Walter (Jürgen Rißmann), ein glückloser Auftragskiller, soll für den ehemaligen Unterweltboss Berger (Reiner Schöne) einen Job erledigen. Zusammen mit seinem labilen Berufskollegen Micky (Thomas Wodianka) soll Walter in Bergers Abwesenheit auf dessen Villa und seine junge Ehefrau Sibylle (Eva Katrin Hermann) aufpassen. Was zunächst mehr nach bezahltem Urlaub in verschneiter Bergkulisse als nach Arbeit aussieht, wird schlagartig kompliziert, als Sibylle durch ein dummes Missgeschick ums Leben kommt. Um nicht für das plötzliche Ableben der Gattin verantwortlich gemacht zu werden, lassen Walter und Micky die Leiche verschwinden und legen eine falsche Fährte. Doch damit gehen die Probleme erst richtig los…

9 Jahre hat es gedauert, dass Thomasz Thomson wieder einen Film gemacht hat. Sein Debutfilm war der 2001 erschienene Stiller Sturm. Seitdem hat er sich die Brötchen mit Werbespots (hauptsächlich für RTL) verdient. Der Look und Stil des Films ist aber definitiv nicht von dieser Tätigkeit beeinflusst worden und das ist auch gut so.

Der Film wirkt auf der einen Seite durch seichte Steadycam-Kamerabewegungen makellos und sehr ästhetisch, er kommt aber dennoch dreckig daher, was nicht zuletzt an den unglaublich gut gezeichneten Rollen liegt. Vor allem Micky versprüht eine nie da gewesene Originalität eines total zerstörten Gangsters, der ausspricht was er denkt. Alle Charaktere, die allein schon von den Stimmen her wirklich aus der Gangsterszene sein könnten, sind sehr authentisch in Szene gesetzt und bieten Wort für Wort große Unterhaltung. Man taucht ein in eine andere Welt. In die kaputte Welt der Gangsterbosse und Auftragskiller. Hier wird nichts ästhetisiert und von wegen Ehre wie bei Der Pate. Schicker Anzug à la Hitman ist auch nicht. Sie werden so gezeigt, wie sie wahrscheinlich wirklich sind. Menschen, die am Rande der Zivilisation stehen. Halb ausgeschieden von der Gesellschaft werden sie für das Töten der „Kakerlaken“ bezahlt. Walter ist die perfekte Verkörperung eines solchen Killers, den man auf den ersten Blick eher als einen Obdachlosen einstufen würde. Komisch ist, dass er am Ende auch wieder einen Job findet, in dem er Kakerlaken zu töten hat. Walter ist zwar die Person, um die sich alles dreht, aber viel macht er dabei nicht. Wie bei einem Kreisel hat der Mittelpunkt die wenigste Bewegung.

Zwischendurch fragt man sich vielleicht, ob die Geschichte nicht noch interessanter hätte werden können, wenn Sybille, die Femme Fatale, am Leben geblieben wäre und die Story eine andere Richtung genommen hätte. Witzig bleibt der Film aber auch so, dafür sorgen dann schließlich Berger und seine rechte Hand.

Wenn man einen Film mit Gangstern macht, ist klar, dass die Gewalt nicht zu kurz kommt. So auch in Snowman´s Land. Während auf der einen Seite tatsächlich viel Blut fließt und `ne Menge Schläge eingesteckt werden müssen, schafft es Thomasz Thomson aber auch, eben genau mit dieser Gewalt zu spielen und lässt einen zittern, wenn Berger ansetzt, um mit einem elektrischen Küchenmesser Walter den Fuß abzutrennen. Wenn die total verprügelten Killer dann wieder mit den beiden „Bösewichten“ am Tisch sitzen und um Hilfe bitten müssen, weil sie es mit gebrochenen Fingern selbst nicht mehr schaffen sich einen Tee einzuschenken, weiß man nicht, ob man weinen oder lachen soll.

Merkmal des Films ist der Zynismus, wie auch schon bei anderen aktuellen Filmen, beispielsweise Schwerkraft von Maximilian Erlenwein oder der auch beim ‚Zorro Filmverleih‘ erschienene Renn, wenn du kannst von Dietrich Brüggemann (Kritik hier zu lesen: http://medienwissenschaft.uni-bayreuth.de/displus/?p=716). Es scheint sich ein neuer deutscher Film abzuzeichnen, ein neuer deutscher Humor, der fast dokumentarische Bilder und lebensechte Charaktere mit einer Zynik und Ironie auftreten lässt, wie sie noch nicht zu sehen waren.

Das Publikum wird es freuen. Snowman´s Land ist nicht Hollywood und somit gibt es auch einige Stellen, an denen nicht immer etwas Dramatisches passiert, sondern auch mal etwas Ruhe herrscht. Dennoch ist er ein durchgehend sehr unterhaltsamer deutscher Film, der viel Neues zu bieten hat und somit auch Leute ansprechen wird, die sich normaler Weise von deutschen Filmen fernhalten.

Da es noch etwas hin ist, bis der Film am 07.10.2010 startet, kann man sich hier schon mal einen Eindruck holen.

Facts:

  • Titel: Snowman´s Land
  • Produktionsland: Deutschland
  • Produktionsjahr: 2010
  • Länge: 90 min.
  • Verleih: Zorro Filmverleih
  • Regie: Thomasz Thomson
  • Drehbuch: Thomasz Thomson
  • Kamera: Ralf M. Mendle
  • Schnitt: Tomasz Thomson
  • Musik: Luke Lalonde
  • Cast: Reiner Schöne, Jürgen Rißmann, Thomas Wodianka, Walera Kanischtscheff, Eva Katrin Hermann