Eigentlich stecken wir sie uns lieber in den Mund und beißen sie kaputt. Doch oft begegnet man Kaugummis auch vollkommen unvermittelt. Man berührt sie sanft, man tritt sie platt, man verschleppt sie brutal, man dringt in sie ein. Meistens ärgert man sich dann. Dabei machen sie uns in manchen dieser Momente auch zu Künstlern. Über die neue Rubrik „Kaugummi“ und den Kurzfilm George Lucas in Love.

All die platt getretenen Kaugummis, die den öffentlichen Raum bevölkern, gestalten unsere Städte, werden Teil der Architektur, die doch eigentlich von den Mächtigen bestimmt wird. Die Massen schwimmen dort hindurch, blind angezogen von Namen und Lichtern. Die Struktur des immer Gleichen gibt vor was wir sehen: alles und nichts. Doch unterhalb des dröhnenden Gleichschritts klebt hartnäckig etwas Individuelles. Die Willkür des Schöpfertums manifestiert sich in verschieden farbenen kleinen Punkten auf dem Grund. Es sind Fragmente, Spuren von Originalität. Unscheinbar, aber unauslöschlich, die Zeiten, die Moden und Meinungen überdauernd, ewig (zumindest bis die Spezialmaschine kommt) festklebend auf den Straßen und Mauern. Deshalb benennt sich diese neue Rubrik nach eben jenen unscheinbaren Phänomenen. Sie soll euch jeden Montag jene Klebmasse präsentieren, die auf den Straßen des WWW hängenbleibt und die mal einfach nur kurioses Ornament, aber ein andermal auch Orientierung sein kann.

Der erste Kaugummi (ich gebe zu, man muss sich dran gewöhnen) ist der Kurzfilm George Lucas in Love aus dem Jahre 1999. Da er dem Regisseur Joe Nussbaum zum Durchbruch in Hollywood verhalf, dürfte er einigen von euch vielleicht nicht unbekannt sein. Aber da Nussbaum’s Karriere wiederum durch eher fragliche Romantikkomödien wie Plötzlich Verliebt, Sydney White oder Disney’s kommenden High School Musical-Sprößling Prom bestimmt ist, kann es auch sein, dass sein Frühwerk bisher nicht auf allzu großes Interesse gestoßen ist.

Wie auch immer, George Lucas in Love spielt an der University of Southern California von 1967 und zeigt seinen Namensgeber in einer schweren Schreibblockade. George verzweifelt an seinem Drehbuch zu einem noch unbetiteltem Weltraummärchen. Ihm fehlen die Ideen. Doch als wäre es Schicksal, bombardiert ihn ausgerechnet das vermeintlich bedeutungslose Alltagsleben mit dringend benötigter Inspiration. Als Star Wars Ächter kann man den Kurzfilm nun als Bestätigung seiner Annahmen lesen, dass George Lucas schon immer nur ein ideenloser Geschäftsmann war, dem lediglich der pure Zufall zum Erfolg verholfen hat. Doch als Fan der Serie bekommt man das wohlige Gefühl, dass Star Wars eben doch auf einzigartige Weise von den mystischen Zusammenhängen des Lebens durchdrungen ist. Abgesehen davon ist George Lucas in Love schlicht ein gut gemachter, witziger und herzerwärmender Kurzfilm, der v.a. für Freunde von intertextuellen Verschlüsselungen (bzw. in diesem Fall eher Offensichtlichkeiten) interessant sein dürfte. Viel Spaß damit und möge die Macht…blabla.

geschrieben von Heiko Meyer und Florian Seufert.