Ein Wort, eine Szene, die BBCs Jekyll zusammenfasst?

Mit Doctor Who haben wir in unserem Serienkiller-Special „Doctor Time“ bereits den britischen Liebling unter die Lupe genommen. Jetzt folgt ein wesentlich unbekannterer Doktor, der ebenfalls auf BBC One untergebracht wird. Der Doktor ist außerdem noch Serienkiller. More or less. Weil ihr alle nicht blöd seid und die Überschrift lesen könnt, wisst ihr, dass es um Jekyll geht. Wie in Dr. Jekyll und Mr. Hyde.

Dr. Jackman (James Nesbitt!), wie er im 21. Jahrhundert heißt, weiß gar nicht, wieso er sich regelmäßig in einen gefährlichen Psychopathen mit scheinbar übermenschlichen Kräften verwandelt. Er unterhält sich mit ihm über ein Diktiergerät und eine psychiatrische Krankenschwester, gespielt von Michelle Ryan, die leider eine wenig zu passiv für ihre Bedeutung ist. Das ist zumindest die Ausgangssituation in der ersten von sechs einstündigen Episoden. Die Miniserie ist nämlich – so ist es Eigenart der britischen Serienkunst – von vornherein nur für sechs Episoden konzipiert. Dementsprechend gibt es kein festes Format, das sich bewähren muss, sondern jede Folge kann so weit von der vorherigen entfernt sein, wie man es sich denken kann. Jekyll ist eine jener Miniserien, die sich bequem wie ein sechs Stunden langer Megamovie sehen lässt. Jeder der das durchmarathonisieren will, wird sich aber nicht langweilen. Aber erstmal gibts eine kleine Jekyll-Pause:

Adaptionen sind ein schwieriges Thema, sowohl in der Umsetzung, als auch – let me stop right there: Adaptionen! Denken wir nur an den neuen Hobbitfilm, in dem brünftige Elbenfrauen alles zurücklassen, um auf ihren wahnsinnig emanzipierten Questen pornös Zuschauer anzustöhnen und an fragwürdigen Orten suggestiv rumzuwabern. Nicht, dass es mich nicht anmacht, aber das gehört einfach woanders hin! – Nein, das ist kein Spoiler, Spoiler nehmen Genuss und daran ist einfach nichts zu genießen.
Anyway: Jekyll versucht aber gar nicht so sehr die Stevenson Novelle von 1886 zu adaptieren, als viel mehr sie fortzusetzen – ein einfacher Weg, um einen Stoff zu modernisieren und gleichzeitig frei damit hantieren zu können.
Ähnlich raffiniert ist auch die Inszenierung der Verwandlung. Die Charaktere beschreiben zwar kleine physische Veränderungen, aber der eigentliche Wandel ist in James Nesbits oberaffentittengeiler Schauspielerei zu sehen.

Es wäre wirklich unfair hier aufzuhören und all die anderen zu vergessen. Aber hier ist es einfach so, dass der Protagonist die beste Performance hinlegt. Natürlich ist Gina Bellman in einer tragischen Rolle – Dr. Jackmans Frau – ganz großartig und natürlich ist Michelle Ryan völlig unterfordert in ihrer Rolle, und natürlich gibt es ein erstaunlich großes Ensemble, aber Mr. Nesbit gewinnt gegen alle.

„What ist an ensemble? It’s just „assembly“, spelled like in french.“
– Ein großer Philologe

Einer darf aber nicht vergessen werden: Die Macht hinter diesem Unikat ist das schottische Televison-Mastermind Steven Moffat, der seit 2009 auch bei Doctor Who maßgeblich tätig ist und noch eine andere kleine Serien namens Sherlock geschrieben hat. Er ist einer der Menschen, die das britische Fernsehen überlegen machen. Aber das ist eine andere Geschichte, denn wenig Leuten gebührt mehr Heil.

So say we all