. Wir gehen davon aus, dass Moriarty selbst nicht zurückkehrt – was jedoch nicht heißen muss, dass sein Vermächtnis Sherlock Holmes nicht wieder einholen wird.

Die Theorie der Rückblenden wiederum bringt uns zum nächsten Punkt: Mary Watson, geborene Morstan. Wir wissen um ihre Vergangenheit als Scharfschützin. Für wen sie gearbeitet hat und ob die Verbindung weiterhin besteht, ist immer noch ungeklärt. Im Trailer sehen wir sie mit dunklen Haaren, auf den offiziellen Promo-Photos jedoch mit den gewohnten blonden Locken. Entweder also es ist eine Verkleidung oder wir haben es mit einer Rückblende zu tun. Wenn wir auf die Umgebung achten, in der sie sich bewegt, bekommen wir den Eindruck, es nicht mit einem britischen Schauplatz zu tun zu haben, sondern möglicherweise dem Nahen Osten. Es drängt sich der Verdacht auf, dass Marys Vergangenheit enger mit der von Sherlock und John verwoben sein könnte, als wir dachten. Immerhin hat John in Afghanistan gedient. Natürlich könnte das bloßer Zufall sein. Und natürlich könnte es genauso Zufall sein, dass Moriarty bei der Ausführung seiner Coups gewohnheitsmäßig auf Scharfschützen zurückgegriffen hat…

Und was ist eigentlich der Hintergrund von Culverton Smith, Sherlocks neuem Antagonisten? Dass er mit Moriarty in Verbindung steht, ist lediglich Spekulation, aber in Verbindung mit der Videobotschaft am Ende der letzen Episode ist sein Auftauchen mehr als verdächtig. Leser der Geschichten von Arthur Conan Doyle wissen, dass der Charakter im Original Experte für Gifte ist. Besteht hier etwa ein Bezug zum Carl Powers Fall? Sollte das stimmen, und sollte Mary tatsächlich Scharfschützin in der selben Episode (The Great Game) gewesen sein, ist nicht nur das Finale der zweiten Staffel, sondern auch das der ersten wichtiger für den übergeordneten Handlungsbogen als wir zuvor ahnen konnten.

Apropos Gifte, gerade wer die Spezialepisode (The Abominable Bride) gesehen hat, weiß, dass Sherlock gegen eigene Aussagen ein Drogenproblem zu haben scheint. Wir sehen ihn unrasiert im Trailer, augenscheinlich in keinem guten gesundheitlichen Zustand. Es ist anzunehmen, dass Mycroft darauf nicht allzu positiv reagieren wird, beziehungsweise vielleicht sogar zu Maßnahmen greifen wird. Wie diese aussehen könnten, wird sich zeigen. Jedenfalls fragt man sich, ob die mysteriöse Krankenhausszene im Trailer an dieser Stelle ins Bild passt, oder ob jemand anderes im Krankenbett liegt. Mary, die in den Originalgeschichten bekanntlich stirbt, ist eine weitere Möglichkeit, zumal es John ist, der am Bett steht.

Es besteht außerdem Grund zur Annahme, dass Mycroft selbst nicht so unantastbar sein könnte, wie sein enormes Aufgebot an Sicherheitspersonal uns glauben lässt. Die Theorie dazu würde den Umfang dieses Artikels sprengen, aber wir können sie kaum unerwähnt lassen – es sei an dieser Stelle noch einmal auf die Spezialepisode verwiesen.

Zuletzt noch ein paar Vermutungen dazu, welche Charaktere wir wiedersehen werden. Es ist sicher, dass Wiggins eine Rolle spielen wird. Zur Erinnerung: Er kennt sich mit Giften und Drogen aus, wie wir in Staffel drei gelernt haben, zudem ist er im Trailer zu sehen. Für ein Wiedersehen mit anderen liebgewonnenen Charakteren wie Janine Hawkins oder Irene Adler gibt es keine Anhaltspunkte, hoffen darf man trotzdem. Greg Lestrade kann man wohl getrost zusammen mit Molly Hooper und Mrs Hudson inzwischen zur Stammbesetzung zählen. Gespannt sind wir auf den großen Unbekannten: Mycroft spielt im letzten Staffelfinale auf einen dritten Holmes-Buder an. Ob wir ihn allerdings zu sehen bekommen oder lediglich etwas mehr über die Kindheit und Jugend Sherlocks und Mycrofts erfahren, bleibt ungewiss. Auf jeden Fall könnte es Licht ins Dunkel der Frage bringen, worin ihre ununterbrochene Fede ihren Ursprung nimmt…

Fazit

All das liest sich wie ein Gewirr aus unendlich vielen losen Enden. Dass sich so viele vage Querverbindungen herstellen lassen, ist ebenfalls nicht wirklich hilfreich. Dafür ist es eines aber mit Sicherheit: extrem spannend!