Mehrmals im Jahr darf das Herz des Gamers aufschlagen. Denn wer ein bisschen Geduld aufbringen kann und sich nicht sofort die neuesten Spiele kauft, auf den wartet einer der großen Sales von Steam. Titel, die vor einem Jahr noch 40 Euro kosteten, lassen sich während der Sales zum halben Preis oder mehr kaufen und die kleineren Spiele manchmal für sogar unter einen Euro.

Als Steam in 2009 seinen ersten großen Sale veranstaltete, war dieser von so großem Erfolg, dass Steam mittlerweile etwa fünf Sales pro Jahr veranstaltet. Zusätzlich gibt es Events wie „Midweek Madness“ oder die „Weekend Sales“, sodass eigentlich immer etwas zu einem herabgesetzten Preis zu kaufen ist.

Dennoch sind der Steam Summer Sale und der Steam Winter Sale die Events, die von den PC-Gamern am meisten antizipiert werden. Passend zu den Weihnachts- und Sommerferien sprechen sie jene Kundschaft an, die in den Ferien die Zeit zum Zocken hat oder sich zu Weihnachten beschenken wollen. Wie sehr die Geldtaschen der Gamer darunter leiden, wird selbstironisch in den vielen Memes kommentiert, die mittlerweile genauso zum Sale gehören, wie die Sonderaktionen selbst.

Eine Win-Win-Situation

Es ist perfekt. Im Steam Sale können die Entwickler ihren Spielen mehr Aufsehen verschaffen und profitieren dazu von erhöhten Kaufzahlen. Das Spiel selbst gewinnt neue Spieler, die sich das Spiel vorher vielleicht nicht leisten konnten und alle sind glücklich. Oder doch nicht?

Das Konsumentenparadies kommt nicht so günstig, wie es zuerst erscheint. Dass die Publisher nicht nur nett zu den Kunden sein wollen, muss man kaum jemanden erzählen. Vielleicht machen die erhöhten Verkaufszahlen die gesenkten Preise wett, doch nichts kommt geschenkt.

Die Publisher verwenden verschiedene Strategien, um ihren Gewinn aus den Sales zu maximieren. In größeren Franchises werden oft die Vorgänger einer Spielreihe zum großen Rabatt angeboten, während der neueste Titel meist nur einen geringen Rabatt bekommt, wenn überhaupt. Die Hoffnung dabei ist, dass die Spieler Lust bekommen, den neuen Titel zu kaufen, nachdem sie die vorherigen Spiele gespielt haben. Eine weitere Strategie ist, vor dem Sale den Preis des Spiels zu erhöhen. Wenn im Sale dann das Spiel vergünstigt wird, so wird dem Spieler vorgegaukelt, dass er einen guten Kauf macht, während der Publisher selbst den Verlust verringern kann, welcher durch den Rabatt entsteht. Zusätzlich erhalten manche Spiele versteckte Kosten, zum Beispiel wenn sie zusammen mit DLCs verkauft werden, die man sich sonst nicht besorgen würde. Bei den fetten Rabatten ist es manchmal einfach, dies zu übersehen und dann übereifrig zuzugreifen. So ein Vorgehen ist in vielen Ländern, wie auch hier in Deutschland, eigentlich illegal, aber trotzdem passiert es auf Steam immer wieder. Steam selbst hat aus diesem Grund in der Vergangenheit auch schon Spiele zurückerstattet, reagiert aber nicht übergreifend auf solche Vorfälle.

In Anbetracht der verlockenden Rabatte von AAA-Spielen, haben kleinere Spiele manchmal keine andere Wahl, als beim Sale mitzuziehen und ihre Spiele zu einem extrem niedrigen Preis anzubieten. Gerade den kleinen Entwicklern kommt die Publicity während der Steam Sales gerade nur recht, die ansonsten während des Sales total vergessen werden würden.

Rabatte als Verkaufskonzept

Die anderen Spielvertreiber sehen dem Erfolg der Steam Sales nicht stillschweigend zu. Seiten wie Origin oder Amazon bieten während der Steam Sales oft selbst ihre Spiele vergünstigt an, um dem Steam-Monopol entgegenzuwirken.

Andere Seiten wie GoG oder der Humble Store hingegen haben die Rabatte zu ihrem Verkaufskonzept gemacht. Sie betonen, dass sie das ganze Jahr über besonders viele Rabatte haben und ihre Spiele besonders günstig verkaufen. Immerhin kann man angesichts des Erfolgs der Steam Sales nicht verneinen, dass die Kunden gerne billig einkaufen.

Ein weiterer Markt, der sich geöffnet hat und dieses Konzept nutzt, ist der sogenannte „zweite“ Markt, auf dem Privatpersonen Produktschlüssel für Spiele verkaufen. Ein E-Bay für Spiele. Im Volksmund nennt man diese Seiten „Key-Reseller“. Die Produktschlüssel haben eine vielfältige und manchmal auch nicht ganz legale Herkunft, weshalb die Key-Reseller dem grauen Markt zugeordnet werden.

Manche der Schlüssel sind so billig, weil sie für Länder vorgesehen waren, die finanziell nicht so stark sind wie Europa oder Nordamerika. Der niedrige Preis sollte ursprünglich den Leuten, die dort Leben, ermöglichen, das Spiel trotzdem zu spielen. Andere Schlüssel wiederum wurden mit gehackten Konten gekauft. Ein größerer Vorfall dieser Art fand im Februar dieses Jahres statt, bei welchem mit gestohlenen Kreditkarten im großen Stil Spiele auf Origin gekauft und dann auf Seiten wie G2A oder Kinguin wieder verkauft wurden.

Sales sind ein weitere beliebte Möglichkeit, Produktschlüssel zu beschaffen. So werden diese während einer Rabattaktion gekauft und zu einem etwas höheren Preis verkauft. Steam selbst gibt die Schlüssel zwar generell nicht an die Nutzer, sondern aktiviert diese, bevor sie weiterverkauft werden. Das gilt jedoch nicht für alle Seiten, die ihre Keys nach dem Kauf offen herausgeben.

Trotz dieser doch etwas zweifelhaften Praktiken erfreuen sich Seiten wie G2A und Kinguin großen Erfolgs und werden oft in der Spieleszene als Sponsoren herangezogen. Während für den Käufer ein Key-Reseller einiges an Kosten spart, bereitet dieses Verkaufskonzept den Publishern einige Probleme. Die Publisher können über die Sales hinaus Einnahmen verlieren, da die Spieler ihre Spiele auf dem zweiten Markt kaufen. Selbst wenn diese originalen Produktschlüssel legitim von den Resellern gekauft wurden, wird Leuten der Rabatt zu einem Zeitpunkt zugänglich, in welchem sie eigentlich den vollen Preis zahlen sollten.

Die Publisher finden sich in einem Dilemma gefangen. Einerseits müssen sie im Rabattkrieg mit anderen Publishern aktuell bleiben, andererseits gehen sie auch ein offenes Risiko ein, sobald sie ein Spiel auf Aktion setzen. Das Internet vergisst nicht. Sobald ihr Spiel reduziert ist, wird es sich auf Reseller-Seiten finden. So kostet Watchdogs auf Steam €29.99, aber kann auf G2A für €1,76 gekauft werden und der Preis wird in nächster Zeit vermutlich nicht steigen.

Um dem entgegenzuwirken müssen die Publisher auf anderen Strategien setzen, um ihre Einnahmen wettzumachen. Mehr DLCs, mehr Micropayments oder Season Passes. Diese sind nicht unbedingt kundenfreundlich. Sicherlich sind diese Maßnahmen nicht alleine auf Key-Reseller und Rabatte zurückzuführen, aber sie tragen dazu bei.

Der billige Mensch

Das größte Problem sind vielleicht wir selbst. Da man darauf zählen kann, dass in den nächsten Monaten mindestens ein Sale auftaucht, ist es viel intelligenter mit einem Kauf zu warten, als sich das Spiel sofort anzuschaffen. Wenn die Spieler das Spiel zum vollen Preis kaufen, so ärgern sie sich, wenn sie im Nachhinein erfahren, dass sie es für billiger haben konnten. Umgekehrt ist die Freude umso größer, wenn man einen besonders guten Rabatt bekommen hat. Der ökonomische Vorteil überwiegt für viele die Freude, das Spiel so früh wie möglich spielen zu können.

Für die Publisher und Spielentwickler besteht allerdings die Gefahr, von den Sales abhängig zu werden. Für viele Spiele ist es normal geworden,  vom Release abgesehen, den größten Teil ihrer Einnahmen während der Sales zu verdienen. In den Zeiten zwischen den Sales verringern sich die Kaufzahlen drastisch. Diese Abhängigkeit von den Sales trifft kleine Spiele besonders heftig, denn Sales werden oft auch als „Last-Minute-Lösung“ verwendet, wenn es der Firma oder der Franchise schlecht geht.

Wenn aber jeder auf einen Rabatt wartet, so spielen weniger Leute das Spiel bei Release. Obwohl bei den Sales die Spielerzahlen zwar ansteigen, so entscheiden die Spielerzahlen am Start gravierend über den Erfolg des Spieles. Je kleiner die Community am Anfang, desto schwerer ist es für sie, weitere Spieler anzuziehen, denn gerade bei einem Multiplayer-Spiel wünschen sich die Spieler eine aktive Community. Während der Sales steigt die Anzahl der Spieler zwar an, aber viele spielen die Spiele nicht tatsächlich, sondern heben sie für später auf. Die Angst davor, nie wieder so einen guten Deal zu bekommen, verlockt viele dazu, Spiele zu kaufen, die sie vielleicht gar nicht brauchen. Meine eigene Bibliothek auf Steam hat einen Wert von etwa €2000, für die ich aber nur etwa €200 Euro ausgegeben habe. Nur etwa 20% der Spiele habe ich bisher tatsächlich gespielt.

Ökonomisch ist es vielleicht ein sinnvolles Verhalten, wenn man in Maßen kauft. Dennoch tun diese günstigen Einkäufe langfristig der Spielindustrie nicht gut. Man unterstützt so die Entwickler nicht wirklich. Wenn man also einen Entwickler besonders mag, sollte man das Spiel zum vollen Preis kaufen. In der Wirklichkeit bleibt aber immer diese nagende Stimme: „Was, wenn ich später das Spiel noch spielen möchte? Ich werde dafür bestimmt noch Zeit finden. Vielleicht ist das der beste Rabatt, den ich finden werde.“